Die holozäne Landschaftsentwicklung in Zentraleuropa ist das Ergebnis komplexer Wirkungsgefüge abiotischer und biotischer Faktoren unter besonderer Wirksamkeit anthropogener Eingriffe. Eigenschaften und Kennzeichen vieler vermeintlich naturnaher Ökosysteme sind die Folgen von indirekten und direkten menschlichen Einwirkungen. Die Analyse (prä-)historischer Landschaften (Paläoökosystemforschung) erfordert daher neben einer tiefgreifenden Kenntnis paläoökosytemarer Zusammenhänge den Einsatz verschiedenster Methoden der Bio-, Geo- und Geschichtswissenschaften. Insbesondere die über die Deskription hinausgehende quantitative Erfassung der Geoökofaktoren Relief, Boden, Klima, Wasser, Flora und Fauna sowie Mensch ist auf feld- und laboranalytische Verfahren angewiesen.
Neben den in Zentraleuropa vor 7500 Jahren einsetzenden sozioökonomischen Umbrüchen der Neolithisierung ist das später folgende Auftreten der Metallverarbeitung die entscheidendste Kulturveränderung der Frühgeschichte. Nicht zuletzt sind Metalle (Kupfer, Eisen) oder Legierungen (Bronze) namengebend für die postneolithischen Kulturen bis zur Römischen Kaiserzeit. Grundlage aller metallführenden, bis hin zu den modernen Kulturen, war bzw. ist ein Montanwesen, welches die Prospektion, Abbau, Aufbereitung, Verarbeitung und Handel erzhaltiger Rohstoffe gewährleistet. Infolge der Persistenz montanwirtschaftlich geprägter Kulturen über die Jahrtausende muß das Montanwesen nach Rodung und Ackerbau als wesentlicher landschaftsverändernder Faktor des Jungholozäns betrachtet werden. Vor diesem Hintergrund erscheint es zwingend, daß eine Analyse des Landschaftswandels mit einer Kennzeichnung der montanhistorischen Eingriffe einher gehen muß und daß ein entsprechend verknüpfender Ansatz ein spezifisches Methodeninstrumentarium erfordert.
Die vorliegende Arbeit charakterisiert und bewertet nachhaltige Auswirkungen ehemaligen Bergbaus auf die Landschaft an Fallbeispielen aus Ostbayern. Interdisziplinäre Methoden und Techniken werden angewendet, um den bergbaubedingten oder -induzierten Landschaftswandel zu erfassen. Zentraler Bestandteil der Studie ist die gelände- und laboranalytische Kennzeichnung des Reliefs, des Bodens und der Sedimente in ausgewählten Untersuchungsgebieten, die in unterschiedlichen (prä-)historischen Kulturepochen intensiv montanwirtschaftlich genutzt wurden. Ziel ist es, anthropogene und geogene Umweltveränderungen zu differenzieren und soweit möglich zeitlich einzuordnen. Von besonderer Bedeutung ist die Frage, ob und in welchem Ausmaß anthropogene Veränderungen bis heute von landschaftsökologischer Bedeutung sind.
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