T-Zell-Rezeptoren (TCRs) sind hochdiverse, heterodimere, membranverankerte Oberflächenmoleküle. Sie erlauben dem Immunsystem der Vertebraten, zwischen Selbst- und Nicht-Selbst-Peptiden zu unterscheiden, die auf der Oberfläche verschiedener Zellen durch Moleküle des Haupthistokompatibilitätskomplexes (MHC) präsentiert werden. Die Kenntnis der 3D-Struktur von TCR:Antigen-Komplexen erlaubt die theoretische Untersuchung der T-Zell-Signaltransduktion, die Impfstoffentwicklung, und die gezielte Optimierung des Rezeptors für die T-Zell-Therapie. Da aber aufgrund der hohen Variabilität der TCRs nur für einen geringen Teil dieser Komplexe experimentell aufgeklärte Strukturen existieren, ist die Anwendung von Homologiemodellierung zur Erzeugung theoretischer 3D-Modelle unabdingbar. Zwei TCR-spezifische Aspekte werden in allgemeinen Homologiemodellierungsverfahren nicht berücksichtigt, nämlich die Rotation der variablen TCR-Domänen und die verschiedenen Ausrichtungen, mit denen ein TCR einen MHC:Peptid-Komplex (pMHC) bindet.
Im ersten Teil dieser Dissertation wird eine Analysemethode zur effizienten Untersuchung der TCR-Interdomänenwinkel präsentiert. Die simplifizierte Repräsentation der einzelnen TCR-Domänen durch Kuboide erlaubt eine genaue Eulerwinkelmessung der variablen, antigenerkennenden TCR-Domänen (Vα und Vβ), trotz deren hoher struktureller und sequentieller Diversität. Innerhalb einer Menge verschiedener experimenteller TCR:Peptid:MHC-Strukturen (TCRpMHC-), die sich in den darin enthaltenen TCR- Klonotypen und den pMHC-Liganden unterscheiden, wurden die Domänenausrichtungen durch ein Clusteranalyseverfahren anhand der Eulerwinkeldistanzmetrik verglichen. Die Analyse zeigt, dass unterschiedliche Interdomänenwinkel spezifisch für verschiedene TCR-Klonotypen sind. Mit Hilfe einer Gitteranalyse aller Strukturen wurde ein gemeinsamer Drehpunkt (CoR) der variablen Domänen lokalisiert, der durch Wechselwirkungen aus beiden Ketten stammender, konservierter Glutaminresiduen stabilisiert wird.
Um das notwendige Hintergrundwissen für die Entwicklung einer kraftfeldbasierten Vorhersagemethode für TCR-Interdomänenwinkel auf Grundlage der obigen Analyse zu sammeln, wurde für den zweiten Teil der Dissertation ein Anwendungsprojekt aus dem Bereich der Moleküldynamik durchgeführt. Dieses Projekt bestand aus mehreren Moleküldynamiksimulationen der DNS-bindenden Proteindomäne Uhrf1:SRA im Komplex mit verschiedenen DNS-Substraten. Diese Substrate enthielten entweder methyliertes oder hydroxymethyliertes Cytosin (5mC oder 5hmC). Die Simulationen erlaubten, die experimentell beobachteten Unterschiede der Bindeaffinitäten von 5mC und 5hmC in molekularer Hinsicht zu erklären. Hierfür wurden verschiedene Analysen mit den aus den Moleküldynamiksimulationen gewonnen Trajektorien durchgeführt, wie etwa die Berechnung von Bindeenergien, die Bestimmung konservierter Wasserstoffbrückennetzwerke und die Identifikation von konservierten Wassermolekülen.
Im dritten Teil dieser Dissertation wurde eine kraftfeldbasierte Methode zur Vorhersage der Orientierung von TCR Vα/Vβ-Domänen entwickelt. Das Verfahren wurde dann für eine beliebige Anzahl von Domänen erweitert, um gleichzeitig die Stellung der beiden variablen TCR Domänen bezüglich zum pMHC-Liganden im gesamten TCRpMHC-Komplex vorherzusagen. Kern der Implementierung ist ein modularer Energieminimierer, der eine Festkörperoptimierung der Domänen durchführt. Aufgrund seiner Modularität kann das Optimierungsverfahren leicht um zusätzliche Eigenschaften des Komplexes erweitert werden, wie etwa Seitenkettenflexibilität. Letzteres wird anhand der Hinzunahme lokaler Seitenkettenflexibilität der am Drehpunkt lokalisierten Glutaminresiduen zur Optimierung demonstriert.
Die Leistungsfähigkeit der Methode wurde zum einen für einen Testdatensatz von 75 TCR-Komplexen und zum anderen für 53 TCRpMHC-Komplexe ermittelt, wobei 89% der TCR- und 72% der TCRpMHC-Orientierungen korrekt vorhergesagt wurden. Eine Analyse einzelner Teile der Methode zeigte auf, dass erstens die Korrektur der Glutaminausrichtungen am Drehpunkt die Vorhersageergebnisse verbessert und unterstreicht damit auch die Wichtigkeit dieser in der Analyse aufgedeckten Eigenschaft der TCRs. Zweitens lässt sich die etwas geringere Leistung der Methode bei der Anwendung auf die TCRpMHC-Komplexe gegenüber den ungebundenen TCRs mit der Vorplatzierung des pMHCs erklären, bei der noch Verbesserungsmöglichkeiten bestehen. Die bemerkenswert hohen, mit der Methode erzielten Vorhersageraten zeigen die Eignung und auch die Bedeutung des hier vorgeschlagenen neuen Verfahrens für die Vorhersage von TCRpMHC-Strukturen. Daher werden zukünftige Modellierungsansätze, um akkuratere theoretische Modelle zu erhalten, wahrscheinlich die Assoziationseigenschaften der TCR-Domänen sowie den Bindewinkel des pMHC-Liganden berücksichtigen müssen. Die für diese Arbeit implementierte kuboidbasierte und modulare Vorhersagemethode kann mit vorhandnen Homologiemodellierungsverfahren kombiniert werden, um damit derartige theoretische Modelle zu erzeugen. Außerdem kann die Methode leicht derart erweitert werden, dass eine Optimierung von Domänenorientierungen gleichzeitig mit der Optimierung von Seitenketten- oder Rückgratkonformationen für beliebige Proteine erfolgt.
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T-Zell-Rezeptoren (TCRs) sind hochdiverse, heterodimere, membranverankerte Oberflächenmoleküle. Sie erlauben dem Immunsystem der Vertebraten, zwischen Selbst- und Nicht-Selbst-Peptiden zu unterscheiden, die auf der Oberfläche verschiedener Zellen durch Moleküle des Haupthistokompatibilitätskomplexes (MHC) präsentiert werden. Die Kenntnis der 3D-Struktur von TCR:Antigen-Komplexen erlaubt die theoretische Untersuchung der T-Zell-Signaltransduktion, die Impfstoffentwicklung, und die gezielte Optimi...
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