In diversen Anwendungsgebieten der Natur- und Ingenieurwissenschaften werden mathematische Modelle zur Analyse, Auslegung, Optimierung und Regelung von komplexen dynamischen Systemen benötigt. Aufgrund der häufig geforderten hohen Genauigkeit solcher Mo\-de\-lle, können z.B. bei der örtlichen Diskretisierung partieller Differentialgleichungen mittels der Finite-Elemente-Methode (FEM) Modelle aus Tausenden oder Millionen gewöhnlicher Differentialgleichungen entstehen. Die große Zustandsdimension ($n \approx 10^3 \ldots 10^6$) und der damit verbundene enorme Speicher- und Rechenaufwand erschwert die numerische Simulation sowie den Einsatz der Modelle zur Parameterschätzung und Regelungszwecke. Um den Rechenaufwand zu verringern und die numerische Analyse effizienter zu machen, können Verfahren der Modellordnungsreduktion (MOR) eingesetzt werden. Hierbei versucht man ein reduziertes Modell geringerer Ordnung ($r \ll n$) zu bekommen, welches die dominierende Dynamik erfasst und das Übertragungsverhalten des Originalmodells möglichst gut approximiert.
Für die Reduktion linearer zeitinvarianter (LZI) Systeme existieren mehrere etablierte Methoden, die je nach Anwendung oder Eigenschaften des zugrundeliegenden Originalmodells ausgewählt werden können. Die prominentesten linearen MOR-Verfahren sind u.a. die \emph{modale Reduktion} zur Erhaltung dominierender Eigenmoden, das \emph{balancierte Abschneiden} zur Beibehaltung von Zustandsrichtungen mit einem hohen Energiegehalt in Form von Steuer- und Beo\-bachtbarkeit, die \emph{Krylow-Unterraum-Methoden} zur Erzielung von ``Moment Matching'', d.h. zur Angleichung einiger Taylor-Koeffizienten der Übertragungsfunktion, sowie der iterative Krylow-Algorithmus \emph{IRKA} zur $\mathcal{H}_2$-optimalen Modellreduktion.
Auch wenn es inzwischen mehrere Ansätze zur nichtlinearen Modellreduktion gibt, ist dieses Arbeitsgebiet dennoch weniger erforscht. Für die Reduktion polynomial-nichtlinearer Systeme (u.a. bilinear und quadratisch-bilinear) können --- unter Verwendung der sog. \emph{Volterra-Theorie} --- viele systemtheoretische Konzepte (z.B. Übertragungsfunktion, Gramsche, $\mathcal{H}_2$-Norm) sowie bekannte lineare MOR-Verfahren (z.B. balanciertes Abschneiden, Krylow-Unter\-raum-Methoden, $\mathcal{H}_2$-optimale Reduktion) auf diese speziellen Systemklassen übertragen werden. Für die Reduktion allgemein-nichtlinearer Systeme stellt der simulationsbasierte bzw. datengetriebene Ansatz \emph{Proper Orthogonal Decomposition (POD)} nach wie vor die meist eingesetzte Methode dar. Wünschenswert wären hier jedoch auch \emph{simulationsfreien bzw. systemtheoretischen} nichtlinearen MOR-Verfahren, bei denen die dominanten Richtungen im Zustandsraum eher anhand des zugrundeliegenden Modells anstatt durch Durchführung von Simulationen ermittelt werden können.
In diesem Vortrag wird eine Einführung in das spannende Gebiet der Modellordnungsreduktion gegeben. Nach der Präsentation einiger Anwendungsbeispiele und der Darstellung von bekannten linearen MOR-Methoden, wird der Fokus des Vortrags auf der Reduktion polynomial-nichtlinearer sowie allgemein-nichtlinearer Systeme liegen.
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In diversen Anwendungsgebieten der Natur- und Ingenieurwissenschaften werden mathematische Modelle zur Analyse, Auslegung, Optimierung und Regelung von komplexen dynamischen Systemen benötigt. Aufgrund der häufig geforderten hohen Genauigkeit solcher Mo\-de\-lle, können z.B. bei der örtlichen Diskretisierung partieller Differentialgleichungen mittels der Finite-Elemente-Methode (FEM) Modelle aus Tausenden oder Millionen gewöhnlicher Differentialgleichungen entstehen. Die große Zustandsdimension...
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