Bei einem Bauteil, welches durch einen Tiefziehprozess hergestellt wurde, tritt während der Entnahme aus dem Werkzeug eine Rückfederung auf. Diese entsteht aufgrund des dabei freigesetzten elastischen Anteils des Bauteilwerkstoffs. Die Rückfederung ist ein wichtiger Faktor, der die Qualität der umgeformten Bauteile entscheidend mitbeeinflusst.
Beim Einsatz von hoch- und höchstfesten Stählen ist das prozesssichere Beherrschen der Rückfederung eine besondere Herausforderung, da diese Werkstoffe aufgrund ihrer hohen Dehngrenze zu einer ausgeprägten Rückfederung führen. Hoch- und höchstfeste Werkstoffe werden mit der zunehmenden Bedeutung des Leichtbaus vermehrt eingesetzt. Heutzutage erfolgt die Reduzierung ihrer Rückfederung zur Einhaltung von Form- und Maßgenauigkeiten größtenteils durch Kompensationsstrategien.
Dabei stellt die Blechchargenabhängigkeit der Rückfederung ein noch nicht gelöstes Problem dar. So führen Bauteile aus dem gleichen Werkstoff bei einer Chargenschwankung zu einem anderen Rückfederungsverhalten. Diese Schwankung wird bei den konventionellen Kompensationsstrategien nicht berücksichtigt. Dies resultiert in der Notwendigkeit von iterativen Prozess- und Werkzeugänderungen während des Serienbetriebs, welche mit einem hohen zeitlichen und finanziellen Aufwand verbunden sind.
Ein weiterer Nachteil der Kompensationsstrategien besteht darin, dass die Rückfederung eines geraden U-Profils nicht durch einen einstufigen Tiefziehschritt kompensiert werden kann, da keine Hinterschneidungen erzeugt werden können.
Im Forschungsprojekt „Aufsprungprävention bei Strukturbauteilen“ wurde eine Methodik entwickelt, welche eine Berücksichtigung der Rückfederung bereits in einer frühen Entwicklungsphase erlaubt. Durch geometrische Modifikationen am Bauteil wird dessen Spannungszustand so verändert, dass sich gegenüber der Original-Geometrie eine reduzierte Rückfederung einstellt.
Der Einfluss der Blechchargenschwankungen auf die Rückfederung ist nun verringert, da bereits der Absolutbetrag der Rückfederung kleiner ist. Zur geometrischen Modifikation wird der konvexe Stempelradius durch drei tangential ineinander übergehende Bögen ersetzt, von welchen die beiden äußeren konvex sind und der innere Bogen konkav ist. Während die konvexen Bögen das herkömmliche Aufspringen des Bauteils initiieren, ist der konkave Bogen für einen Aufsprung in die entgegengesetzte Richtung verantwortlich. Durch eine geeignete Wahl der Werte für die Radien und Winkel der Bögen ist es möglich, die Rückfederung eines modifizierten Profils gegenüber einem herkömmlichen Profil zu reduzieren. Zur Bestimmung geeigneter Werte wurde eine Methodik entwickelt. Diese besteht aus der Erstellung eines Versuchsplans, der Automatisierung der Simulationsdurchführung und -auswertung sowie der Erstellung eines Metamodells und der Durchführung einer Optimierung.
Der Einsatz kann bereits in einer frühen Entwicklungsphase erfolgen. Somit ist es möglich, bereits zu Beginn die Rückfederung zu berücksichtigen und diese präventiv zu verringern. Dadurch entfallen im späteren Verlauf aufwendige iterative Maßnahmen.
Diese Methodik wird beispielhaft auf ein gerades U-Profil, ein gekrümmtes U-Profil und ein S-Rail angewendet. Dabei wird gezeigt, dass die Rückfederung der Profile durch den Einsatz der modifizierten Schultergeometrie deutlich reduziert werden kann. Ebenso wird der Einfluss der Chargenschwankungen auf die Rückfederung reduziert.
Das Forschungsziel wurde erreicht.
Das IGF-Vorhaben „Aufsprungprävention bei Strukturbauteilen“ wurde unter der Fördernummer AiF 16512N von der Forschungsvereinigung EFB e.V. finanziert und betreut und über die Arbeitsgemeinschaft industrieller Forschungsvereinigungen (AiF) im Rahmen des Programms zur Förderung der industriellen Gemeinschaftsforschung und -entwicklung (IGF) vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages gefördert. Der Abschlussbericht ist als EFB-Forschungsbericht Nr. 402 erschienen und bei der EFB-Geschäftsstelle und im Buchhandel erhältlich.
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Bei einem Bauteil, welches durch einen Tiefziehprozess hergestellt wurde, tritt während der Entnahme aus dem Werkzeug eine Rückfederung auf. Diese entsteht aufgrund des dabei freigesetzten elastischen Anteils des Bauteilwerkstoffs. Die Rückfederung ist ein wichtiger Faktor, der die Qualität der umgeformten Bauteile entscheidend mitbeeinflusst.
Beim Einsatz von hoch- und höchstfesten Stählen ist das prozesssichere Beherrschen der Rückfederung eine besondere Herausforderung, da diese Werkstoffe a...
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