Gustav Gsaenger (1900-1987) wurde in München geboren und besuchte das humanistische Maximiliansgymnasium. Nach dem Abitur studierte er von 1920 bis 1924 an der damaligen Technischen Hochschule München Architektur bei German Bestelmeyer (1874-1942). Anschließend arbeitete er als Assistent und engster Mitarbeiter an dessen Lehrstuhl. Von Bestelmeyer erlernte Gsaenger auch die Technik der Kohlezeichnung, die er bald meisterhaft beherrschte und deren expressive Wirkung er für die Betonung baulicher Strukturen einsetzte wie bei den Wettbewerbszeichnungen für ein „Theater für 4000 Personen“ in Charkow (1930).
1925 gründete Gsaenger sein eigenes Büro und begann 1926/27 parallel dazu ein Referendariat bei der Oberpostdirektion München. 1927 absolvierte er die Staatsprüfung zum Regierungsbaumeister für den höheren Baudienst. Im Alter von nur 25 Jahren erhielt er den Auftrag zum Bau der Amberger Dreifaltigkeitskirche und avancierte bald zu einem namhaften Architekten in München. Während der NS-Zeit erhielt Gsaenger auf Vermittlung von Berufskollegen, darunter Hans Högg (1901-1974), Aufträge für Planungen in Stettin und im annektierten Österreich. Seine Kontakte zur Obersten Baubehörde verhalfen ihm zu einigen „kriegswichtigen“ Planungen und bewahrten ihn vor einem Kriegseinsatz. Gsaenger war kein Parteimitglied und konnte nach dem Zweiten Weltkrieg seine Karriere fortsetzen. Als Referent des Landessiedlungsamtes in Oberbayern setzte er sich für Wohnraumbeschaffung und Wiederbesiedlung ein und trug mit Gutachten und Studien zur Diskussion um den Wiederaufbau Münchens bei.
Bekannt wurde Gsaenger vor allem als Architekt einer Reihe protestantischer Kirchen. Über Bayern hinaus realisierte er über 40 Sakralbauten, darunter Kirchen in Kassel, Wolfsburg und in Hirschegg im Kleinwalsertal. In München schuf er 1955 mit der St. Matthäuskirche am Sendlinger-Tor-Platz einen der ersten modernen Sakralbauten der Stadt. Das asymmetrische Gebäude mit einem geschwungenen Dach gehört zu den architektonisch markantesten Arbeiten Gsaengers. Auch die Neugestaltung der im Krieg stark zerstörten Markuskirche in der Münchner Maxvorstadt ist hier zu nennen. Auch die Erweiterung des Münchner Stadtmuseums mit einem über vier Geschosse reichenden großen Mosaik seiner Tochter Angela Gsaenger (1929-2011) sowie der Wiederaufbau des Theatinerstocks für das Ministerium für Unterricht und Kultus erfolgten nach seiner Planung. Ein weiteres wichtiges Betätigungsfeld waren Eigenheime und Wohnbauten, mit denen sich Gsaenger seit Mitte der 1920er Jahre kontinuierlich beschäftigte.
Gsaenger war von 1950 bis 1977 Mitglied im städtischen Baukunstausschuss und im Bayerischen Landesbaukunstausschuss. Für seine Verdienste wurde er 1972 mit dem Bayerischen Verdienstorden ausgezeichnet. Noch zu Lebzeiten übergab Gsaenger 1985 sein gesamtes Archiv dem Architekturmuseum der TUM. Der Bestand umfasst 8.011 Blatt, 2.173 Fotografien, 16 Modelle sowie zahlreiche Archivalien