Unter geeigneten Bedingungen polymerisiert das Zytoskelettprotein Aktin zu Filamenten. Aufgrund der außerordentlichen Konturlängen dieser Polymere (bis in den 100 µm Bereich) sind Lösungen dieser Polymere äußerst fruchtbare Modellsysteme für die Polymerphysik. Insbesondere die Effekte einer endlichen Kettensteifheit können an diesen Lösungen studiert werden, da Aktinfilamente eine Persistenzlänge von ca. 20 µm aufweisen. In dieser Arbeit wurden Aktinlösungen mit Hilfe der Lichtstreuung untersucht. Diese Technik erlaubt eine störungsfreie Messung an homogenen, isotropen Aktinnetzwerken. Aktinkonzentrationen variierten von 7 bis 24 µM, was mittleren Abständen zwischen den Filamenten von 0,27 µm bis 0,50 µm entspricht. Es wurden Streuvektoren im Bereich von 12 µm-1 bis 30 µm-1 verwendet, d.h. die Polymerlösung wurde auf der Längenskala der Abstände zwischen benachbarten Filamenten untersucht. Auf dieser Längenskala findet der bisher unverstandene und für die theoretische Beschreibung des Systems fundamental wichtige Übergang vom Einzelfilamentverhalten zum Kontinuumsverhalten statt. Die Struktur der Lösungen wurde mittels statischer Streuung erforscht. Es wurde hier erstmals eine Positionskorrelation zwischen nächsten Nachbarn gefunden, analog zur Dichtekorrelationsfunktion in einer Flüssigkeit. Diese Korrelation wird ausgeprägter mit steigender Dichte des Netzwerks. Dynamische Lichtstreuung erlaubte die Messung der Dichtefluktuationen des Netzwerks auf einer Zeitskala von 100 nsec bis zu einer halben Stunde. In diesen Experimenten wurde ein zweistufiger Zerfall der Autokorrelationsfunktionen der Streulichtinensität gefunden. Auf kurzen Zeiten (bis zu ca 0.1 sec) liegt ein gestreckt exponentieller Zerfall der Autokorrelationsfunktion vor, bei längeren Zeiten wurde ein wesentlich langsamerer Prozess gefunden, der durch einen näherungsweisen logarithmischen Zerfall der Autokorrelationsfunktionen gekennzeichnet ist. Der relative Anteil des gestreckt exponentiellen Zerfalls nimmt mit sinkender Dichte und wachsenden Streuvektoren zu. Der gestreckt exponentielle Zerfall konnte erfolgreich mit einer Theorie für die Dynamik isolierter, semiflexibler Polymere beschrieben werden. Der im Experiment gefundene Exponent von 0,72±0,02 stimmt hervorragend mit dem Theoriewert von 3/4 überein. Eine Auswertung der charakteristischen Zeiten lieferte Werte für die Persistenzlänge, die im Rahmen der mit alternativen Techniken bestimmten Ergebnisse liegen. Der äußerst langsame, logarithmische Zerfallsprozess wurde in dieser Arbeit erstmals beschrieben. Er konnte kollektiven Netzwerkmoden auf der Längenskala der Abstände zwischen benachbarten Polymeren zugeordnet werden. Aus den Amplituden dieser kollektiven Moden konnten die dynamischen Lokalisierungslängen des Netzwerks berechnet werden. Diese sind überraschenderweise wesentlich kleiner als die mittleren Abstände zwischen den Filamenten. Die hier gefundenen kollektiven Moden können nur im Rahmen einer Theorie beschrieben werden, die den Übergang von Einzelfilamenteigenschaften zu kollektiven Netzwerkeigenschaften korrekt beschreibt. Da genau dieser Übergang ein zentrales Problem der Polymerphysik ist, wird intensiv an solchen Theorien geforscht. Die in dieser Arbeit vorgestellten Messdaten erlauben es diese Theorien kritisch zu überprüfen und sind daher eine wichtige Leitschnur für die weitere Entwicklung.
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Unter geeigneten Bedingungen polymerisiert das Zytoskelettprotein Aktin zu Filamenten. Aufgrund der außerordentlichen Konturlängen dieser Polymere (bis in den 100 µm Bereich) sind Lösungen dieser Polymere äußerst fruchtbare Modellsysteme für die Polymerphysik. Insbesondere die Effekte einer endlichen Kettensteifheit können an diesen Lösungen studiert werden, da Aktinfilamente eine Persistenzlänge von ca. 20 µm aufweisen. In dieser Arbeit wurden Aktinlösungen mit Hilfe der Lichtstreuung untersuch...
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