Der mikrovaskuläre Gewebetransfer stellt heutzutage eine wichtige Rekonstruktionsform in der Mund-Kiefer-Gesichtschirurgie dar.
Da die Praxis zeigt, dass der therapeutische Korridor zwischen zu starker und zu geringer postoperativer Antikoagulation eng ist, beschäftigt sich die Dissertation mit der Fragestellung, ob es in der Literatur eine klare evidenzbasierte Handlungsempfehlung hinsichtlich der postoperativen Gabe blutverdünnender Medikamente gibt. Anhand einer systematischen Übersichtsanalyse wurde die Literatur gescreent, um zu überprüfen, ob renommierte Autoren einen gängigen Standard nennen und mit Hilfe der Erfolgs- und Komplikationsraten wurde analysiert, ob eine derartige Empfehlung ausgesprochen werden kann. Abschließend wurden diese Raten mit denen eines Patientenkollektives der MKG des Klinikums Rechts der Isar der Technischen Universität München verglichen.
Über die Internetdatenbank Pubmed und anhand von festgelegten Key Words wurde die Literatur durchsucht und aus den relevanten Artikeln die benötigten Daten in einer Exceltabelle zusammengetragen. Ebenso wurden die untersuchten Parameter und Informationen für die Patientenkohorte des Klinikums Rechts der Isar erhoben. Die statistische Auswertung erfolgte mit der Statistiksoftware R und Mikrosoft Excel.
Der Lappenerfolg der 22 eingeschlossenen Studien war mit einer durchschnittlichen Überlebensrate von 95,93% gekennzeichnet. Unter den blutgerinnungshemmenden Medikamenten waren Aspirin, Heparin, Dextran und Prostaglandin vertreten oder es erfolgte die Kombination zweier Medikamente oder keine postoperative Antikoagulation. Dabei betrugen die Verlustraten 1,4%; 4,7%; 4,9%; 4,1%; 3,7% und 5%. Hinsichtlich des Lappenverlustes zeigte sich Aspirin als ein signifikant positiver Einflussfaktor, wohingegen der Verzicht einer Antikoagulation den Lappenerfolg signifikant negativ beeinflusste. Alle anderen Pharmaka beeinflussten den Lappenverlust nicht signifikant.
Zu den häufigsten Komplikationen zählten Thrombosen, Hämatome, Infektionen, Nekrosen und Teilnekrosen. Erfolgte keine Antikoagulation zeigte sich dies als ein signifikant positiver Einfluss auf die Hämatomrate und negativ auf die Infektionsrate. In 9 Studien erfolgte die Kombination zweier blutgerinnungshemmender Medikamente. Dies war signifikant negativ mit den Parametern Hämatom und Blutung assoziiert. Aspirin wurde in 6 Studien als Monotherapie verabreicht und stellte sich als signifikant positiv für die Parameter Blutung und Infektion heraus, wobei die Daten nur aus kleinen Patientenkohorten stammten. Heparin war in 9 Studien die postoperative Antikoagulationsform und wurde entweder in unfraktionierter oder niedermolekularer Form verabreicht. Bezogen auf die Hämatomrate kristallisierte sich Heparin als signifikant negativer Einflussfaktor heraus, wobei der Unterschied zwischen UF und NMH nicht signifikant war. Die Gabe von Dextran erfolgte in 3 der eingeschlossenen Studien, jedoch rieten die Autoren von diesem Pharmakon aufgrund systemischer Nebenwirkungen ab. Ein signifikanter Zusammenhang bestand zwischen der Gabe von Prostaglandin und dem Parameter Thrombose.
Mit 9,3% war die Verlustrate des Patientenkollektivs der MKG des Klinikums Rechts der Isar, das postoperativ ein niedermolekulares Heparin bekam, deutlich höher als für die Heparingruppe der Studien. Hinsichtlich der Komplikationen waren ebenfalls abweichende Raten zu finden, jedoch musste hierbei die starke Diskrepanz zwischen den Patientenkohorten berücksichtigt werden, was den direkten Vergleich zu den Studien erschwerte.
Insgesamt war für Aspirin die Tendenz eines positiven Effekts auf den Lappenverlust zu erkennen, während diese für den Verzicht einer Antikoagulation, für die Kombinationstherapie und für Dextran aus unterschiedlichen Gründen eher negativ behaftet war. Der routinemäßige Einsatz von Heparin zur Prophylaxe tiefer Beinvenenthrombosen und der positive Effekt Prostaglandins auf die Thromboserate sprachen zwar für deren postoperative Verwendung, jedoch konnte dieser Effekt auf den Erfolg mikrovaskulärer Transplantate nicht ausreichend belegt werden.
Eine Metaanalyse nach Cochrane Kriterien war jedoch nicht durchführbar, da unter den Studien eine Heterogenität bezüglich der Studiendesigns, der Patientenkollektive, der Operationstechniken und des Antikoagulationsregimes gegeben war.
Um eine klare evidenzbasierte Handlungsempfehlung formulieren zu können, müsste eine prospektive Fall-Kontrollstudie mit einer hohen Fallzahl durchgeführt werden.
«
Der mikrovaskuläre Gewebetransfer stellt heutzutage eine wichtige Rekonstruktionsform in der Mund-Kiefer-Gesichtschirurgie dar.
Da die Praxis zeigt, dass der therapeutische Korridor zwischen zu starker und zu geringer postoperativer Antikoagulation eng ist, beschäftigt sich die Dissertation mit der Fragestellung, ob es in der Literatur eine klare evidenzbasierte Handlungsempfehlung hinsichtlich der postoperativen Gabe blutverdünnender Medikamente gibt. Anhand einer systematischen Übersichtsan...
»