Der Hintergrund vorliegender Forschungsarbeit über den Kleinprivatwald leitet sich aus der forstpolitischen Fragestellung ab, zu untersuchen, wie sich veränderte Rahmenbedingungen (Agrarstrukturwandel, Strukturwandel in der Holzbe- und verarbeitung) auf die Einstellungen, Interessen und Verhaltensweisen der Kleinprivatwaldbesitzer auswirken.
Holzbe- und verarbeitung als Marktpartner des Kleinprivatwaldes
Der Wandel in der Holzbe- und verarbeitung beeinträchtigt/gefährdet zunehmend die wirt-schaftliche Inwertsetzung (Vermarktung von Holz aus dem Kleinprivatwald), da die strukturellen Nachteile der Forstbetriebe im Kleinprivatwald (Kleinflächigkeit, aussetzende Bewirtschaftungsweise, ...) eine nachfragegerechte Orientierung am Markt nicht zulassen. Aufgrund seines Flächenumfanges (Kleinprivatwald (<200 ha): ca. 47% der Waldfläche in Bayern) besteht aber die forst- und holzmarktpolitische Notwendigkeit, das Nutzungspotential (des nachwachsenden, klima-neutralen Rohstoffes Holz) im Kleinprivatwald auch wirtschaftlich in Wert zu setzen und die Bewirtschaftung von Wald als Quelle von Wertschöpfung und Einkommen in den ländlichen Räumen zu stützen.
Aus Wettbewerbsgründen sind rundholzverarbeitende Betriebe zunehmend auf weiterverar-beitungsgerechte Holzlose angewiesen, die ein einzelner Forstbetrieb im Kleinprivatwald nicht mehr gewährleisten kann.
Auswirkungen des Agrarstrukturwandels aus Sicht der Revierleiter und Zusammen-schlüsse
Der Wandel in den Agrarstrukturen (v.a. Betriebsaufgaben landwirtschaftlicher Voll- und Nebenerwerbs-betriebe) führt dazu, dass sich die ehemals überwiegend bäuerlich geprägte Kleinprivatwald-struktur (Land- und fortwirtschaftliche Mischbetriebe) zunehmend in eine Struktur aus nicht-bäuerlichen Forstbetrieben umändert.
Die Änderungen, die Privatwaldberater und Verantwortliche der Zusammenschlüsse im Zuge des Agrarwandels feststellen, formulieren sich wie folgt:
Bäuerliche Waldbesitzer: Der Druck, die Betriebsabläufe im bäuerlichen Betrieb zu rationalisieren, führt zu drei wesentlichen Veränderungen:
Ehemals bäuerliche Waldbesitzer: Zeitmangel, eine sinkende materielle Bedeutung des Waldes und eine sinkende Ausstattung mit forsttauglichen Geräten haben zwei ein-schneidende Veränderungen zur Folge:
Nichtbäuerlicher Waldbesitzer: Die Sichtweisen, wie Waldeigentum wahrgenommen wird, individualisieren sich und werden stark inhomogen. Damit verlieren Teile der Waldbesitzer die Bindung an alte tradierte Normen in der Waldbewirtschaftung:
Die Tendenz, dass sich bestehende Wertvorstellungen und Bewirtschaftungsvorstellungen ändern, kann zu folgenden Ausrichtungen bei Waldbesitzern führen:
Einzelne Aspekte von Waldeigentum und Forstwirtschaft werden also überhöht und als isolierte Ziele verfolgt.
Durch die erhöhte Mobilität in der Gesellschaft nimmt auch der Anteil an ausmärkischen Waldbesitzern zu. Dies stellt vor allem die forstfachlichen Institutionen vor neue Heraus-forderungen:
Die Unterschiede zwischen In- und Ausmärkern lassen sich in Kontaktformen, Beratungs-anlässe, -inhalte und -intensitäten, in Unterschieden in den Wertvorstellungen/Wissen und im Verhalten gliedern.
Für die staatlichen Berater gestaltet sich die Erreichbarkeit oft umständlich und zeitaufwendig (so z.B. oft nur an Nichtwerktagen). In der Regel sind nur Einzelberatungen möglich bzw. ein Kontakt beschränkt sich auf schriftliche Formen. Über Gruppenberatungen erscheint diese Gruppe i.d.R. kaum erreichbar.
Als Beratungsanlässe -inhalte und -intensitäten treten überdurchschnittlich auf: Konkrete An-lässe (akute Problemsituationen), zeitaufwendige Beratungen, die oft erst eine Grundwissens-basis herstellen müssen, und Nachfrage nach "Rundumservice".
Aufgrund der Entfernung zum Wald ist eine rasche Reaktion erschwert und auch fehlende Fertigkeiten und mangelnde Ausstattung mit Forsttechnik führen dazu, dass notwendige Arbeiten nicht mehr durchgeführt werden können (z.B. Forstschutz).
Ausmärkische Waldbesitzer sind in das traditionelle Informations- und Kommunikations-netzwerk (Netz aus Waldbesitzern untereinander, WBV, staatliche Forstämter, das vor allem auf persönlichen Kontakten, Versammlungen, Rundbriefen, ...beruht) nicht mehr adäquat eingebunden und damit auch für forstpolitische Instrumente nur mehr schwer zugänglich.
Entwicklungen beim Waldbesitz
Seit 1960 stieg die Zahl der Betriebsaufgaben in der ostbayerischen Waldbesitzerstichprobe bis zum Jahr 1999 auf knapp 10% der bestehenden landwirtschaftlichen Betriebe pro Dekade an. Der Anteil nichtbäuerlicher Waldbesitzer hat sich innerhalb der letzten 40 Jahre von 10% auf fast 40% annähernd vervierfacht.
Insgesamt (Mittelwerte für alle Waldbesitzer zusammengefasst, inklusive kein Einschlag und keine Vermarktung) liegt die Einschlagsintensität bei Nichtlandwirten um ca. 20% niedriger als bei Landwirten. Die Vermarktungsintensität sinkt sogar um über 50% ab.
Zur Zeit führt also das Ausscheiden von Wald aus einem landwirtschaftlichen Betrieb gerade in den flächenstarken Besitzgrößen 1-20 ha zu einem nicht ignorierbaren Rückgang der Nutzungs- und Vermarktungsintensitäten.
Eine weitere Entwicklung, die sich beim Übergang vom bäuerlichen zum nichtbäuerlichen Wald abzeichnet, ist häufig eine individuell sinkende Bewirtschaftungsbefähigung. Ab ca. 20 ha kann aber davon ausgegangen werden, dass Waldbesitzer bei fehlenden eigenen Möglich-keiten selbständig und aktiv nach Fremdleistungen suchen. Bei kleineren Waldflächen entwickelt sich eine passive, reaktive und nutzungsextensive Haltung, wenn sich die Besitzer nicht mehr ausreichend selbst befähigt sehen.
Eine geringe Ausstattung mit forsttauglichen Geräten, geringe Erfahrung im Umgang mit Werkzeug und Maschinen und in der Waldbewirtschaftung verstärken sich mit oft geringer Motivation, Nutzungen durchzuführen und führen letztendlich bei kleinen Waldbesitzen zu drei (idealtypischen) Möglichkeiten:
Entwicklung der Bewirtschaftungsvorstellungen: Überträgt man die vorgefundene Verteilung der Sichtweisen auf eine zeitliche Entwicklungsdynamik, so können folgende "Trends" erwartet werden:
Als Hauptmangel lässt sich damit eine sinkende Befähigung zur eigenständigen Bewirtschaftung identifizieren, die aber kaum mehr durch einzelbetriebliche Maßnahmen verbessert oder aufgehoben werden kann. Zur Vermittlung von Wissen und Schlüssel-fertigkeiten tritt nun das Angebot an Bewirtschaftungsdienstleistungen und Fremdarbeits-leistungen hinzu.
Aufgrund der vielfältigen Entwicklungen im Kleinprivatwald und der Vielfalt an Eigentümerinteressen kann die Nutzungsintensität auf absehbare Zeit nur wirksam erhöht werden, wenn zum einen die Einschläge zwischen den Besitzern koordiniert werden (um Kleinmengen in vermarktbaren Mengen zu bündeln und damit verwertbar zu machen) und zum anderen ein flexibles Angebot an Bewirtschaftungsdienstleistungen besteht. Als Träger-organisation, die dieses flexible Angebot leisten kann, prädestinieren sich die forstlichen Zusammenschlüsse nach dem BWaldG, da sie sowohl ökonomische, ökologische und gesellschaftliche Belange vertreten, somit die Vielfalt an Eigentümerinteressen repräsentieren können und ihre Leistungskraft auf drei Standbeine abstellen können:
Das Prinzip der organisierten Selbsthilfe erscheint auch im "Zeichen" des Agrarstruktur-wandels die zukunftsfähigste Lösung für die Sicherung der Bewirtschaftung im Klein-privatwald, wenn die Selbsthilfe ein klares Profil als Dienstleister gewinnt.
Fazit: Forstliche Zusammenschlüsse und ihr Profil als Dienstleister
Waldbesitzerorganisationen bilden mit ihrer Aufgabe, Rundholz aus dem Kleinprivatwald zu vermarkten, einen Teil eines wirtschaftlichen Leistungsprozesses. Ein Orientierungsrahmen leitet sich dementsprechend ab und zwingt Waldbesitzerorganisationen, sich in diesem Leistungsprozess Betätigungsfelder und Entwicklungspotentiale zu schaffen.
Die Rolle der Waldbesitzerorganisationen als
steht dabei im Vordergrund und aus diesen Teilbereichen setzt sich schließlich das Profil einer Waldbesitzerorganisation zusammen, das je nach Öffnung und Realisierung von Ent-wicklungspotentialen in den einzelnen Bereichen erweitert und neu akzentuiert werden kann.
Die Vermarktungsaufgabe verlangt eine Orientierung im Absatzmarkt. Eine grobe Segmen-tierung besteht in mittelständisch strukturierten Abnehmern und industriellen Abnehmern, zu denen unterschiedliche Marketingziele gebildet werden, zum Beispiel, welche Rolle als Anbieter man für die Abnehmer erfüllen soll. Während bei mittelständischen Betrieben durchaus angestrebt werden kann, möglichst deren gesamte Versorgung zu übernehmen, sollten sich die Waldbesitzerorganisationen bei industriellen Abnehmern als fester Bestandteil in deren Lieferantenmix etablieren.
Das Ausmaß der Leistungsfähigkeit als Rundholzanbieter und -lieferant wird von der "inneren" Koordinierungsfähigkeit der Waldbesitzerorganisation bestimmt. Diese bildet damit einen weiteren Orientierungsrahmen. Um sowohl die einzelnen Phasen der Leistungsprozesse, die von der Waldbesitzerorganisation gesteuert bzw. getragen werden, effektiv und effizient zu erfüllen, und die notwendige Zusammenarbeit und das Vertrauen der Waldeigentümer (als Ressourcenhalter) in die Waldbesitzerorganisationen zu erreichen, wird der Aufbau von drei funktionellen Kompetenzbereichen als notwendig erachtet.
Marktkompetenz schließt alle Fähigkeiten zur Vermarktung von Rundholz ein, die der Waldbesitzerorganisation von innen (Mitglieder der Organisation) als von außen (abnehmende Betriebe) zugesprochen werden.
Logistische Kompetenz bedeutet die Fähigkeit zur effizienten und kostenbewussten Koordination, nämlich den Einschlag und die Losbildung in einem (definierten und abgrenzbaren) Raum über Waldbesitzgrenzen hinaus zeitlich zu steuern und zu beeinflussen.
Waldkompetenz schließlich besteht in der Fähigkeit, Möglichkeiten, Chancen und Risiken von Waldbewirtschaftungskonzepten glaubwürdig, fundiert und wissensbasiert und mit individuellem Bezug zum einzelnen Waldbesitz und Waldeigentümerhaushalt zu vermitteln.
Dieses Konzept, Einschlag, Aushaltung und Losbildung überbetrieblich zu koordinieren, bietet Möglichkeiten
Daneben werden die Zusammenschlüsse auch als Koordinatoren und Dienstleister rund um Wald und Forstwirtschaft sogenannte gesellschaftspolitische "Non-Profit"-Aufgaben übernehmen (Information, Öffentlichkeitsarbeit, Interessensvertretung, Mitwirkung bei gesellschaftlicher und politischer Entscheidungsfindung, Mitwirkung beim Interessensausgleich zwischen Allgemeinheit und Waldbesitz, ...) und aufgrund ihrer Stellung als regionalwirksame Entwicklungsträger fungieren müssen.
Fördermittel für forstliche Zusammenschlüsse und vor allem Fortbildungsangebote für Verantwortliche der Zusammenschlüsse auf allen Ebenen erscheinen aus dieser Blickwarte dann auch, wenn sie derartige Entwicklungen stützen, aus gesamtwirtschaftlicher und gesellschaftspolitischer Sicht als hochwirksame Investitionen in das Kultur- und Naturgut Privatwald.