Das Motorprotein Myosin-V transportiert intrazelluläre Stoffe unter ATP-Hydrolyse in diskreten, ungefähr 36 nm großen Schritten entlang von Aktinfilamenten. Um einen besseren Einblick in den chemomechanischen Zyklus dieses Motors zu bekommen, wurden in dieser Arbeit optische und mechanische Einzelmolekülexperimente an Myosin-V durchgeführt. Dazu wurde zuerst eine optische Pinzette in Verbindung mit einem Total Internal Reflection Fluorescence(TIRF)-Mikroskop konzipiert und aufgebaut. Ein neuartiger Kraft-Feedback erlaubte erstmals ganze Läufe des Motorproteins über mehrere Mikrometer und unter verschiedenen vorwärts- und rückwärtsgerichteten Kräften aufzuzeichnen. Das räumliche Auflösungsvermögen des neuen Feedbacks lag bei ~3 nm, die zeitliche Auflösung bei ~10 ms, wobei typischerweise Federkonstanten zwischen 0.02 pN/nm und 0.08 pN/nm verwendet wurden. Über das integrierte TIRF-Mikroskop mit zwei Anregungslasern konnten einzelne Cy3- bzw. Cy5-Fluorophore bei einer Konzentration bis zu 50 nM mit einer Zeitauflösung von ~100 ms und einer räumlichen Auflösung von ~20 nm ~10 s lang beobachtet werden. Eine zentrale Frage bei prozessiven Motoren ist, wie sich die beiden Arme beim Laufen koordinieren. Einerseits könnte es sich um eine sogenannte Hand-über-Hand-Bewegung handeln, bei der der hintere Arm nach vorne schwingt und zum vorderen Arm wird. Andererseits wurde eine Bewegung ähnlich einer Raupe vorgeschlagen, bei der der hintere Kopf an etwa die Position des vorderen gelangt und der vordere Kopf nach vorne ausweicht. In dieser Arbeit wurden Einzelmolekülfluoreszenz-Experimente durchgeführt, die das raupenähnliche Modell für Myosin-V ausschließen und das Hand-über-Hand-Modell bestärken. In weiteren Experimenten wurden mittels einer optischen Pinzette an einzelne, aktive Motorproteine verschiedene vorwärts- und rückwärtsgerichtete Kräfte angelegt. Dabei konnten erstmals ganze Läufe des Myosin-V im Mikrometerbereich aufgezeichnet und in Hinsicht auf Schrittweiten, Verweildauern, und Lauflängen untersucht werden. Die breiten Schrittweitenverteilungen zeigen, dass Myosin-V seine diskreten Schritte überraschend flexibel gestalten kann. Im Mittel ist die Periodizität des Aktinfilaments von ungefähr 36 nm aber in weiten Kraftbereichen gut reproduziert. Erst bei Kräften sehr nahe der Anhaltekraft zeigen die Schrittweitenverteilungen einen Einbruch hin zu kleineren Schritten. Die Analyse der Verweildauern ergibt zwei kraftabhängige Ratenkonstanten, die mit ADP-Loslösen und dem diffusiven Suchen der Motordomäne nach der Bindungstasche am Aktin identifiziert werden können. Die limitierende Ratenkonstante ADP-Loslösen ist dabei nur schwach kraftabhängig, während die Ratenkonstante für das diffusive Suchen der Motordomäne nach der Bindungstasche am Aktin stärker kraftabhängig ist. Diese Kraftabhängigkeiten lassen Rückschlüsse auf die mit den Ratenkonstanten verbundene Bewegung des Moleküls zu. Dabei ergibt sich, dass mit ADP-Loslösen keine nennenswerte Bewegung des Moleküls einhergeht, während das diffusive Suchen mit einer charakteristischen Distanz von ~3 nm verbunden ist. Zur Erklärung dieser Ergebnisse und für weitere Einblicke in den chemomechanischen Zyklus werden einige analytische Abschätzungen gemacht, bei denen die Arme des Myosin-V als elastische, am Aktin eingespannte oder drehbar gelagerte Balken mit angreifendem Drehmoment behandelt werden. Die experimentell bestimmten Lauflängenverteilungen zeigen ein einfachexponentielles Verhalten, wobei die Lauflängen mit einer charakteristischen Länge von etwa 10 Schritten weitgehend kraftunabhängig sind. Bei diesen Experimenten wurde weiterhin untersucht, wie sich Myosin-V, das in vivo beim Melanosomentransport zusammen mit sehr viel stärkeren Motoren wie Kinesinen gefunden wurde, bei Kräften weit über der Anhaltekraft verhält. Bei hohen Rückwärtskräften zeigt sich ein neues Phänomen. Myosin-V führt mehrere, aufeinander folgende Rückwärtsschritte aus, was darauf schließen läßt, dass externe Kräfte den mechanischen Schlag des Moleküls umkehren können.
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Das Motorprotein Myosin-V transportiert intrazelluläre Stoffe unter ATP-Hydrolyse in diskreten, ungefähr 36 nm großen Schritten entlang von Aktinfilamenten. Um einen besseren Einblick in den chemomechanischen Zyklus dieses Motors zu bekommen, wurden in dieser Arbeit optische und mechanische Einzelmolekülexperimente an Myosin-V durchgeführt. Dazu wurde zuerst eine optische Pinzette in Verbindung mit einem Total Internal Reflection Fluorescence(TIRF)-Mikroskop konzipiert und aufgebaut. Ein neuar...
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