Passivhäuser benötigen aufgrund des sehr guten Dämmstandards und der kontrollierten Lüftung mit Wärmerückgewinnung kein konventionelles Heizsystem mehr. Im Winter betragen die Heizlasten unter Auslegungsbedingungen maximal noch 10 Watt je Quadratmeter Energiebezugsfläche. Zielsetzung bei der Planung eines Passivhauses ist die Deckung dieser Heizlast mit einem möglichst einfachen Wärmeverteil- und Wärmeübergabesystem bei Gewährleistung einer maximalen thermischen Behaglichkeit. Die entscheidende Fragestellung ist dabei, welcher Zusammenhang zwischen der Wärmeübergabe und der Zulufteinbringung besteht und welche Auswirkungen auf die thermische Behaglichkeit daraus resultieren.
Dieser Zusammenhang zwischen thermischer Behaglichkeit und der Anordnung von Heizflächen sowie Lüftungselementen wird in der Literatur bisher nur in Untersuchungen beschriebenen, die bei wesentlich schlechteren Baustandards als dem Passivhausstandard durchgeführt wurden.
In dieser Arbeit werden anhand eines Modellraums mit einer Grundfläche von etwa 15 Quadratmetern und einer Raumhöhe von 2,50 m die Parameter der thermischen Behaglichkeit experimentell ermittelt. Mit Hilfe einer zweiachsig verfahrbaren Messvorrichtung mit jeweils fünf über die Raumhöhe verteilten Anemometern und Temperatursensoren werden je Versuchsreihe die Luftgeschwindigkeiten und Lufttemperaturen an 200 Raumpunkten gemessen. Die Fassade zwischen dem Modellraum und dem dahinter liegenden, künstlichen kalten Außenraum erfüllt den Passivhaus-Standard. Die Temperatur in dem Außenraum kann bis -22°C abgesenkt werden.
Insgesamt werden über einhundert Messungen bei unterschiedlichen Randbedingungen durchgeführt. Variiert werden dabei die Außentemperatur an der Fassade, der Ort und die Art der Wärmeübergabe (Heizkörper neben der Fassade, an der Rückwand und Zuluftheizung), der Luftvolumenstrom, die Zulufttemperatur sowie die Bauart des Zuluftventils.
Die Auswertung der Messergebnisse und eine Sensitivitätsuntersuchung des PMV-Modells zeigen, dass die Einflüsse von Luftgeschwindigkeit, Lufttemperatur sowie Strahlungstemperatur bei niedrigen Außentemperaturen auf den rechnerischen Anteil Unzufriedener PPD bei sehr guten Gebäudedämmstandards äußerst gering sind. Wesentlich signifikanter wirken sich die nicht von den Raumklimaparametern abhängigen Faktoren Bekleidung und Aktivität aus. Die Unterschiede des Zugluftrisikos DR betragen bei den untersuchten Varianten ebenso nur wenige Prozentpunkte. Weiterhin wird aufgezeigt, dass das PMV-Modell zur Differenzierung der thermischen Behaglichkeit in Passivhäusern nur bedingt geeignet ist.
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