Kleine neuronale Netzwerke mit definiertem synaptischen Verbindungsmuster stellen, aufgrund ihres gegenüber in vivo Systemen wesentlich einfacheren Aufbaus und wegen des leichten Zugangs zu einzelnen Neuronen, ein einzigartiges Instrument zur Erforschung fundamentaler Konzepte in der Neurophysiologie dar. Feldeffekttransistoren und kapazitive Stimulatoren schaffen einen nichtinvasiven Neuron-Halbleiter-Kontakt, der die Langzeitüberwachung der Aktivität neuronaler Zellverbände ermöglicht. Diese Dissertation beschäftigt sich mit den experimentellen und technologischen Aspekten des Designs neuronaler Netzwerke. Ausgehend von bereits existierenden Bauelementen wurde ein neuer Transistorchip für die besonderen Anforderungen hier hergestellt. Es wurden kleine, chipüberwachte Netzwerke mit Neuronen der Schnecke Lymnaea stagnalis gezüchtet und charakterisiert. Zu Beginn wurde eine neuartige Methode entwickelt, um das Wachstum von Neuriten zu steuern. Sie beruht auf topographischen Strukturen, bestehend aus Töpfen und engen Verbindungsgräben, die mit dem Polyesterphotolack SU-8 hergestellt wurden. Neurone wurden in die Töpfe platziert; die wachsenden Neurite folgten den Gräben und bildeten bei Kontakt mit anderen Neuriten bzw. Zellkörpern elektrische Synapsen. Die so geschaffenen Netzwerke wurden mit konventioneller Elektrophysiologie untersucht und die synaptische Leitfähigkeit bestimmt. Diese war im Mittel größer als die Leitfähigkeit von Synapsen zwischen Zellpaaren, die auf Bahnen von Wachstumsproteinen gewachsen sind. Neben der Kontrolle des Wachstums halten die topographischen Strukturen die Neuriten in der gewünschten Geometrie und fixieren die Zellkörper in den Töpfen. Dies ist ein wesentlicher Vorteil gegenüber Techniken die auf chemischen Mustern beruhen; hierbei werden Neurite und Zellkörper häufig von den durch die Wachstumskegel ausgeübten Kräfte aus ihren ursprünglichen Positionen weggezogen. Des Weiteren lassen sich die topographischen Strukturen wiederverwenden, was ihren Einsatz sehr effizient gestaltet. Basierend auf bestehenden Methoden für die Messung und Erregung neuronaler Aktivität wurde als nächstes ein Transistorchip hergestellt. Das Layout, 16 bidirektionale Kontakte die in einer 4x4 Matrix angeordnet sind, wurde speziell für die Überwachung kleiner neuronaler Netzwerke entwickelt. Jeder Kontakt besteht aus einem Buried-Channel-Feldeffekttransistor zur Messung von Aktionspotentialen, der von Flächen für die kapazitive Stimulation umgeben ist. Die elektrischen Eigenschaften der Chips wurden bestimmt und Tests mit einzelnen Neuronen durchgeführt. Es wurde eine Vielzahl unterschiedlicher Signaltypen mit den Transistoren gemessen, ähnlich den Ergebnissen vorangehender Arbeiten. Die meisten extrazellulären Signale konnten zumindest qualitativ mit dem Punktkontaktmodell für den Neuron-Silizium-Kontakt und dem Hodgkin-Huxley-Modell, zur Beschreibung des elektrischen Verhaltens der Neurone, erklärt werden. Die extrazelluläre Stimulation funktionierte sehr zuverlässig. Es genügten fünf bis zehn Rechteckpulse mit 1V-5V Amplitude die an die Stimulatoren angelegt wurden, um Aktionspotentiale in der darauf liegenden Zelle auszulösen. Im letzten Schritt wurden beide Techniken, SU-8 topographische Strukturen und Siliziumchips, kombiniert. Damit gelang es zum ersten Mal hybride Netzwerke mit definierter Geometrie zu züchten. Das elementarste System, die Silizium-Neuron-Neuron-Silizium-Schleife, wurde eingehend untersucht. Nach extrazellulärer Stimulation feuerte das entsprechende präsynaptische Neuron ein Aktionspotential, welches vom Transistor gemessen wurde. Das Signal pflanzte sich den Neuriten entlang fort, wurde von der Synapse übertragen und depolarisierte die postsynaptische Zelle, wo bei genügend starkem Input ein Aktionspotential ausgelöst wurde. Dieses wurde wiederum von dem darunter liegenden Transistor detektiert. Weiterhin wurden auch größere Netzwerke aus drei und vier Neuronen gezüchtet und charakterisiert. Die hier gezeigten Beispiele zeigen, dass es prinzipiell möglich ist, hybride Netzwerke mit definierter Geometrie herzustellen, die sowohl Biologie als auch Halbleitertechnik miteinander vereinigen. Damit ist der Grundstein für zukünftige Anwendungen, wie beispielsweise neuartige Computer, gelegt.
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Kleine neuronale Netzwerke mit definiertem synaptischen Verbindungsmuster stellen, aufgrund ihres gegenüber in vivo Systemen wesentlich einfacheren Aufbaus und wegen des leichten Zugangs zu einzelnen Neuronen, ein einzigartiges Instrument zur Erforschung fundamentaler Konzepte in der Neurophysiologie dar. Feldeffekttransistoren und kapazitive Stimulatoren schaffen einen nichtinvasiven Neuron-Halbleiter-Kontakt, der die Langzeitüberwachung der Aktivität neuronaler Zellverbände ermöglicht. Diese D...
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