Eines der Forschungsgebiete der Biophysik ist die interzelluläre Adhäsion. Offensichtlich sind die einzelnen Zellen mehrzelliger Lebewesen in der Lage, aneinander oder an einer Matrix zu haften, um dem Organismus eine Gestalt zu geben und Funktionalitäten zu ermöglichen. Andererseits können komplexe Lebensformen Zellen besitzen, die nicht aneinander haften, z.B. Erythrozyten, die einzeln im Blutstrom treiben und Sauerstoff transportieren. Eine interessante Stellung nehmen Leukozyten ein, da sie auf äußere Signale mit Veränderung ihrer adhäsiven Eigenschaften reagieren können. Bestimmte Zellen des Immunsystems zirkulieren im ruhenden Zustand im Blutstrom, ohne an den Gefäßwänden zu haften, bis sie durch Signale veranlasst werden, die Blutgefäße zu verlassen und im umliegenden Gewebe Aufgaben durchzuführen. Zu diesen Zellen gehören die Monozyten, eine Untergruppe der mononuklearen Phagozyten, die auf die Vernichtung von körperfremden Antigenen spezialisiert sind und im ruhenden Zustand im Blut zirkulieren. Vorzeitige Haftung an das Endothel wird durch Expression des antiadhäsiven Glykoproteins CD43 (Leukosialin, Sialophorin) auf der monozytischen Membran verhindert. Im Verlauf der Aktivierung durch bakterielle Moleküle oder Entzündungssignale wird der antiadhäsive Charakter von CD43 durch Proteolyse verringert. Gleichzeitig erhöht sich die Expression und Freisetzung des Rezeptors CR4 (p(150,95)), der aus den Untereinheiten CD11c und CD18 besteht und an der Adhäsion am Endothel und der extrazellulären Matrix, der Chemotaxe und der Phagozytose beteiligt ist. CD11c wird normalerweise hauptsächlich von myeloiden Zellen exprimiert. Bei der Haarzell-Leukämie (HZL) tritt jedoch eine abnormale, starke CD11c-Expression in Lymphozyten auf, die zur Diagnose der Erkrankung dient. Im Rahmen der vorliegenden Arbeit wurden in vitro Mechanismen untersucht, die im Verlauf der monozytischen Aktivierung die Transkription der CD43- und CD11c-Gene beeinflussen. Des weiteren wurden Ursachen der bei Haarzell-Leukämie (HZL) auftretenden abnormalen konstitutiven Expression von CD11c in Lymphozyten untersucht. In den Promotoren der humanen CD43- und CD11c-Gene wurden potenziell einzelsträngige cis-Elemente und an sie bindende trans-Faktoren identifiziert. Hierbei wurde demonstriert, dass diese DNS-Regionen für die Aktivitäten der CD43- und CD11c-Promotoren wichtig sind. Im Verlauf der monozytischen Aktivierung wurde die Bindung eines Einzelstrang-bindenden Faktors, PyRo1, an diese Regionen beobachtet. In weiteren Experimenten wurde Interaktion eines weiteren Einzelstrang-bindenden Proteins, Pura, mit den CD43- und CD11c-Promotoren nachgewiesen. Bindung von Pura an den CD43-Promotor führt zu einer Verringerung seiner Aktivität, während der CD11c-Promotor durch Pura aktiviert wird. Der Transkriptionsfaktor Pura scheint somit Teil eines Mechanismus zur gleichzeitigen Verringerung der Antiadhäsion und Erhöhung der Adhäsion im Verlauf der monozytischen Aktivierung darzustellen. Es handelt sich hierbei um den ersten bekannten Hinweis, dass die CD43- und CD11c-Promotoren das Potential zur Einzelstrangbildung besitzen. Es ist ebenfalls der erste Nachweis, dass die Aktivität des CD43-Promotors im Verlauf der monozytischen Aktivierung sinkt und dass dieser Vorgang durch Pura gesteuert wird. Die Untersuchung der abnormalen CD11c-Expression in HZL-Lymphozyten ergab, dass sie durch konstitutive Aktivierung des Transkriptionsfaktors JunD verursacht wird. Es wurde weiter gezeigt, dass das proto-Onkogen Ras die Aktivität des CD11c-Promotors in HZL-Lymphozyten beeinflusst. Da bekannt ist, dass Störungen von JunD und Ras kanzerogen wirken können, lassen sich Transformation und CD11c-Expression in Haarzell-Leukämie als gemeinsame Folge eines Defekts in der Kontrolle des proto-Onkogens Ras auffassen. Diese Ergebnisse können dazu beitragen, die molekularen Ursachen der Haarzell-Leukämie besser zu verstehen und ihre Behandlung zu erleichtern.
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Eines der Forschungsgebiete der Biophysik ist die interzelluläre Adhäsion. Offensichtlich sind die einzelnen Zellen mehrzelliger Lebewesen in der Lage, aneinander oder an einer Matrix zu haften, um dem Organismus eine Gestalt zu geben und Funktionalitäten zu ermöglichen. Andererseits können komplexe Lebensformen Zellen besitzen, die nicht aneinander haften, z.B. Erythrozyten, die einzeln im Blutstrom treiben und Sauerstoff transportieren. Eine interessante Stellung nehmen Leukozyten ein, da sie...
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