Die optimale Steuerung eines Portfolios ist letztlich immer eine Frage der individuellen Präferenzen eines Investors. Die Art und Weise wie etwa Renditepräferenzen formuliert und Risiken vom Investor wahrgenommen werden bestimmen die als optimal empfundene Portfoliozusammensetzung. In der klassischen, auf Markowitz (1952) und Sharpe (1964) zurückgehenden Portfoliotheorie wird dieser Zielkonflikt zwischen Rendite und Risiko durch zwei Verteilungsparameter der Portfoliorendite ausgedrückt: der Erwartungswert (mean) und die Varianz (variance) der als Zufallsgröße modellierten zukünftigen Portfoliorendite spielen die zentrale Rolle für die Anlageentscheidung. Für den dort unterstellten Fall, dass die Renditen von einzelnen Finanzanlagen und damit auch die Renditen von Portfolios normalverteilt sind, ist diese sogenannte mean variance analysis auch mit dem Erwartungsnutzenkonzept konsistent. Die Steuerung von Portfolios lässt sich dann auf der Basis dieser beiden Parameter vornehmen und vereinfacht den Anlageentscheidungsprozess ganz wesentlich. Mit dem mean-variance Modell als vorherrschendes Entscheidungskonzept hatte auch die Varianz bzw. die daraus abgeleitete Volatilität seit den 50er Jahren die zentrale Rolle als Kenngröße zur Messung und Kommunikation des Risikos von Finanzanlagen. Ihre einfache Berechenbarkeit und weitere angenehme statistische Eigenschaften begünstigten die Verwendung der Varianz als Risikomaß zusätzlich. Konzeptionell drückt die Varianz die Unsicherheit über die zukünftige Realisation bezüglich eines erwarteten Wertes aus. Die Risikomessung auf Basis der Varianz geht damit eher von einem informatorischen Risikobegriff aus. In diese Kategorie lassen sich auch zahlreiche Sensitivitätsmaße einordnen. Hierzu zählt etwa das Beta einer Aktie zu einem Marktindex oder die gemeinhin als ?Greeks? bezeichneten Kenngrößen für Optionen, die die Reaktion des Marktwertes auf Veränderungen von Einflussparametern beschreiben. Bereits seit den Anfängen der Portfoliotheorie hat es aber auch schon immer Risikomaßgrößen gegeben, die sich direkt am materiellen Verlust oder der einseitig nach unten ausgerichteten Messung von Risiken orientierten. Der Safety-First Ansatz von Roy (1952) oder das von Markowitz (1958,1970,1991) vorgeschlagene Semivarianz-basierte Portfoliomodell beschreiben solche Downside-Risk Ansätze. Mit den Forschungsarbeiten über das Konzept der stochastischen Dominanz wurden schließlich die theoretischen Grundlagen einer Verlustrisiko orientierten Portfoliotheorie gelegt. Mit der rasanten Entwicklung der Finanzmärkte seit den 70er Jahren und dem vermehrten Einsatz von Derivaten im Portfoliomanagement sind Portfolios nicht nur deutlich komplexer geworden, sondern ihre Renditeverteilungen zeigen ausgeprägte Asymmetrien. Normalverteilungsannahmen lassen sich hier nicht mehr aufrechterhalten. Ende der 80er Jahre fanden diese Modelle dann auch verstärkte Berücksichtigung im praktischen Portfoliomanagement. Spätestens seit der Vorstellung der Empfehlungen des Basler Ausschusses für Bankenaufsicht (1996) hat der Value -at-Risk eine hohe Bedeutung in der praktischen Risikomessung bei Banken und Finanzinstitutionen gewonnen. Für die verschiedenen Ansätze, Verlustrisiken zu beschreiben, liefert das Konzept der Lower Partial Moments einen einheitlichen Analyserahmen und fasst die verschiedenen Entwicklungen zusammen. An dieser Stelle will der vorliegende Beitrag anknüpfen. Ziel ist es, konkret aufzuzeigen, wie eine Steuerung und Allokation von Portfolios aussehen kann, die sich an einem so definierten Verlustrisiko orientiert. Im Weiteren wollen wir folgendermaßen vorgehen: Im nachfolgenden Abschnitt 2 sollen zunächst die formalen Grundlagen und Definitionen bereitgestellt werden, die für die Quantifizierung des Verlustrisikos und die Beschreibung der Problemstellung notwendig sind. Im zweiten Teil des Beitrags werden dann zwei konkrete Modellansätze zur Risikosteuerung bei verschiedenen Verlustrisikomaßen entwickelt und anhand je eines praktischen Fallbeispiels illustriert. Zunächst stellen wir in Abschnitt 3 einen allgemeinen Lower Partial Moment Ansatz vor und entwickeln dazu ein Optimierungsproblem. Die derzeitige Popularität des Value-at-Risk legt es nahe, dieses eng mit dem Lower Partial Moment Ansatz verwandte Risikokonzept explizit zu betrachten. In Abschnitt 4 wird eine Modifikation für eine Value-at-Risk Risikobasis entwickelt und so der ursprüngliche Ansatz zur Risikosteuerung von Wertpapierpositionen erweitert. Auch hier sollen praktische Hinweise für die Umsetzung und ein Fallbeispiel das Modell ergänzen.
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Die optimale Steuerung eines Portfolios ist letztlich immer eine Frage der individuellen Präferenzen eines Investors. Die Art und Weise wie etwa Renditepräferenzen formuliert und Risiken vom Investor wahrgenommen werden bestimmen die als optimal empfundene Portfoliozusammensetzung. In der klassischen, auf Markowitz (1952) und Sharpe (1964) zurückgehenden Portfoliotheorie wird dieser Zielkonflikt zwischen Rendite und Risiko durch zwei Verteilungsparameter der Portfoliorendite ausgedrückt: der Erw...
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