Als "Gushing" oder "Wildwerden von Bieren" bezeichnet man das mehr oder weniger heftige Überschäumen von Flaschenbieren nach sachgemäßer Öffnung. Zwei grundsätzlich verschiedene Gruppen von Faktoren werden als Auslöser diskutiert. Partikel, wie Calciumoxalat oder Feingur, zu hoher CO2-Gehalt oder Nachgärung in der Flasche werden als ursächlich für das sog. technologisch bedingte oder sekundäre Gushing angesehen. Das primäre oder malzverursachte Gushing wird dagegen mit einem durch Schimmelpilzbefall qualitativ veränderten Malz in Verbindung gebracht. Trotz intensiver Forschung war über den Zusammenhang zwischen dem Befall des Braugetreides mit Schimmelpilzen und dem Auftreten von primärem Gushing immer noch sehr wenig bekannt. In jüngster Zeit wurden neue Hypothesen zur chemischen Natur und zum Ursprung der Auslöser des primären Gushings formuliert, bei denen zwei erst kürzlich beschriebene Klassen von Proteinen, die pilzspezifischen Hydrophobine und die pflanzentypischen non-specific lipid transfer proteins (ns-LTPs) im Vordergrund stehen. Im Rahmen der vorliegenden Arbeit wurden Untersuchungen zur Bildung von oberflächenaktiven Proteinen durch F. culmorum und F. graminearum durchgeführt. Beide Arten waren fähig, oberflächenaktive Proteine zu bilden und gaben diese ins Medium ab. Durch Kontakt mit dem Medium konnten PTFE oder Parafilm stabil benetzbar gemacht werden. Stärke und Zeitpunkt der Ausscheidung oberflächenaktiver Proteine waren abhängig von Art, Isolat und Medium. Im Extremfall wurde der Benetzungseffekt wieder vollständig abgebaut. Diese Variabilität kann erklären, warum nicht jeder Befall von Braugetreide mit Fusarien in gleichem Maße zu Gushing führt. Durch Zusatz von Detergentien unterschiedlicher Typen zum Bier wurde gezeigt, dass Gushing nicht durch erniedrigte Oberflächenspannung ausgelöst wird, sondern niedrige Oberflächenspannung gegebenenfalls eine Begleiterscheinung ist. Die aus F. culmorum isolierten oberflächenaktiven Proteine zeigten Eigenschaften, die auch von Hydrophobinen erwartet werden, ohne jedoch zu bekannten Hydrophobin-Klassen homolog zu sein. Die Ähnlichkeiten lagen in der Bereitschaft zur Bildung stabiler Aggregate, dem löslichkeitsverhalten der Aggregate, der elektrophoretischen Mobilität und teilweise dem sauren isoelektrischen Punkt. Datenbankvergleiche von Teilen der Aminosäuresequenzen ergaben Homologien zu Proteinen, die im Genom von F. graminearum als hypothetische Proteine annotiert sind. Die Homologie zwischen Afpa und PhiA aus E. nidulans legt eine Rolle von AfpA in der Morphogenese nahe. Die oberflächenaktiven Proteine aus F. culmorum wiesen isoelektrische Punkte um pH 3,4 und nahe pH 9 auf, die von F. graminearum ebenfalls vorwiegend nahe pH 9. Zwei der aus F. culmorum isolierten Proteine (14 kDa und AfpA) verstärkten in Konzentrationen um 1 ppm bestehendes Gushing. Die Verstärkung des Gushings war höher nach einer der Würzekochung ähnlichen Vorbehandlung der Proteine. Gegen die nativen Proteine wurden polyklonale Antiseren in Kaninchen hergestellt. Die vom AfpA-Antiserum erkannten Epitope wiesen hohe thermische Stabilität auf. Die Antiseren reagierten auch mit den Maillardprodukten der Proteine. AfpA-Protein konnte über Western Blots bei beiden untersuchten Fusarium-Arten festgestellt werden. Es wurde darüber hinaus in infiziertem Malz mit hohem Gushing-Potential gefunden. Die Proteine aus F. culmorum und F. graminearum zeigten eine hohe Aktivität in Messungen der Oberflächenspannung. Die Oberflächenhydrophobizität der Proteine wurde durch Erhitzung teilweise positiv beeinflußt und zeigte darüber hinaus eine Abhängigkeit vom pH-Wert. Die Wirkung des Wachstums von F. culmorum und F. graminearum bei der Mälzung von Weizen wurde ebenfalls durch die Messung der Oberflächenhydrophobizität der in den Malzen enthaltenen Proteine untersucht. Durch die Infektion mit gushing-relevanten Fusarien wurde die Oberflächenhydrophobizität massiv verringert. Die Verringerung war mit dem Überschäumvolumen im Gushingtest korreliert. Es wurden Brauversuche mit transgenen Klonen von S. cerevisiae durchgeführt, die während der Gärung die Produktion eines oberflächenaktiven Proteins aus Weizen (LTP1500) und zweier Hydrophobine aus F. culmorum ermöglichten. LTP1500 erzeugte wie erwartet kein Gushing. Durch das so produzierte Klasse II-Hydrophobin FcHyd5p aus F. culmorum konnte Gushing ausgelöst werden, nicht jedoch durch das Klasse I-Hydrophobin FcHyd3p. Dieses Ergebnis belegt einen Einfluss oberflächenaktiver pilzlicher Proteine auf Gushing, wobei offensichtlich nicht die extremen Eigenschaften von Klasse I-Hydrophobinen ausschlaggebend sind. Weiterhin eröffnen diese transgenen Hefen neue Möglichkeiten in der Gushing-Forschung, da nun aus einer Würze gushendes und stabiles Bier hergestellt werden können.
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Als "Gushing" oder "Wildwerden von Bieren" bezeichnet man das mehr oder weniger heftige Überschäumen von Flaschenbieren nach sachgemäßer Öffnung. Zwei grundsätzlich verschiedene Gruppen von Faktoren werden als Auslöser diskutiert. Partikel, wie Calciumoxalat oder Feingur, zu hoher CO2-Gehalt oder Nachgärung in der Flasche werden als ursächlich für das sog. technologisch bedingte oder sekundäre Gushing angesehen. Das primäre oder malzverursachte Gushing wird dagegen mit einem durch Schimmelpilzbe...
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