Axone werden im ZNS von Wirbeltieren durch das Neuronale Inhibitorprotein Nogo-A aktiv am Aussprossen gehindert. Dies beschränkt die Plastizität des adulten ZNS, verhindert allerdings im Fall einer Läsion auch maßgeblich die neuronale Regeneration. Der mono-klonale Antikörper IN-1 (IgM/k) neutralisiert die inhibitorische Wirkung von Nogo-A und ermöglicht so die axonale Regeneration im ZNS. In der vorliegenden Arbeit wurden Methoden zur Herstellung und Optimierung rekombinanter Fragmente des Antikörpers IN-1 sowie des neuronalen Inhibitors Nogo-A mittels Protein-Engineering einschließlich der Analyse ihrer Wechselwirkung entwickelt. Auf diese Weise wurden schließlich in vitro im Gegensatz zu konventionellen Immunisierungsversuchen Antikörper mit verbesserter Affinität und neutralisierender Aktivität erhalten. Für den IN-1 Antikörper wurde zunächst die bakterielle Produktion eines chimären Fab-Fragmentes im Fermenter-Maßstab soweit verbessert, daß es in ausreichender Menge für Zellkultur- und Tierexperimente zur Verfügung stand. Hierzu wurde eine vektorvermittelte Komplementierung der chromosomalen proBA-Deletion des prolin-auxotrophen E. coli K12-Stamms JM83 realisiert. Diese ermöglichte die Nutzung des überlegenen Sekretionsverhaltens von JM83 bei der Fermentation in einem Minimalmedium und führte zur Stabilisierung des Expressionsvektors durch den zusätzlichen metabolischen Selektionsdruck. Das chimäre IN-1 Fab-Fragment, dessen Ausbeute mit diesem Verfahren im Vergleich zu vorherigen Experimenten vervierfacht wurde, wurde mittels IMAC gereinigt und für Regenerations-Experimente verwendet. Im Zusammenhang mit der Behandlung von Rückenmarksläsionen bei Ratten konnte mit dem IN-1 Fab-Fragment eine signifikante Regeneration von verletzten zentralnervösen Neuronen erreicht werden. Auf der Grundlage des rekombinanten Wildtyp IN-1 Fab-Fragments wurde zudem die Reini-gung mittels der Thiophilen Adsorptionschromatographie etabliert. Dabei wurde das Fab-Fragment unabhängig von einem Affinitätsanhängsel (His6- oder Strep-Tag) in einem Schritt als löslicher Heterodimer aus der periplasmatischen Proteinfraktion von E. coli isoliert. Insbesonders für eine eventuelle therapeutische Anwendung von optimierten Varianten des IN-1 Fab-Fragments ist der Verzicht auf Affinitätsanhängsel vorteilhaft. Die vermutlich extrazelluläre und inhibitorisch aktive Domäne von Nogo-A wurde als lösliches Protein in E. coli hergestellt und durch Streptavidin-Affinitätschromatographie gereinigt. Das erhaltene Fragment NiFr2 war inhibitorisch aktiv und bildete die Grundlage für die In vitro-Affinitätsmaturierung des Antikörpers IN-1. Durch Herstellung eines rekombinanten Nogo-A Fragments (NiFr4) mit einem Strep-Tag sowie einem His6-Tag an den beiden Termini, welches durch IMAC und Streptavidin-Affinitätschromatographie gereinigt wurde, konnten Reinheit und Homogenität der Präparationen im Vergleich zu NiFr2 maßgeblich verbessert werden. Dies war die Grundlage für den erstmaligen Nachweis der Antigen/Antikörper-Komplexbildung aus Nogo-A und dem IN-1 Fab-Fragment mit Hilfe der Oberflächenplasmonresonanz-Spektroskopie. Bis zu Beginn der vorliegenden Arbeit war es aufgrund der geringen Affinität von IN-1 gegenüber dem vermuteten Antigen nicht gelungen, die direkte Bindung des Antikörpers an natives oder rekombinantes Nogo-A mit immunchemischen Methoden nachzuweisen und damit auf molekularer Ebene zu begründen. Ausgehend von dem IN-1 Fab-Fragment wurde daher ein Verfahren zur Affinitätsmaturierung bezüglich Nogo-A etabliert. Durch wiederholte Zyklen von ortsgerichteter Zufallsmutagenese und Durchmusterung der resultierenden Molekülbibliothek mit Hilfe eines Filterstapel-Tests auf verbesserte Bindung von NiFr2 wurde die Mutante II.1.8 des IN-1 Fab-Fragments erhalten. Das II.1.8 Fab-Fragment weist im Vergleich zu IN-1 insgesamt fünf Aminosäure-Substitutionen innerhalb von CDR-L3 auf und zeigt nachweisbare Bindung an natives Nogo-A bzw. an seine bakteriell produzierten Fragmente im ELISA. Die Dissoziationskonstante des Komplexes aus dem II.1.8 Fab-Fragment und NiFr4 wurde durch Oberflächenplasmonresonanz-Spektroskopie mit 1 µM bestimmt. Das Wildtyp IN-1 Fab-Fragment zeigte unter denselben Bedingungen eine achtfach schlechtere Affinität. Damit wurde erstmals mit immunchemischen Methoden demonstriert, daß es sich bei dem Produkt des Nogo-A-Gens um das Antigen des Antikörpers IN-1 handelt. Im Gegensatz zum Wildtyp IN-1 wurden durch Verwendung des II.1.8 Fab-Fragments bei immunhistochemischen Experimenten myelinreiche Regionen im Hirn und Rückenmark der Ratte spezifisch angefärbt. Darüber hinaus zeigte das II.1.8 Fab-Fragment in Zellkultur-Experimenten eine konzentrationsabhängige neutralisierende Aktivität gegenüber der inhibitorischen Wirkung von Nogo-A, die deutlich über der des IN-1 Fab-Fragments lag. Damit wurde der Zusammenhang zwischen einer verbesserten proteinchemischen Bindung von Nogo-A durch das optimierte IN-1 Fab-Fragment und einer erhöhten neutralisierenden Aktivität gezeigt. Für eine mögliche therapeutische Anwendung von Nogo-A-bindenden rekombinanten Fab-Fragmenten wurden die variablen Domänen des II.1.8 Fab-Fragments humanisiert. Dazu wurden dessen CDRs auf die Gerüststruktur der variablen Domänen des humanen Anti-Thyroidperoxidase-Antikörpers TR1.9 übertragen. Das resultierende humII.1.8 Fab-Fragment wurde in E. coli produziert und mittels IMAC gereinigt. In ELISA-Experimenten wurde der Erhalt der Bindungsaktivität des humanisierten Fab-Fragments gegenüber dem rekombinanten Nogo-A Fragment NiFr2 nachgewiesen. Schließlich wurde die bakterielle Produktion von neuartigen Fusionsproteinen aus einem Fab-Fragment und dem Enzym TEM1 b-Lactamase etabliert. Deren bifunktionelle Eigenschaften im Hinblick auf die Antigenbindung und die Reporteraktivität wurden durch ELISA sowie enzymkinetische Experimente nachgewiesen. Damit wurde eine Grundlage für die Ver-wendung ähnlicher Fusionsproteine für diagnostische oder auch therapeutische Anwendungen geschaffen.
«
Axone werden im ZNS von Wirbeltieren durch das Neuronale Inhibitorprotein Nogo-A aktiv am Aussprossen gehindert. Dies beschränkt die Plastizität des adulten ZNS, verhindert allerdings im Fall einer Läsion auch maßgeblich die neuronale Regeneration. Der mono-klonale Antikörper IN-1 (IgM/k) neutralisiert die inhibitorische Wirkung von Nogo-A und ermöglicht so die axonale Regeneration im ZNS. In der vorliegenden Arbeit wurden Methoden zur Herstellung und Optimierung rekombinanter Fragmente des Anti...
»