Die Aufgabenstellung der vorliegenden Arbeit ist es, das Lenkgefühl mit Hilfe ergonomischer Erkenntnisse und Methoden zu betrachten, die ebenso in anderen Bereichen als der Fahrzeuglenkung angewendet werden. Es stellt sich heraus, dass es notwendig ist, das Lenkgefühl nicht nur im engeren, sondern im erweiterten Sinn zu betrachten. Beim erweiterten Lenkgefühl kommt die gesamte Fahrzeugreaktion mit ins Spiel und bezieht sich somit auf das Handling des Fahrzeugs. Ein weiterer Grund für die Zweiteilung ist, dass das Lenkgefühl häufig nur mit dem Lenkgefühl im engeren Sinne in Verbindung gebracht wird, was sich vorwiegend auf die Wahrnehmungen direkt am Lenkrad bezieht. Die Reaktion des Fahrzeugs spiegelt sich also im erweiterten Lenkgefühl wieder. Die Fahrzeugreaktion nimmt der Fahrer rückgemeldet wiederum war und zieht damit Rückschlüsse bei der Beurteilung der Lenkeigenschaften eines Kraftfahrzeugs.
Um das Lenkgefühl seitens der Ergonomie anzugehen, wird am Anfang der Arbeit der Sachstand in einen Fahrwerksteil und einen ergonomischen Teil untergliedert. Im Fahrwerksteil, sind alle Untersuchungen enthalten, die sich von der fahrwerkstechnischen Seite mit dem Lenkgefühl beschäftigen. Hier werden auch die Reglermodelle für die Fahrzeugquerführung angerissen.
Der Teil der ergonomischen Herangehensweise orientiert sich am Regelkreisparadigma der Systemergonomie. Hier wird die Aufgabenstellung des Lenkens eines Kraftfahrzeugs als Informationsverarbeitungsprozess angesehen und unterteilt sich in die drei Phasen Informationsaufnahme, Informationsverarbeitung und Informationsumsetzung.
Im Anschluss an den Sachstand werden die Versuche erläutert, die sich aus mehreren Teilversuchen zusammensetzen. Im ersten Versuch wurde herausgefunden, dass die Querbeschleunigung in Kopfnähe ein anderes Frequenzverhalten zeigt und damit auch ein unterschiedliches Zeitverhalten gegenüber dem Lenkbefehl als die Querbeschleunigung im Fahrzeugschwerpunkt.
Im zweiten Versuch wurde die Bildverschiebung bei Kurvenfahrt mit Hilfe einer eigens für den Versuch erstellten Software näher betrachtet. Als Ergebnis konnte herausgefunden werden, dass der Fahrer viele visuelle Informationen für die Fahrzeugquerführung nutzt bzw. nutzen kann.
Eine der wichtigsten Aussagen des Versuchs ist, dass der Fahrer ein Untersteuern oder Übersteuern des Fahrzeugs schon bei niedrigen Geschwindigkeiten bestimmen kann. Bisher wurde angenommen, dass das dem Fahrer nur durch seine kinästhetisch (vestibuläre) Wahrnehmung möglich ist.
Im Versuch 3 wurde ermittelt, inwieweit eine geringe und eine größere Lenkradkranzdicke in Abhängigkeit der Handanthropometrie eine andere Berührflächengeometrie hervorruft und dadurch andere Mechanorezeptoren (insgesamt gibt es in der menschlichen Haut vier verschiedene Mechanorezeptoren) angesprochen werden, was wiederum zu einem anderen Lenkgefühl führt. Im Ergebnis war jedoch festzustellen, dass diese Abhängigkeit nicht vorhanden zu sein scheint.
Im vierten Versuch wurde anhand eines Realfahrversuchs mit vier Fahrzeugen ein Zusammenhang zwischen der verbalen Beurteilung der Probanden und den objektiven Fahrzeuggrößen hergestellt. Zusätzlich wurde das Urteil der Normalfahrer mit Urteilen von Experten verglichen. Es konnte festgestellt werden, dass Normalfahrer in der Lage sind relativ genau das Lenkgefühl zu beschreiben. Auch die Abweichungen der Urteile von Experten- und Normalfahrern wurde durch statistische Auswertung bestimmt. Hier kommt es unter anderem beim Fahrbahnkontakt zu größeren Abweichungen. Auffällig ist weiterhin, dass Normalfahrer technische Unterschiede (z.B. ein Fahrzeug einmal mit und ohne Überlagerungsgetriebe) zwar durchaus wahrnehmen und in gewisser Weise auch mitteilen können, aber es ihnen häufig nicht gelingt, es an technischen Merkmalen festzumachen. Allerdings gilt das eher für Normalfahrer, die keinen technischen Beruf ausüben.
Der fünfte Versuch soll die Verteilung der Wahrnehmungsschwelle für die Lenkkraft ermitteln, da in diesem Bereich nur wenige Untersuchungsergebnisse existieren, die sich teils wiedersprechen bzw. nicht wirklich ein einheitliches Bild ergeben. Es wurden vier verschiedene Lenkwinkel (0°, 5°, 10° und 35°) gemessen, sowie drei verschiedene Greifhöhen am Lenkrad. Im Offcenterbereich von 35° wurde nur auf Differenzwahrnehmungsschwelle gemessen, da bei solch hohen Lenkwinkeln im realen Fahrbetrieb bereits eine Gegenkraft (Rückstellkraft) anliegen dürfte. Mit den Winkeln 0°, 5° und 10° wurden nur Absolutwahrnehmungsschwellen untersucht. Es konnte festgestellt werden, dass sich bei unterschiedlichen Lenkwinkeln keine signifikanten Unterschiede bei den Absolutschwellen erkennen lassen. Allerdings sind die Schwellen in unterer Haltung am geringsten und in mittlerer am größten.
Ebenso sind bei Lenkkrafterhöhungen die Wahrnehmungsschwellen geringer als bei Lenkkraftverminderungen. Allerdings zeigt sich das erst bei 4 Nm (gegenüber 2 Nm) am deutlichsten. Weiterhin kann festgestellt werden, dass bei erfahreneren Personen (bezogen auf den Führerscheinbesitz) die Schwellen ebenso geringer zu sein scheinen.
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Die Aufgabenstellung der vorliegenden Arbeit ist es, das Lenkgefühl mit Hilfe ergonomischer Erkenntnisse und Methoden zu betrachten, die ebenso in anderen Bereichen als der Fahrzeuglenkung angewendet werden. Es stellt sich heraus, dass es notwendig ist, das Lenkgefühl nicht nur im engeren, sondern im erweiterten Sinn zu betrachten. Beim erweiterten Lenkgefühl kommt die gesamte Fahrzeugreaktion mit ins Spiel und bezieht sich somit auf das Handling des Fahrzeugs. Ein weiterer Grund für die Zweitei...
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