Das Hefe-Zellzyklusprotein 48 (Cdc48p) und dessen hochkonserviertes menschliches Ortholog‚ Valosin-enthaltendes Protein’ (VCP), sind Ubiquitin-kontrollierte AAA-ATPasen (ATPasen assoziiert mit verschiedenen zellulären Aktivitäten). Cdc48p/VCP ist in verschiedenen zellulären Prozessen beteiligt, wie z.B. im ER-assoziierten Proteinabbau (ERAD), bei Membranfusionsprozessen und bei der Zellzykluskontrolle. VCP wurde als Sensor für falschgefaltete Proteine vorgeschlagen, die mit neurodegenerativen Erkrankungen, wie z.B. Machado-Joseph-, Parkinson- und Alzheimer-Erkrankung, in Zusammenhang gebracht werden. Nach Mutation ist VCP ursächlich für die Erbkrankheit IBMPFD, die durch das Auftreten von Proteinablagerungen in Muskelgewebe oder Gehirn charakterisiert ist und zu Muskelschwäche, zur Paget’schen Knochenerkrankung und zu frontotemporaler Demenz führen kann. Mutationen von Cdc48p/VCP führen in Säugerzellen, in Zebrafischen, in Caenorhabditis elegans und im Einzeller Saccharomyces cerevisiae zu apoptotischem Zelltod. Die molekularen Mechanismen des Zelltods ausgelöst durch Mutationen in Cdc48p/VCP und die pathophysiologische Rolle dieses Proteines im Verlauf menschlicher Erkrankungen blieben jedoch ungeklärt.
In dieser Studie wurde eine systematische Proteomanalyse des apoptotischen Hefestamms cdc48S565G durchgeführt, um apoptoseassoziierte proteomische Veränderungen zu identifizieren, die helfen könnten, den Mechanismus des Cdc48p/VCP-vermittelten Zelltodes aufzulösen. Vergleichende zwei-dimensionale Gelelektrophorese (2-DE) des apoptotischen Stammes cdc48S565G und des Wildtyp-Stammes CDC48 ergab signifikante Proteinveränderungen in mitochondrialen Extrakten. Sowohl veränderte Mengen an mitochondrialen Proteinen als auch eine Anreicherung von Cdc48p-S565G und anderen Proteinen, die mit dem NE-ER (Kernhülle und endoplasmatisches Retikulum) assoziiert sind, konnten in mitochondrialen Extrakten des cdc48S565G-Stamms beobachtet werden. Ausgehend von diesen Ergebnissen wurde eine entscheidende Rolle von Mitochondrien im apoptotischen Zelltod im cdc48S565G-Stamm gezeigt: Eine Abreicherung mitochondrialer Proteine, die essenziell für die mitochondriale Funktionstüchtigkeit sind, konnte genauso beobachtet werden wie ein Anschwellen der Mitochondrien, die Unfähigkeit von cdc48S565G-Zellen zur Atmung, die Freigabe von Cytochrom c in das Zytosol und die Anreicherung von in Mitochondrien hergestellten reaktiven Sauerstoffspezies (ROS). Die Herstellung von Hefestämmen, die frei von funktionstüchtigen Mitochondrien sind (ρ°-Stämme) ergab eine Angleichung der Überlebensfähigkeit von Wildtyp- und cdc48S565G-Zellen unter apoptotischen Wachstumsbedingungen, was die schädliche Rolle von Mitochondrien während der Apoptose bestätigt. Die bei 2-DE-Analysen beobachtete verstärkte Aufreinigung von Cdc48p-S565G und anderen NE-ER-assoziierten Proteinen mit Mitochondrien konnte auf eine verstärkte Komigration von Mikrosomen mit Mitochondrien zurückgeführt werden. Die durch Elektronenmikroskopie beobachtete größere Nähe von NE-ER-Membranen und Mitochondrien in cdc48S565G-Zellen zeigt deshalb eine zunehmende Assoziation von NE-ER und Mitochondrien. Größere Mengen an polyubiquitinylierten Proteinen in Gesamtzell- und mikrosomalen Extrakten weisen auf eine Dysfunktion von Cdc48p-S565G im ERAD. Polyubiquitinylierte Proteine wurden stark assoziiert in einer Untergruppe von Mitochondrien gefunden, in der deutlich erhöhte Mengen an Cdc48p-S565G, am ER-Stressmarker Kar2p und an Mikrosomen gefunden wurden. Die beobachtete verstärkte Assoziation von NE-ER und Mitochondrien in cdc48S565G-Zellen zeigt zum ersten Mal, dass am NE-ER lokalisierter zellulärer Stress, aufgrund der Mutation in CDC48 und der Dysfunktion von ERAD, auf Mitochondrien übertragen werden könnte. Die daraus folgende Schädigung der Mitochondrien könnte zur Herstellung von ROS und zur Auslösung von apoptotischem Zelltod führen.
Um zu überprüfen, ob die Ergebnisse, die mit Hilfe des cdc48S565G-Stammes gewonnen wurden, übertragbar sind auf die Vorgänge beim VCP-vermittelten Zelltod, wurden Säugerzellkulturen analysiert, die menschliche VCP-Varianten exprimierten. Expression der dominanten ATPase-defizienten Variante VCP-K524A und der zur Hefemutante Cdc48p-S565G homologen Variante VCP-S555G führte zu einer abnehmenden Zellviabilität, zunehmendem Zelltod und zu einer zellulären Anreicherung an polyubiquitinylierten Proteinen. Weiterhin zeigen Koexpressionsstudien von VCP und dem ERAD-Substrat Rhodopsin eine Anreicherung von Rhodopsinaggregaten bei Koexpression mit VCP-K524A und VCP-S555G, was auf einen Defekt dieser Varianten im ERAD hin deutet. Diese zum cdc48S565G-Stamm sehr ähnlichen Ergebnisse unterstützen den Nutzen des Hefemodells. Die Expression der IBMPFD-auslösenden Variante VCP-R155H hat keinen Einfluss auf die Überlebensfähigkeit der Zellkultur. Allerdings zeigt diese Variante eine, wenn auch zu VCP-K524A und VCP-S555G deutlich weniger ausgeprägte, Defizienz im ERAD. Demnach ist ERAD-Defizienz allein nicht ausreichend zur Einleitung des Zelltodes. Die ERAD-Defizienz von VCP-R155H könnte jedoch schädlich werden und zu apoptotischem Zelltod führen, wenn sich falsch gefaltete Proteine in Alterungsprozessen anreichern. In Zukunft sollte nun anhand der Ergebnisse des cdc48S565G-Hefemodells eine kritische mitochondriale Beteiligung an der Apoptose von Zellen mit dysfunktionalem VCP bzw. ERAD untersucht werden.
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Das Hefe-Zellzyklusprotein 48 (Cdc48p) und dessen hochkonserviertes menschliches Ortholog‚ Valosin-enthaltendes Protein’ (VCP), sind Ubiquitin-kontrollierte AAA-ATPasen (ATPasen assoziiert mit verschiedenen zellulären Aktivitäten). Cdc48p/VCP ist in verschiedenen zellulären Prozessen beteiligt, wie z.B. im ER-assoziierten Proteinabbau (ERAD), bei Membranfusionsprozessen und bei der Zellzykluskontrolle. VCP wurde als Sensor für falschgefaltete Proteine vorgeschlagen, die mit neurodegenerativen Er...
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