Fahrerassistenzsysteme in modernen PKW erfüllen eine Vielzahl an Funktionen, um den Komfort und die Sicherheit der Fahrzeuginsassen und anderer Verkehrsteilnehmer zu erhöhen. Die Anzahl der verfügbaren Systeme wie auch ihre Komplexität ist dabei seit der Einführung von Fahrerassistenzsystemen stetig gewachsen. Dieses Wachstum verursacht eine Erhöhung des Aufwands der Bestimmung der Beherrschbarkeit der Fahrerassistenzsysteme. Expertenbewertungen sind eine der möglichen Methoden, um dieser Entwicklung entgegenzutreten. Sie können ressourceneffizient eingesetzt werden und sind nicht auf einzelne Systeme beschränkt. Andererseits wurde diese Methode noch nicht im Bereich Beherrschbarkeit von Fahrerassistenzsystemen validiert.
Die Beherrschbarkeit einer kritischen Fahrsituation kann nicht direkt gemessen werden. Sie kann in Probandenversuchen im Realverkehr, auf der Teststrecke oder im Simulator experimentell geschätzt werden. Da realistische Beherrschbarkeitswahrscheinlichkeiten jedoch um oder über 90% liegen, ist eine experimentelle Schätzung für eine große Anzahl an Szenarien unter realistischen Umständen ausgeschlossen. Ohne eine ausreichend große Anzahl gesicherte Zielwerte lassen sich jedoch Expertenurteile nicht validieren. Deswegen wurde in dieser Dissertation die Schätzung der Kritikalität von Fahrsituationen in den Vordergrund gerückt. Diese ist dafür geeignet, eine Vorauswahl relevanter Szenarien zu treffen und so Aufwände für experimentelle Beherrschbarkeitsnachweise auf die kritischsten Szenarien zu konzentrieren.
Um diesen Zusammenhang zu untersuchen, wurden Minimalanforderungen an mögliche Experten definiert und aufgrund dieser 21 Personen rekrutiert, deren angenommene Expertise anschließend untersucht wurde. Das Urteilsverhalten dieser Experten bezüglich der subjektiven Kritikalität wurde über vier Simulatorstudien in 30 Szenarien mit den Urteilen naiver Probanden verglichen. Dieser Datensatz erlaubt es, statistische Zusammenhänge zwischen den Urteilen der beiden Gruppen herzustellen. So konnten konkrete Grenzwerte ermittelt werden, die eine Schätzung der Ober- und Untergrenzen der Urteile naiver Probanden alleine aufgrund der Expertenurteile erlauben. Diese Daten können dafür eingesetzt werden, Expertenstudien durchzuführen, um die kritischsten Szenarien eines Fahrerassistenzsystems zu identifizieren und eine Abschätzung der Kritikalität der Szenarien zu erhalten.
Weiterhin konnten einige Eigenschaften der hier untersuchten Expertenstichprobe ermittelt werden. Die Retest-Reliabilität der Urteile der Experten wurde bestimmt und trotz Rekrutierung der Experten durch Minimalanforderungen bei einem mittelgroßen Wert gefunden. Die Fähigkeit der Experten zur Schätzung des Streuintervalls der Probandenurteile wurde untersucht und in einem Bereich identifiziert, der auch in anderen Expertenstudien aus der Literatur berichtet worden ist. Es konnte gezeigt werden, dass die Experten im gleichen Maße wie naive Probanden von Gewöhnungseffekten durch wiederholte Bewertung identischer Szenarien betroffen sind und dass die Streuung der Urteile der Experten nicht geringer als bei naiven Probanden ist. Diese Erkenntnisse können in das Design von Expertenstudien einfließen und so Fehlentscheidungen vermeiden.
Anhand des Datensatzes wurde gezeigt, dass die Urteile der Experten über verschiedene Szenarien nicht miteinander korreliert sind. Das Urteilsverhalten der betrachteten Experten wurde anhand statistischer Kennwerte quantifiziert. Damit konnten die Experten anhand objektiver Daten verglichen werden und signifikante Unterschiede zwischen ihnen identifiziert werden.
Mit dieser Dissertation wurde erstmalig die Expertenbewertung im Bereich Beherrschbarkeit von Fahrerassistenzsystemen untersucht und Randbedingungen für die Anwendung identifiziert. Für die Bewertung der Kritikalität von Fahrsituationen wurden anhand einer Stichprobe konkrete Grenzwerte ermittelt. Weiterhin wurden verschiedene Eigenschaften der Expertenbewertung ermittelt, die das Design von Expertenstudien unterstützen können. Damit wurde ein Beitrag zur Entwicklung zukünftiger Fahrerassistenzsysteme geleistet.
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Fahrerassistenzsysteme in modernen PKW erfüllen eine Vielzahl an Funktionen, um den Komfort und die Sicherheit der Fahrzeuginsassen und anderer Verkehrsteilnehmer zu erhöhen. Die Anzahl der verfügbaren Systeme wie auch ihre Komplexität ist dabei seit der Einführung von Fahrerassistenzsystemen stetig gewachsen. Dieses Wachstum verursacht eine Erhöhung des Aufwands der Bestimmung der Beherrschbarkeit der Fahrerassistenzsysteme. Expertenbewertungen sind eine der möglichen Methoden, um dieser Entwic...
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