Kinasen spielen eine wichtige Rolle in zellulären Signalübertragungswegen. Da sie in der Krankheitsentstehung von z.B. Krebs und Entzündung involviert sind, sind sie ein wichtiges Ziel von Medikamenten. Niedermolekulare Kinasehemmer, wie Imatinib oder Erlotinib, finden zunehmend mehr Anwendung in diesen Krankheiten. Weltweit werden über 250 dieser Moleküle in klinischen Versuchen getestet, über 30 davon sind für die Therapie zugelassen. Die Molekülstruktur ähnelt ATP, weswegen sie Kinasen in ihrer ATP-Bindetasche binden und die Signalübertragung von einer Phosphatgruppe auf ein Substrat blockieren. Die Struktur der ATP-Bindetasche ist innerhalb der Kinase-Familie konserviert, weshalb ein Molekül oft mehrere Zielproteine binden kann. Die daraus resultierende Polypharmakologie hat Vor- und Nachteile. Zum einen ermöglicht es die Anwendung des gleichen Medikamentes in einem anderen Krankheitsbild, zum anderen kann es zu Nebenwirkungen führen. Auch Schlussfolgerungen bezüglich der Wirkweise eines Moleküls oder eines Phänotyps nach gezielter Behandlung werden von der Selektivität der verwendeted Substanz beeinflusst. Um molekulare Ursachen zu erklären, ist eine genaue Kenntnis der Zielproteine eines Medikamentes nötig.
Mithilfe von Kinobeads und Massenspektrometrie wurden 242 niedermolekulare, klinische Kinaseinhibitoren dosisabhängig evaluiert. Kinobeads binden ebenfalls die ATP-Tasche von Kinasen, was in Kombination mit freien Inhibitormolekülen zu einer dosisabhängigen Abnahme von Zielproteinen führt. Damit kann die Wechselwirkung zwischen jedem Molekül und anderen Proteinen untersucht werden, sowie die effektive Konzentration bei halb-maximaler Inhibition (EC50) und die Bindungskonstante für jedes Protein bestimmt werden. Es gibt viele unselektive Inhibitoren aber auch selektive Substanzen, welche gute Kandidaten für chemische Sonden darstellen. Zwischen Inhibitoren die vor allem die ‚DFG-in‘ Konformation der Kinase binden (Typ 1) und solcher, die die ‚DFG-out‘ Konformation blockieren (Typ 2) konnte kein signifikanter Unterschied bezüglich ihrer Selektivität beobachtet werden. Allosterische Typ 3 Inhibitoren jedoch konnten als sehr selektive MAP2K1 und MAP2K2 Inhibitoren bestätigt werden. Irreversible EGFR Inhibitoren waren nicht zwingend selektiver als reversible; einige reversible Inhibitoren binden nur EGFR, während hingegen die Affinität der irreversiblen für EGFR oftmals gegenüber andere Kinasen überwiegt.
Einige Moleküle zeigten zusätzliche Inhibition von NTRK1 und wurden daher in Hinsicht auf eine mögliche Wachstumsinhibition von NTRK1 abhängigen Darmkrebszellen näher untersucht. Des weiteren wird auf eine mögliche Indikation von Cabozantinib in FLT3-ITD mutierter, akuter myeloider Leukämie hingewiesen. Eine weitere Entdeckung dieser Arbeit war, dass 12% aller Kinaseinhibitoren an Ferrochelatase, ein Protein ohne Nukleotidbindungstasche, binden können. Die Protoporphyrinbindungstasche wurde als mögliche Bindestelle für einige dieser Inhibitoren identifiziert. Eine Hemmung von Ferrochelatase führt zu erhöhter Photosensitivität, die auch als Nebenwirkung in Patienten, zum Beispiel bei Gabe von Vemurafenib, detektiert wurde.
Zusammenfassend evaluiert diese Arbeit das Targetspektrum klinischer Kinaseinhibitoren und dient als eine Grundlage für neue Fragestellungen. Zudem kann diese Studie auch dazu beitragen, den molekularen Wirkmechanismus sowie Ursachen für Nebenwirkungen zu verstehen. Desweiteren können auf Basis dieser Arbeit neue Konzepte für die Repositionierung von Inhibitoren als auch für das Design neuer Moleküle generiert werden. Diese Informationen können nun sowohl in der Grundlagenforschung und Inhibitorentwicklung aber auch in der Medizin verwendet werden.
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Kinasen spielen eine wichtige Rolle in zellulären Signalübertragungswegen. Da sie in der Krankheitsentstehung von z.B. Krebs und Entzündung involviert sind, sind sie ein wichtiges Ziel von Medikamenten. Niedermolekulare Kinasehemmer, wie Imatinib oder Erlotinib, finden zunehmend mehr Anwendung in diesen Krankheiten. Weltweit werden über 250 dieser Moleküle in klinischen Versuchen getestet, über 30 davon sind für die Therapie zugelassen. Die Molekülstruktur ähnelt ATP, weswegen sie Kinasen in ihr...
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