Die anaeroben Abbauwege polyzyklischer aromatischer Kohlenwasserstoffe (PAKs) sind bisher weitestgehend unerforscht geblieben. Aufgrund des langsamen Wachstums und geringer Biomassebildung existieren nur wenige Kulturen, anhand derer die Abbauwege aufgeklärt werden können. Des Weiteren sind deutliche Unterschiede der am Abbau beteiligten bekannten Gene zwischen verschiedenen Spezies aufgedeckt worden, was überdies die Aufklärung durch Sequenzierungsdaten verhindert.
Der einzig bislang untersuchte anaerobe Abbauweg eines PAKs ist der von Naphthalin, eines Aromaten mit zwei Ringen und einem Molekulargewicht von 128 g/mol. Für diesen Abbauweg wurden die initialisierende Carboxylierung, die Reduktion der aromatischen Strukturen sowie die letztendliche Ringöffnung bereits beschrieben.
Der naheliegend folgende Schritt betrifft die Untersuchung der Abbauwege für Schadstoffe mit höherem Molekulargewicht auf Gemeinsamkeiten und Unterschiede. Das Augenmerk dieser Arbeit liegt hierbei auf dem Schadstoff Phenanthren, einem aus drei aromatischen Ringen aufgebauter Kohlenwasserstoff mit einem Molekulargewicht von 178,23 g/mol. Aufgrund der Ähnlichkeiten in der aromatischen Ringstruktur ist diesbezüglich mit Parallelen zum anaeroben Naphthalinabbau zu rechnen.
Auf der Suche nach Spezialisten des Phenanthrenabbaus wurden Bakterien aus einem natürlichen Teersee in der Karibik isoliert und unter anoxischen Bedingungen angereichert. Diese Anreicherungskultur wächst auf Phenanthren als einziger Kohlenstoff- und Energiequelle und unter sulfatreduzierenden Bedingungen. Anhand dieser Kultur konnten weitere – über die initialisierende Carboxylierung hinausgehender Schritte – des anaerobe Kohlenwasserstoffabbaus für Phenanthren untersucht werden. Dabei wurde mittels einer Metabolitenanalyse die Carboxylierung in der C2-Position bestimmt. Die anschließende Ligase-Reaktion konnte in einem Enzym-Assay nachgewiesen werden, wobei nur 2-Phenanthroesäure zu 2-Phenanthroyl-CoA umgesetzt wurde, was die Bestimmung der C2-Position ebenfalls bestätigt. Bis dahin verläuft der Abbau, parallel zum Naphthalin-Abbau, auch hier an der C2-Position. Die weitergehenden Schritte des Abbauprozesses konnte mit Enzym-Assays bislang nicht beschrieben werden. Metabolitenuntersuchungen ergaben jedoch erste Indizien für eine sukzessive Reduktion, ebenfalls vergleichbar mit dem Abbau des Naphthalins (Eberlein, Estelmann, et al. 2013; Eberlein, Johannes, et al. 2013).
Mittels Durchflusszytometrie nach einer FISH-Analyse konnte eine Bakterienspezies, in Übereinstimmung mit 60% der Sequenzdaten, als das in der untersuchten Kultur vorherrschenden Bakterium bestimmt werden. Diesem Bakterium wird auch kausal der Phenanthren-Abbau zugeschrieben. Das Bakterium gehört zur Familie der Desulfobacteraceae und zeigte einen mit 93% hohe Verwandtschaftsgrad zu dem bekannten sulfatreduzierendem Naphthalin-Abbauer NaphS2, was auf ähnliche Gen-Cluster oder vergleichbare Abbaumechanismen schließen lässt.
Auf der Suche nach Leben in dem natürlich entstehenden Asphalt fanden Meckenstock et al. (2014) außerdem kleine Wassertröpfchen im Teer, in denen wiederum lebende Bakterien entdeckt wurden. Durch weitere Isolierung und Sequenzierung, vor allem mittels Einzelzellanalyse, erwartete man neue Einsichten in eine gerichtete Evolution innerhalb der Tröpfchen, da diese als individuelle Ökosysteme fungieren. Zusammen mit den DNA-Sequenzen, die direkt aus dem Teer isoliert wurden, ergab sich ein Überblick über die Diversität innerhalb des Asphaltsees: Die Bakterien zeigten im Vergleich mit den Tröpfchen eine deutlich höhere Artenvielfalt. Dies lässt auf besser spezialisierte Bakterien in den Tröpfchen sowie auf eine breitere Verteilung von Bakterien im Teer schließen, die sich darin schneller und flexibler an sich ändernde Bedingungen anpassen können.
Im Vergleich zu anderen Öl-Proben ergab sich jedoch nur eine sehr geringe Diversität im Teer; und etwa 30% der Bakterien konnten keiner Art zugewiesen werden. In Proben marinen Ursprungs liegt dieser Anteil bei etwa 10%. Mit über 50% Anteil war Tepidiphilus sp. das dominierende Bakterium in den Wassertröpfchen. Es gehört zur Familie der Hydrogenophilaceae innerhalb der β-Proteobakterien. Tepidiphilus sp. ist in der Lage, organische Säuren als einzige Kohlenstoffquelle unter nitrifizierenden Bedingungen abzubauen. Damit ist es ein plausibler Kandidat, um perfekt angepasst innerhalb des „Ökosystems Wassertropfen“ zu existieren. Eine weitere Charakterisierung dieses Bakteriums ist bislang nicht erfolgt.
Mit dieser Arbeit konnten Fortschritte in der Aufklärung des anaeroben Phenanthrenabbaus beschrieben werden, die weitere Rückschlüsse auf generelle Abbauwege von hochmolekularen polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen ermöglichen. Zudem wurden die Diversitäten von Bakterien, die in einem extremen Habitat wie dem Teersee überleben können, durch verschiedene Sequenzierungs- und Auswertungsmethoden differenzierter beleuchtet, um einen tieferen Einblick in das „Leben im Öl“ zu ermöglichen.
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Die anaeroben Abbauwege polyzyklischer aromatischer Kohlenwasserstoffe (PAKs) sind bisher weitestgehend unerforscht geblieben. Aufgrund des langsamen Wachstums und geringer Biomassebildung existieren nur wenige Kulturen, anhand derer die Abbauwege aufgeklärt werden können. Des Weiteren sind deutliche Unterschiede der am Abbau beteiligten bekannten Gene zwischen verschiedenen Spezies aufgedeckt worden, was überdies die Aufklärung durch Sequenzierungsdaten verhindert.
Der einzig bislang untersuch...
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