Eines der zentralen Themen der mikrobiellen Ökologie ist die Erfassung von Strukturen komplexer, mikrobieller Lebensgemeinschaften sowie das Verständnis ihrer Funktionsweisen. Um diese Fragestellung sinnvoll bearbeiten zu können, bedarf es neuer, molekularer Nachweissysteme, mit denen in einem Versuchsschritt zahlreiche Mikroorganismen innerhalb des untersuchten Systems phylogenetisch identifiziert und deren Funktionen geklärt werden können. Die vorliegende Arbeit zeigt u.a. die Entwicklung, Evaluierung und Anwendung eines neuartigen molekularen Werkzeugs für derartige Struktur-Funktions-Analysen, des sog. Isotope Arrays. Die Methode beruht auf der Kombination der hoch parallelen Identifizierung von Mikroorganismen mittels der Mikroarray-Technologie, und dem spezifischen Nachweis der Inkorporationsaktivität von Isotop-markierten Substraten in Nukleinsäuren von Organismen, welche auf dem Mikroarray identifizierter werden. Als Modellorganismen dienten hierfür die Ammoniak oxidierenden Bakterien (AOB), welche weltweit in natürlichen sowie anthropogenen Lebensräumen vorkommen und eine wesentliche Rolle im globalen Stickstoffkreislauf spielen. Da alle Vertreter dieser Bakteriengruppe in der Lage sind, autotroph zu leben, und somit in ihrem aktiven Zustand durch Zugabe von radioaktiven CO2 markiert werden können, eignen sie sich besonders für die Austestung des Isotope-Array-Ansatzes. Um die Realisierbarkeit dieser Methodik zu überprüfen („proof of principle“), wurde zunächst ein Prototyp des Isotope Arrays mit einer geringen Anzahl an bereits publizierten und gegen die 16S rRNS von AOB gerichteten Oligonukleotidsonden konstruiert. Im ersten Schritt wurde die rRNS von einer Nitrosomonas-eutropha-Reinkultur, welche mit 14C-markiertem Bikarbonat inkubiert wurde, auf dem Mikroarray hybridisiert. Das Signalmuster für Fluoreszenz bzw. Radioaktivität zeigte sowohl Präsenz als auch Assimilationsaktivität von N. eutropha an. Im Kontrollversuch mit rRNS von N. eutropha, welche zusätzlich zu 14C-Bikarbonat mit dem spezifischen Nitrifikationshemmstoff Allylthioharnstoff inkubiert wurde, blieben die radioaktiven AOB-Sondensignale aus. Nachdem es gelang, den spezifischen Einbau von 14C-Bikarbonat in rRNS von N. eutropha auf dem Isotope Array eindeutig zu zeigen, wurden Versuche mit nitrifizierenden Belebtschlämmen zweier Kläranlagen durchgeführt. Zunächst wurde die Populationstruktur beider Belebtschlämme mit quantitativer FISH- sowie vergleichender amoA-Gensequenzanalyse untersucht. Ferner wurde über einen Zeitraum von 26 h die 14CO2-Assimilationsaktivität der Nitrifikanten in beiden Belebtschlämmen (mit und ohne Zugabe von Allylthioharnstoff) mit Hilfe der Szintillationsmessung überwacht. In beiden aktiven Belebtschlämmen konnte ein kontinuierlicher Radioaktivitätsanstieg in der Biomasse beobachtet werden; kein nennenswerter Radioaktivitätseinbau fand hingegen in die gehemmte Biomasse statt. Zusätzlich wurde die CO2-Assimilation beider Belebtschlämme mit Hilfe der FISH-MAR-Analyse untersucht. Beide aktiven Schlämme zeigten eine eindeutige Akkumulation von Radioaktivität an den Nitrifikantenkolonien, wohingegen nach Inhibition keine vergleichbare Radioaktivitätsanhäufung lokalisiert wurde. Die Resultate der im Anschluss durchgeführten Hybridisierungen auf dem Prototyp des Isotope Arrays mit rRNS beider Belebtschlämme bestätigten die Befunde der Kontrollversuche hinsichtlich Präsenz und Aktivität von AOB in beiden Proben. Um mit dem Isotope Array künftig alle bekannten AOB zu erfassen, wurde im folgenden Schritt ein aus 123 überwiegend neuen, gegen die 16S rRNS gerichteten und AOB-spezifischen Oligonukleotiden bestehender Sondensatz gemäß dem Mehrfachsondenkonzept entworfen, und mit über 30 PCR-amplifizierten sowie in-vitro-transkribierten 16S-rRNS-Genen von AOB-Reinkulturen evaluiert. Trotz der zum Zeitpunkt seiner Evaluierung herrschenden, ungünstigen Umstände, wie hoher Raumtemperatur und Fehlfunktionen des Arrayspotters, konnte prinzipiell die Tauglichkeit des neuen AOB-Mikroarrays bestätigt werden. Als nächstes wurde die Eignung des neuen AOB-Mikroarrays für den Isotope-Array-Ansatz überprüft. Die für den Prototyp des Isotope Arrays bereits verwendete, radioaktiv- und fluoreszenzmarkierte rRNS aus Belebtschlämmen zweier Kläranlagen wurde auf dem neuen Isotope Array hybridisiert. Dabei konnte grundsätzlich festgestellt werden, dass die auf dem Isotope-Array-Prototyp durchgeführten Struktur-Funktions-Analysen der beiden Proben mit dem Isotope Array bestätigt werden konnten. Gleichzeitig muss jedoch erwähnt werden, dass zum einen die Stringenzbedingungen einer weiteren Feinabstimmung bedürfen, und zum anderen, dass, aufgrund von – vermutlich durch Fehlfunktionen des Arrayspotters verursachtem – Signalausfall einzelner Sonden, einige Hybridisierungen mit AOB-Reinkulturen wiederholt werden sollten. Insgesamt betrachtet erwies sich jedoch der Isotope Array als ein effizientes, molekulares Werkzeug für Struktur-Aktivitäts-Analysen von AOB, die in den untersuchten Proben in Häufigkeiten zwischen 5-10% vorkamen. Im weiteren Verlauf dieser Arbeit wurde auch versucht, Unterschiede der Zusammensetzung von AOB-Lebensgemeinschaften in Böden mit unterschiedlicher Düngungspraxis mit Hilfe des AOB-Mikroarrays aufzuzeigen. Da jedoch die Diversitätsunterschiede vor allem unterhalb des Speziesniveaus und damit jenseits der Auflösungsgrenze des AOB-Mikroarrays lagen, wurden AOB-Populationsstudien der beiden Böden mittels der vergleichenden amoA-Gensequenzanalyse durchgeführt. Der Vergleich der AOB-Populationsstruktur des ungedüngten mit dem mit Stallmist gedüngten Boden zeigte, dass die Unterschiede auf niedriger phylogenetischer Ebene, also vermutlich auf Stammesebene lagen, und dass der ungedüngte Boden eine höhere Anzahl an OTU (=operational taxonomic units) AOB als der gedüngte Boden beherbergte. Eine weitere Untersuchung von AOB-Besiedlungsunterschieden mit Mikroskalaauflösung, d.h. unter Berücksichtigung der einzelnen Korngrößenfraktionen, wie Grob- und Feinsand, Schluff und Ton, zeigte hingegen deutlich, dass die AOB-Diversität sowohl im gedüngten als auch im ungedüngten Boden mit abnehmender Partikelgröße zunahm. Die Beobachtung, dass einige OTUs in nahezu allen Fraktionen beider Böden vorkamen, während andere nur auf einen Bodentyp oder wenige Fraktionen beschränkt blieben, deutetet zudem darauf hin, dass die detektierten AOB in zwei Strategentypen, nämlich im Generalisten bzw. Spezialisten unterteilt werden konnten. Die faszinierende Vielfalt AOB in den untersuchten Böden demonstrierte uns einerseits, dass für die Erforschung von so hochkomplexen Lebensgemeinschaften weitere Experimente mit einer höheren Anzahl an Replikaten erforderlich sind, um die gegenwärtigen Befunde abzusichern. Andererseits wurde erneut deutlich, dass die molekulare mikrobielle Ökologie des Bodens eine noch relativ junge Disziplin mit großem Forschungsbedarf und zahlreichen, spannenden und noch zu erörternden Fragestellungen darstellt.
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Eines der zentralen Themen der mikrobiellen Ökologie ist die Erfassung von Strukturen komplexer, mikrobieller Lebensgemeinschaften sowie das Verständnis ihrer Funktionsweisen. Um diese Fragestellung sinnvoll bearbeiten zu können, bedarf es neuer, molekularer Nachweissysteme, mit denen in einem Versuchsschritt zahlreiche Mikroorganismen innerhalb des untersuchten Systems phylogenetisch identifiziert und deren Funktionen geklärt werden können. Die vorliegende Arbeit zeigt u.a. die Entwicklung, Eva...
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