Das psychrotolerante Bakterium Yersinia enterocolitica ist ein Lebensmittelkeim, der bei niedrigen Temperaturen bis 5°C zum Wachstum befähigt ist, während E. coli bereits bei 8°C ein Wachstumsminimum aufweist. Dieses Charakteristikum von Y. enterocolitica ist insofern von großer Bedeutung, als dieser pathogene Keim sich dadurch auch in gekühlten Nahrungsmitteln, in Trinkwasser oder in Blutkonserven vermehren kann. Um die Frage zu beantworten, wie sich das Wachstum von Yersinien bei niedrigen Temperaturen möglicherweise hemmen lässt, ist eine genaue Kenntnis der intrazellulären Vorgänge bei der Kälteadaptation erforderlich. Nach einer plötzlichen Temperaturerniedrigung (Kälteschock) von 30°C auf 10°C wird in Y. enterocolitica effizient ein bicistronisches Gentandem mit den Hauptkälteschockproteinen CspA1 und CspA2 induziert. Zur schnellen Anpassung an diese neuen Umweltbedingungen gehört nun nicht nur die Induktion neuer mRNAs für Stressproteine, sondern auch deren Regulation auf posttranskriptioneller Ebene durch mRNA-Abbau. Nach erfolgter Anpassung an den Kälteschock mit Hilfe der Kälteschockproteine CspA1/A2 muss zwischenzeitlich in großen Mengen synthetisierte mRNA wieder abgebaut werden, da sonst die Ribosomen von diesem Überschuss an mRNA blockiert werden. Im Anschluss an eine Phase der Kälteanpassung akkumulieren eine Reihe von cspA1/cspA2-spezifischen mRNA-Intermediaten, denen die Sequenz AGUAAA am 5´-Ende gemeinsam ist. Diese Konsensussequenz findet sich in den csp-Genen vieler Gram-positiver und Gram-negativer Bakterien. Folgerichtig wurden auch in E. coli entsprechende Spaltprodukte der mRNA des cspB-Genes beobachtet, die zwei AGUAAA-Sequenzen aufweist. In der vorliegenden Arbeit wurde die Rolle der AGUAAA-Sequenz bei der Kälteadaptation von Y. enterocolitica untersucht. Dazu wurde die Konsensussequenz zunächst in ein lacZ-Gen auf einem pBlueScript-Vektor kloniert. Wie erwartet erfolgte ein Abbau dieser chimären mRNA bevorzugt an der eingefügten Schnittstelle AGUAAA. Eine leicht veränderte Schnittsequenz (AGUCCC) zeigte hingegen einen deutlichen Abfall der Schnittintensität. Der Nachweis, dass dieses Spaltung RNase E-abhängig ist, wurde für Konstrukte mit AGUAAA-Motiv durch entsprechende in vivo-Analyse in E. coli-Mutanten gezeigt. In vitro Spaltungsexperimente von Gesamt-RNA und synthetischen Oligoribonucleotiden, die dieses Motiv tragen, in Gegenwart der RNase E und der RNase G lieferte den Beweis, dass der Abbau von cspA1/A2-mRNA durch die RNase E und nicht durch die RNase G erfolgt, und dass die katalytische Domäne der RNase E die AGUAAA Sequenz erkennt. Weiterhin wurden zusätzliche Faktoren analysiert, die ebenfalls zum mRNA-Abbau bei niedrigen Temperaturen beitragen. Während der Kälteschock-Phase wird die Induktion der PNPase beobachtet, die eine wichtige Rolle in der mRNA-Degradation von cspA spielt (Goverde, Huis in't Veld et al. 1998). In dieser Arbeit wurde ein 6253 bp langes DNA-Fragment aus Y. enterocolitica sequenziert, das neben dem pnp-Gen auch das nlp1- und deaD-Gen trägt. Hier wurde gezeigt, dass diese Gene nach einem Kälteschock während der exponentiellen Wachstumsphase induziert werden. Dabei ergab sich, dass die Stabilisierung der nach einem Kälteschock akkumulierten mRNA bei der Synthese der DeaD RNA-Helicase wichtig ist. Durch Northern-Hybridisierung wurde für die Gene pnp, nlp1 und deaD nachgewiesen, dass sie Teil eines polycistronisches, kälteinduzierten Operons sind. Zwei Regionen vor dem pnp-Gen bzw. dem deaD-Gen wurden mittels Primer- Extension und transkriptioneller egfp-Fusionen analysiert. Die Untersuchung dieser 5-Regionen bestätigte bzw. deckte den Transkriptionsstart des pnp-bzw. deaD-Genes auf. Darüberhinaus konnte eine Reihe von DNA-und RNA-Elementen, die charakteristisch sind für kälteinduzierte Gene, gefunden werden; dazu zählen eine 5´-UTR-Region, eine downstream-box sowie eine cold-shock-box. Die Analyse der transkriptionellen egfp-Fusion zeigte, dass das deaD-Gen vom pnp-Promotor und von seinem eigenen Promotor während der Kälteschock synthetisiert wird. Die Aktivität des pnp- und des deaD2-Promotors war bei 30°C niedriger als die Aktivität des lacZ-Promotor, der als Kontrolle diente. Die Aktivität des pnp Promotors bei 30°C und 10°C bleibt konstant. Der deaD2-Promotor offenbar bei 10°C stärker induziert wird als bei 30°C, während die Aktivität des lacZ-Promotor bei 10°C stark reduziert wurde. Die hier vorgestellten Resultate zeigen, dass die Regulation der deaD Genexpression bei niedrigen Temperaturen unter transkriptioneller und posttranskriptioneller Kontrolle steht.
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Das psychrotolerante Bakterium Yersinia enterocolitica ist ein Lebensmittelkeim, der bei niedrigen Temperaturen bis 5°C zum Wachstum befähigt ist, während E. coli bereits bei 8°C ein Wachstumsminimum aufweist. Dieses Charakteristikum von Y. enterocolitica ist insofern von großer Bedeutung, als dieser pathogene Keim sich dadurch auch in gekühlten Nahrungsmitteln, in Trinkwasser oder in Blutkonserven vermehren kann. Um die Frage zu beantworten, wie sich das Wachstum von Yersinien bei niedrigen Te...
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