Es wurden 42 Goldtextilien des frühen Mittelalters aus 32 Gräbern archäologisch-kulturhistorisch und
technologisch-naturwissenschaftlich untersucht. Die bayerischen Fundorte umfassen: Aschheim (St.
Peter und Paul und Keplerstraße), Bruckmühl, Ergolding, Freilassing-Salzburghofen, Gerolfing,
Greding-Großhöbing, Herrsching, Itzling, Kinding, Merching, Moos-Burgstall, München-Giesing,
Neuburg an der Donau, Petting, Polling, Pulling, Steinheim, Straubing, Unterhaching und Wielenbach.
Ein Goldtextil stammt aus dem Frankfurter Dom und drei aus Säben/Südtirol. Die Funde bestehen aus
einem bis zu mehreren Hundert Fragmenten. Sieben Goldtextilien liegen als Blockbergungen vor und
zehn Goldfädenfunde sind für Ausstellungen montiert. Die untersuchten Goldtextilfunde wurden
zwischen 1881 und 2007 geborgen.
Die missverständlichen Begriffe „Brokat“, „golddurchwirktes Textil“ und „Metallgespinnst“ wurden
durch die Definitionen Goldtextil, Goldfaden, Goldstreifen/Goldlahn und Goldborte ersetzt.
Acht Goldtextilien wurden im Kopfbereich, acht im Hals- und Brustbereich, zwei in der Hüftregion,
sechs im Beinbereich und fünf in der Arm- und Handgelenksregion geborgen. 30 Goldtextilien sind
als Borten gearbeitet. 32 Funde bestehen aus gewickelten und zehn aus flach verarbeiteten
Goldstreifen. 17 Funde sind S-gedreht, 13 Z-gedreht und zwei S- und Z-gedreht. Die niedrigste
Windungsdichte weist die Borte aus Freilassing-Salzburghofen Grab 177a mit sechs bis acht
Windungen pro cm auf. Die am dichtesten gewickelten Fäden stammen aus Steinheim mit 26–34
Windungen pro cm. Bei Streifenstärken von nur 4–9 μm und Streifenbreiten von nur 125–320 μm. Die
größten Streifenstärken von 87–93 μm und Breiten von 1750–2700 μm haben die Fäden aus
Herrsching Grab 1. Die feinsten Fäden mit Fadendurchmessern von 90–110 μm finden sich in
Steinheim. Die stärksten Fäden stammen aus Pulling mit Durchmessern von 400–500 μm.
Goldstreifen von 14 Funden sind durch überlappendes Übereinanderlegen der Streifenenden und
gemeinsames Wickeln verbunden. Diejenigen aus Unterhaching sind durch paralleles
Übereinanderlegen der Streifenenden und hämmern im erhitzten Zustand zusammengefügt worden.
Die Oberflächenbeschaffenheit (Poren, Streifen, Riefen und bandförmige Erhöhungen) wurd mit dem
konfokalen Stereomikroskop und dem Rasterelektronenmikroskop (REM) im Vergleich mit eigenen
Referenzproben beurteilt. Streifen auf der Oberfläche sind an 34 Funden vorhanden und wechseln mit
glatten Partien ab. Acht Funde besitzen raue Oberflächen. Bei parallel zum Rand verlaufenden Riefen
handelt es sich um Abdrücke von Schneiden (25 Funde). Einzelne bandförmige Erhöhungen werden
durch Vertiefungen im Werkzeug, der Arbeitsunterlage oder durch den Materialrückstau beim Walzen
hervorgerufen (20 Funde). Fast alle Goldstreifen sind mit Scheren, Gestellscheren und Messer in
drückendem Schneidverfahren zerteilt worden. Die Unterhachinger Goldstreifen wurden durch
ziehendes Schneiden von der Goldfolie getrennt.
Die Korngefüge von 38 archäologischen Goldproben und eigens angefertigten 51 Referenzgoldproben
(27 Schliffe) wurden in Hochglanz polierten und Struktur geätzten Schliffen vergleichend beurteilt
und gestatteten eine Zuordnung zu bestimmten Umformtechniken. Hierzu wurden Bleche geglüht,
mittel bis stark geschmiedet und abschließend nochmal kurz oder lang geglüht. Drähte wurden
sechskant gewalzt, rund gezogen, vierkant schwach bis stark gezogen, dann kurz bis lang geglüht und
abschließend geschmiedet oder gewalzt. Die Beziehungen zwischen Kristallisation und Deformation
des Goldes wurden im direkten Vergleich von Auflicht-Hellfeld-Polarisation, Auflicht-Dunkelfeld und
rasterelektronenmikroskopisch abgeleitet. Der Deformationsgrad der Goldfädengefüge wurde mit
keine Deformation (3), sehr schwach (4), schwach (8), mittelstark (6), stark (12) und sehr stark (5)
deformiert beschrieben. Die Goldstreifen von vier Funden sind aus geschmiedeter Goldfolie
geschnitten. Bei weiteren acht Funden wird diese Folienherstellung vermutet. Andere
Herstellungsverfahren wurden nicht belegt.
Der Nachweis von Einschlüssen der Platingruppenelemente (Platin, Osmium, Iridium, Ruthenium) im
Gold der Fäden von Moos-Burgstall und Petting als auch in einer Referenzprobe natürlichen
Seifengoldes aus Pulling zeigt, dass der Rohstoff Gold eine Mischung verschiedenster
Herkunftsgebiete darstellt. Die in Querschnitten gemessenen generell oberflächennahen
Goldanreicherungen sind herstellungsbedingt oder durch Korrosion beeinflusst. Oberflächenmessungen
mit REM-EDX sind nicht repräsentativ. Mittels Röntgenfluoreszenz-Analyse (RFA)
können aufgrund der hohen Eindringtiefe bis ca. 35 μm und der geringen Probengröße nur
Mischergebnisse aus Kern- und Randzusammensetzung gemessen werden, während die im Rasterelektronenmikroskop mit energiedispersiven Röntgenstrahlen (REM-EDX) im Anschliff
erhaltenen Messwerte die Verteilung der Elemente realistischer wiederspiegeln.
Die Legierungen der Goldfäden variieren mit Goldgehalten von 67,9–97,7 %, Silbergehalten von 1,4–
29,2 % und die Kupferanteilen von 0,9–5,3 %. Die Kupfergehalte beweisen ein künstliches Legieren
aller Fäden. Die Reihenuntersuchung von bis zu 60 RFA-Einzelmessungen belegt, dass einzelne
Goldtextilien aus zwei Fadenchargen unterschiedlicher Legierungen bestehen.
Muster und Einarbeitungstechniken wurden exemplarisch an der Borte aus Aschheim, Grab 7b mit
gewickelten Goldstreifen und an der Borte von Kinding, Grab 80 mit flach verarbeiteten Goldstreifen
rekonstruiert. Visualisierungen von Goldfäden und ihrer Einarbeitungshinweise wurden beispielhaft an
den Blockbergungen Frankfurt, Grab 95 und Kinding, Grab 80 durchgeführt.
Zur Erfassung sämtlicher vorgestellter Informationen wurde ein dreiseitiges Papier zur Dokumentation
zukünftiger Bearbeitungen von Goldtextilien entwickelt.
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Es wurden 42 Goldtextilien des frühen Mittelalters aus 32 Gräbern archäologisch-kulturhistorisch und
technologisch-naturwissenschaftlich untersucht. Die bayerischen Fundorte umfassen: Aschheim (St.
Peter und Paul und Keplerstraße), Bruckmühl, Ergolding, Freilassing-Salzburghofen, Gerolfing,
Greding-Großhöbing, Herrsching, Itzling, Kinding, Merching, Moos-Burgstall, München-Giesing,
Neuburg an der Donau, Petting, Polling, Pulling, Steinheim, Straubing, Unterhaching und Wielenbach.
Ein Goldte...
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