Auf die Eingangsfrage der Sektion gibt es zwei Antworten, eine kurze und eine lange. Die kurze Antwort ist ein eindeutiges Nein! Die lange Antwort ist komplizierter, besonders da, wo sie das jüngere Bauerbe betrifft.
Im baudenkmalpflegerischen Umgang mit der Architektur des letzten Jahrhunderts besteht eine Tendenz zur „Wiederherstellung“ des scheinbar gesicherten, beabsichtigten ursprünglichen Zustands. Jedenfalls der Form nach. Denn oft handelt es sich nur um eine nachträgliche Herstellung der in umfangreich archivierten Planunterlagen, Skizzen, Modellen und Fotografien nachweisbaren Entwurfsidee. Müssen aber Bauten der Moderne auf ewig jung sein und daher immer wieder aufs Neue gebaut werden, während ihre älteren Vorgänger sich in der Zeit wandeln können dürfen?
Schon der Schweizer Architekt und Denkmalpfleger Albert Naef betonte zu Beginn des letzten Jahrhunderts: „Tous les relevés sont faux.“ Planunterlagen, Entwurfspläne besonders, stimmen bekanntlich mit der tatsächlichen baulichen Ausführung oft wenig überein. Diese kritische Haltung gegenüber den Entwurfsmitteln der Architekten sollte Linus Birchler zur Jahrhundertmitte zu einem der Grundsätze der schweizerischen Baudenkmalpflege erklären – und gleichzeitig das Mittel der Fotoretusche zur Gewinnung der scheinbar „originalen“ Form propagieren. Der Widerspruch lässt sich auflösen, ging es der Denkmalpflege der Jahrhundertmitte doch um die objektiv richtige, historisch legitimierte Form des Bildes des Denkmals. Die Authentizität, die durch solches Vorgehen geschaffen wurde, beruhte nicht auf Beglaubigung oder Wahrheitsnähe, sondern auf Nicht-Intervention durch den schöpferischen Gestalter und auf dem architekturhistorisch geschulten Blick des Kenners.
Gegenüber dieser Praxis vorgeblicher Kennerschaft entwickelten sich seit den 1970er Jahren die Methoden der Bauuntersuchung der historischen Bauforschung und Konservierung-Restaurierung in der Baudenkmalpflege. Sie erlaubten erst eine Auseinandersetzung und Diskussion der Vielschichtigkeit des gewordenen historischen Dokuments, das nicht zuletzt deshalb wert ist, erhalten zu werden, weil es immer wieder auch neu gelesen werden kann. Deshalb steht die Form des Denkmals auch nicht vorher fest. Für die Hinterlassenschaften des schnelllebigen letzten Jahrhunderts aber müssen wir diese Abkehr von den allzu bekannten und wirkmächtigen Bildern erst noch etablieren, sollen sie nicht in einer „geschlossenen Gesellschaft“ der ewig Modernen verharren.
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Auf die Eingangsfrage der Sektion gibt es zwei Antworten, eine kurze und eine lange. Die kurze Antwort ist ein eindeutiges Nein! Die lange Antwort ist komplizierter, besonders da, wo sie das jüngere Bauerbe betrifft.
Im baudenkmalpflegerischen Umgang mit der Architektur des letzten Jahrhunderts besteht eine Tendenz zur „Wiederherstellung“ des scheinbar gesicherten, beabsichtigten ursprünglichen Zustands. Jedenfalls der Form nach. Denn oft handelt es sich nur um eine nachträgliche Herstellung...
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