Der gegenwärtige Klimawandel ist eine der größten Herausforderungen unserer Zeit. Deshalb ist die Betrachtung von Nachhaltigkeitsthemen höchst relevant, auch in der Immobilienwirtschaft.
Dafür sind unter anderem Bewertungskriterien zur Einschätzung der Nachhaltigkeit einer Immobi-lie notwendig. Demzufolge hat diese Arbeit die Forschungsfrage, inwieweit die Verbrauchsenergie und die Graue Energie als Kriterien für die umweltbezogene Nachhaltigkeit einer Immobilie ver-wendet werden kann, untersucht.
Zunächst wurde dargestellt, dass umweltbezogene Nachhaltigkeit in der Immobilienwirtschaft im Kontext des ESG-Rahmenwerks steht. Dieser stammt ursprünglich aus der Finanzwirtschaft und ist heute in der Forschung und Wirtschaft sektorenübergreifend allgemein anerkannt zur Be-schreibung der Nachhaltigkeitsdimensionen der umweltbezogenen Nachhaltigkeit (Environment), sozialen Verantwortung (Social) und guten Unternehmensführung (Governance). Derzeit steht aber vorrangig die Dimension der umweltbezogenen Nachhaltigkeit im Fokus.
Als nächstes wurden die grundsätzlichen Anforderungen an Kriterien diskutiert. Dabei wurde die aus den Wirtschaftswissenschaften stammende SMART-Methode für die Entwicklung von Ziel-setzungen weiterentwickelt. Diese besagt, dass Zielsetzungen die allgemeinen Charakteristika Specific, Measurable, Assignable, Relevant und Time-related aufweisen müssen. Es wurde auf-gezeigt, dass sich diese Anforderungen auf die Immobilienwirtschaft übertragen lassen.
Danach wurde beschrieben, dass die Verbrauchsenergie den Primärenergiebedarf in der Nut-zungsphase eines Gebäudes für die Beheizung, Warmwasserversorgung, Lüftung, Kühlung und Beleuchtung darstellt. Dabei wurde mit dem Phänomen der Energy Performance Gap aufgezeigt, dass der tatsächliche Energieverbrauch von dem berechneten Energiebedarf aufgrund des Nut-zerverhaltens merklich abweichen kann.
Nachfolgend wurde diskutiert, dass die Graue Energie als Aspekt der umweltbezogenen Nachhal-tigkeit in Regelwerken aufgeführt, jedoch bisher noch nicht in der relevanten akademischen Lite-ratur ausreichend definiert wird. Eine Annäherung bietet die Begriffsdefinition gemäß des Schwei-zer Ingenieur- und Architektenvereins. Demnach ist die Graue Energie der kumulierte Aufwand an nicht erneuerbarer Primärenergie im Bereich der Erstellung, also der Herstellungs- und Entsor-gungsphase unter Berücksichtigung der Instandsetzung.
Anhand einer Case Study wurde für ein exemplarisches Bürogebäude die Verbrauchsenergie und die Graue Energie berechnet und jeweils analysiert sowie verknüpft betrachtet. Das Beispielobjekt ist ein Neubau in Massivbauweise mit einer Brutto-Grundfläche von 14.075 m². Herauszustellen ist die Gebäudegeometrie mit einem großzügigen Innenhof.
Die Berechnungen zeigen auf, dass der größte Teil des Primärenergiebedarfs mit 81,7 % für den Bezug von Strom aus dem allgemeinen Stromnetz benötigt werden. Daher sind die technischen Gewerke mit einem hohen Bedarf an elektrischer Energie, also Beleuchtung, Lüftung und Warm-wasser, als Treiber der Primärenergie zu sehen. Zudem ist der Energiebedarf der elektrischen Nutzeranwendungen gemäß der überschläglichen Abschätzung als relevante Komponente des Energieverbrauchs in der Nutzungsphase des Beispielobjekts zusehen.
Die Berechnung der Grauen Energie ergibt für einen Betrachtungszeitraum von 50 Jahren einen Betrag von 62.828.162 MJ. Die Instandsetzungsmaßnahmen sind mit einem Anteil von 27,8 % eine relevante Komponente der Grauen Energie. Als Treiber der Grauen Energie konnten die Fassade inklusive des Dachs, aufgrund der Gebäudegeometrie, mit einem Anteil von 33,4 % und der Rohbau aus Stahlbeton mit einem Anteil von 30,9 % identifiziert werden.
Die Verknüpfung der Verbrauchsenergie mit der Grauen Energie zeigt, dass der Anteil der Grauen Energie am Gesamtenergiebedarf 23,2 % beträgt.
Durch eine zusätzliche Betrachtung der Emissionen konnte ermittelt werden, dass auf den Ener-gieträger Strom 94,5 % der Verbrauchsemissionen und auf den Rohbau 47,5 % der Grauen Emissionen aufgrund der emissionsintensiven Stahlbetonbauteile zurückzuführen sind.
Im Hinblick auf die Forschungsfrage bedeutet dies, dass die Verbrauchsenergie und die Graue Energie insoweit ein geeignetes Kriterium für die umweltbezogene Nachhaltigkeit einer Immobilie ist, dass alle Anforderungen an ein ausreichend spezifisches, adäquat messbares, allgemein zu-gängliches und hinlänglich relevantes Kriterium erfüllt sind. Dies wurde anhand der SMART-Methode belegt.
Des Weiteren ist die Verbrauchsenergie und die Graue Energie insoweit geeignet, dass beide eine relevante Komponente des Energiebedarfs eines Gebäudes darstellen. Die Graue Energie als einzelne Komponente kann jedoch nur eine Aussage über die Bauteile des Gebäudes treffen, die Verbrauchsenergie lediglich zum Energiebedarf während der Nutzungsphase. Nur durch eine Verknüpfung der beiden Komponenten kann eine Aussage zur umweltbezogenen Energie des gesamten Gebäudes getroffen werden. Dies wurde exemplarisch und anhand eines praktischen Beispiels in der Case Study belegt.
Die Verbrauchsenergie und Graue Energie sind insoweit geeignet, dass beide den umweltbezoge-nen Aspekt des Ressourcenverbrauchs betrachten. Wird jedoch als Untersuchungsgegenstand die umweltbezogene Qualität im Sinne der Klimawirksamkeit betrachtet, so sollten auch die resul-tierenden Emissionen in die Betrachtung einbezogen werden. Deshalb sollte auf Basis der Ver-brauchsenergie und Grauen Emissionen die resultierenden Verbrauchsemissionen und Grauen Emissionen ermittelt werden, um eine bestmögliche Aussage über die tatsächliche umweltbezo-gene Nachhaltigkeit einer Immobilie treffen zu können.
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Der gegenwärtige Klimawandel ist eine der größten Herausforderungen unserer Zeit. Deshalb ist die Betrachtung von Nachhaltigkeitsthemen höchst relevant, auch in der Immobilienwirtschaft.
Dafür sind unter anderem Bewertungskriterien zur Einschätzung der Nachhaltigkeit einer Immobi-lie notwendig. Demzufolge hat diese Arbeit die Forschungsfrage, inwieweit die Verbrauchsenergie und die Graue Energie als Kriterien für die umweltbezogene Nachhaltigkeit einer Immobilie ver-wendet werden kann, untersuc...
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