Im Rahmen dieser Arbeit wurden insgesamt neun durch ClosTron-basierte Mutagenese erhaltene Insertionsmutanten von C. acetobutylicum ATCC 824 einer umfangreichen Charakterisierung unterzogen. Für alle im Batch-Fermentationsmaßstab und/oder in kontinuierlicher Kultur fermentierten Stämme erfolgte eine globale Analyse des Transkriptoms unter Verwendung der DNA-Microarray-Technologie.
Für eine Analyse des Acetat- und Aceton-Stoffwechsels wurden Stämme mit einer inaktivierten Phosphotransacetylase (Pta), einer deletierten Acetoacetat-Decarboxylase (Adc) sowie eine Zweifachmutante mit Defekt in beiden genannten Enzyme (Adc/Pta) verwendet. Dabei konnte einerseits die Acetoacetyl-CoA:Acyl-CoA-Transferase- (CtfAB) und Adc-abhängige Reassimilation von Acetat nachgewiesen werden und andererseits, dass die Wiederaufnahme von Butyrat in C. acetobutylicum ATCC 824 nicht mit der Acetonproduktion verbunden ist. Die Auswirkungen eines Defekts im Butyrat-Stoffwechsel wurden unter Verwendung des Phosphotransbutyrylase (Ptb)-negativen Stamms C. acetobutylicum ptb::int(87) analysiert. Besonders bemerkenswert waren die deutliche Butanolproduktion während des acidogenen Wachstums bei pH 5,7 sowie der Nachweis, dass C. acetobutylicum ungeachtet einer Ptb-Inaktivierung in der Lage ist extern zugeführtes Butyrat wieder aufzunehmen. Die Reassimilation von Butyrat erfolgt in C. acetobutylicum unabhängig vom ptb-Gen.
Obgleich durch Inaktivierung der 3-Hydroxybutyryl-CoA Dehydrogenase (Hbd) der komplette C4-Stoffwechselweg des Gärungsstoffwechsels ausgeschalten wird, ist eine entsprechende Insertionsmutante lebensfähig. In einem Phosphat-limitierten Chemostaten konnten für C. acetobutylicum hbd::int(69) sowohl während dem acidogenen (pH 5,7) als auch dem solventogenen (pH 4,5) Wachstum Acetat und Ethanol als die dominierenden Fermentationsprodukte bestimmt werden. Dabei waren für die hbd-Integrante bis zu ~137 mM Ethanol nachweisbar, eine im Vergleich zum Wildtyp etwa 17-fach höhere Konzentration.
DNA-Microarray Analysen zu den Defekt-Mutanten im Säure- und Aceton-Stoffwechsel sprechen gegen eine Rolle der AdhE2 bei der Alkoholproduktion. Die Expression des adhE2-Gens (CAP0035) wird möglicherweise nicht allein durch den Redoxsensor Rex (CAC2713) reguliert. Für C. acetobutylicum adhE2::int(696) konnte auf Basis kontinuierlicher Kultivierungen ein gegenüber dem Referenzstamm ATCC 824 signifikant erhöhtes Transkriptlevel vor allem für solche Gene nachgewiesen werden, die mit dem Sulfattransport und der stufenweisen -reduktion zu Cystein und Methionin im Zusammenhang stehen. Insbesondere der Cluster CAC0102-0110 scheint eine entscheidende Funktion im Netzwerk der an der Bildung von organischen Schwefelmetaboliten sowie am Transport von Eisen und Sulfat beteiligten Gene zu spielen, denen wiederum, vermutlich eine zentrale Bedeutung für den intrazellulären Redoxstatus zugeschrieben werden kann.
Weiterhin erfolgte die physiologische Charakterisierung von zwei Pyruvat oxidierenden Enzymen in C. acetobutylicum ATCC 824. Dabei konnte nachgewiesen werden, dass durch die Pyruvat-Formiat-Lyase (Pfl) synthetisiertes Formiat als Überträger von Formylgruppen während der Bildung der Purinnukleotide fungiert und das Enzym somit eine Rolle im Anabolismus einnimmt. Für C. acetobutylicum pflB::int(1335) offenbarten Transkriptionsanalysen, dass die Abwesenheit einer funktionsfähigen Pfl mit einer erhöhten Expression von Genen einhergeht, die in die Aufrechterhaltung des Redoxgleichgewichts, die Riboflavinbiosynthese, in den Eisenmetabolismus und die oxidative Stressantwort involviert sind. Somit bestehen unabhängig davon, ob die Pyruvat-Formiat-Lyase in einem Organismus eine anabole oder katabole Funktion einnimmt, grundlegende Gemeinsamkeiten im Aktivierungsprozess. Die Funktion der Pyruvat-Decarboxylase (Pdc) in C. acetobutylicum ATCC 824 besteht möglicherweise darin, während des metabolischen „shifts“ von der Acidogenese zur Solventogenese den Kohlenstofffluss von Pyruvat durch die Pyruvat:Ferredoxin-Oxidoreduktase (Pfor) verringern und somit eine Reduzierung der Hydrogenase (HydA)-Aktivität zu gewährleisten. Die erzielten Ergebnisse lassen den Schluss zu, dass die Pdc in C. acetobutylicum nicht für die Ethanolbildung verantwortlich ist.
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