Entzündungsprozesse sind von wesentlicher Bedeutung für die Pathophysiologie neurodegenerativer Erkrankungen. „Synaptic-pruning“ wurde als eine Autoimmunreaktion identifiziert, welche zum Abbau von Synapsen im Gehirn führt. C1q, das Initiatorprotein des Komplementsystems, ist ein wichtiges Molekül in diesem Prozess. C1q ist dafür bekannt, dass es die Gehirnentwicklung reguliert, indem es dysfunktionale Synapsen aussortiert. Studien legen jedoch nahe, dass diese Funktion im Alter reaktiviert wird und so zur Neurodegeneration beiträgt.
Inzwischen gibt es eine wachsende Zahl histologischer Darstellungen von cerebralem C1q, welche mit einer Vielzahl von Immunfluoreszenztechniken erstellt wurden. Eine Literaturübersicht ergab jedoch eine große Vielfalt und widersprüchliche Ergebnisse hinsichtlich der Verteilung von C1q im Gehirn. Aus diesem Grund haben wir ein „free-floating“ Färbeprotokoll entwickelt, das uns ermöglicht, alle bisherigen Ergebnisse in einer Färbung zu reproduzieren und zu kombinieren. Wir konnten eine Verteilung der C1q Expression über das gesamte Gehirn nachweisen. C1q Ablagerungen fanden sich sowohl auf neuronalen als auch auf nicht-neuronalen Zellen. Außerdem beschrieben wir erstmals lineare, verzweigte C1q Signale im Bereich zwischen dem Gyrus dentatus und der CA1-Region des Hippocampus. Aufgrund ihres morphologischen Erscheinungsbildes und ihrer Lokalisation sehen wir diese Signale als C1q-dendritenähnliche („dendritic-like“) Strukturen an.
In einem zweiten Schritt haben wir die C1q Expression quantifiziert. Die bisherige Literatur hat gezeigt, dass das Alter zu einem starken Anstieg der C1q Expression führt. Wir untersuchten, ob dieser Stimulus einheitlich im Hippocampus zu finden ist oder ob regionale Unterschiede auftreten. Da bekannt ist, dass C1q neurodegenerative Prozesse fördert, haben wir unsere Untersuchungen auf ein Tiermodell der Alzheimer-Krankheit ausgeweitet. Wir konnten nicht nur bestätigen, dass das Alter einen starken Stimulus für die C1q Expression darstellt, sondern auch, dass dieser Effekt regional unterschiedlich ausgeprägt ist. Innerhalb des Hippocampus fand sich ein größerer Anstieg im Gyrus dentatus im direkten Vergleich zur CA1 Region. Darüber hinaus konnten wir einen zweiseitigen Effekt der Alzheimer-Pathologie auf die zerebralen C1q Spiegel feststellen. Einerseits wurde der Effekt des Alters in unserem transgenen Mausmodell verstärkt, andererseits trat ein vom Alter unabhängiger Effekt auf. In einem frühen Stadium von 15 Monaten zeigten transgene Alzheimer Tiere eher niedrigere C1q Konzentrationen. Mit zunehmendem Alter kehrte sich dies jedoch ins Gegenteil um, so dass im Alter von 20 Monaten ein signifikanter Anstieg festgestellt werden konnte.
Innerhalb der Anästhetika hat Xenon aufgrund seiner geringen Teratogenität und Toxizität den Ruf eines nahezu idealen Betäubungsmittels. Immer mehr Studien weisen ferner darauf hin, dass Xenon in der Lage ist, neurodegenerative Prozesse wie die Alzheimer-Krankheit günstig zu beeinflussen. Auch wenn Xenon protektiv auf neuronale Zellen wirkt, ist noch unklar, ob Xenon entzündliche synaptische „pruning“-Mechanismen beeinflusst. Um diese Fragestellung zu untersuchen, haben wir eine moderne Methode für in-vitro-Studien entwickelt. Unser Ansatz mittels lebender Hirnschnitte eröffnet die Möglichkeit pharmakologischer Applikationen. Wir konnten zeigen, dass eine kurzzeitige Inkubation mit Xenon oder Isofluran keine akuten Auswirkungen auf den C1q Spiegel im Gehirn hat.
Zusammenfassend unterstreichen unsere Studien die Bedeutung von C1q für Alterungs- und neurodegenerative Prozesse. Außerdem bietet unser Modell die Möglichkeit, die Auswirkungen pharmakologischer Interventionen zu untersuchen.
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Entzündungsprozesse sind von wesentlicher Bedeutung für die Pathophysiologie neurodegenerativer Erkrankungen. „Synaptic-pruning“ wurde als eine Autoimmunreaktion identifiziert, welche zum Abbau von Synapsen im Gehirn führt. C1q, das Initiatorprotein des Komplementsystems, ist ein wichtiges Molekül in diesem Prozess. C1q ist dafür bekannt, dass es die Gehirnentwicklung reguliert, indem es dysfunktionale Synapsen aussortiert. Studien legen jedoch nahe, dass diese Funktion im Alter reaktiviert wird...
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