Die Stadt der Zukunft wird unter anderem mit zwei Fragen von globaler Bedeutung konfrontiert sein: Lichtkonsum und Nahrungsmittelversorgung. Diese zwei Themen scheinen auf den ersten Blick nicht miteinander verknüpft zu sein. Doch sie haben etwas gemeinsam: das Bevölkerungswachstum und die Urbanisierung. Weil erwartet wird, dass Bevölkerungswachstum und Urbanisierung rapide zunehmen werden, ist es auch naheliegend anzunehmen, dass sich die Konflikte und Probleme, die mit Lichtkonsum und Nahrungsmittelversorgung zusammenhängen, in der Zukunft verschärfen werden. Lichtinszenierte Fassaden stellen einen Teil des Lichtkonsums dar und werden zunehmend zum stadträumlichen Begleiter des urbanen Lebens. Trends wie Stadtmarketing mit Licht und Ästhetisierung mit Licht sind unter anderem Treiber dieser Entwicklung.
Der Ausgangspunkt der Arbeit war, Strategien für den Umgang mit dem Phänomen der lichtinszenierten Fassade zu entwickeln. Dafür war einen interdisziplinären Ansatz und eine breite Einbeziehung von Daten aus den Bereichen Architektur, Lichttechnik, Wahrnehmung, Makroökonomie und Soziologie notwendig.
Im ersten Kapitel dieser Arbeit wurden die Zusammenhänge zwischen Urbanisierung und Verwendung von Licht erläutert. Es wurde untersucht, ob und warum die lichtinszenierten Fassaden in den Kontext der modernen Urbanität gehören und einen zeitgemäßen Ausdruck ästhetischer Bedürfnisse darstellen. Dabei wurden einerseits die Entwicklung des Lichtkonsums und seine Antreiber und andererseits die stadtraumrelevanten, gesellschaftlichen und sozioökonomischen Implikationen analysiert, die die Verbreitung des Phänomens der lichtinszenierten Fassade beeinflussen. Daraus leitete sich die Antwort der ersten Forschungsfrage ab, dass die Anzahl von lichtinszenierten außenraumwirksamen Fassadenanwendungen in urbanen Räumen steigen wird. Diese These korrelieret mit den Themen Urbanisierung und Bevölkerungswachstum, die im dritten Kapitel untersucht wurden: die Erwartungen für eine rapide Entwicklung des Urbanisierungsprozesses und die Konzentration von Bevölkerung und Wirtschaftskraft in Großstädten würden bedeuten, dass außenraumwirksame Lichtinstallationen in Großstädten zunehmen werden.
Im ersten Kapitel wurden Satellitenbilder von nächtlich beleuchteten urbanen Gebieten vorgestellt, die von Forschern als Bemessungsmethode vom wirtschaftlichen Wachstum betrachtet werden. Parallel zu der positiven Indikation von Licht als Zeichen des Wohlstands wird in diesem Teil der Arbeit gleichzeitig auf die Gefahren der Lichtverschmutzung aufmerksam gemacht. Im zweiten Kapitel wird darauf eingegangen, wie Szenarien aussehen können, die zu Reduzierung von Lichtemissionen und Energieverbrauch führen können. Zunächst wurden relevante Lichtlösungen und ihre Integrationsmöglichkeiten in der Gebäudefassade analysiert, um Schlussfolgerungen für die Auswirkungen auf planerische Entscheidungen abzuleiten und eine differenzierte Aussage über Handlungsstrategien treffen zu können. Es wurde anhand vier eigener Studien untersucht, wie sich Phänomene des Alltags und lokaler Gegebenheiten auf die Nutzung einer Lichtanlage auswirken können und ob Kombinationsmöglichkeiten von Nutzerszenarien und Steuerungsmöglichkeiten bestehen, die die Nachhaltigkeit und die Ökobilanz einer Lichtanlage steigern können. Die analysierten Szenarien wurden mit Hilfe diagrammatischer Techniken erarbeitet und visualisiert dargestellt. Darüber hinaus wurde aus diesem Teil der Arbeit die Erkenntnis gewonnen, dass sich der Wert einer lichtinszenierten Fassade bisher in einer Bandbreite zwischen Ästhetik und werbebasiertem Kommerz bewegt. Ein ertragsbezogener Mehrwert, der über Ästhetik hinausgeht, ist eine wichtige Messgröße aus Sicht des Investors, definiert sich aber aktuell nur durch den Wert der Eigen- oder Fremdwerbung.
Solange im zweiten Kapitel der Arbeit Schnittstellen zwischen relevanten Faktoren und Nutzern untersucht wurden, um Wege für eine Reduktion der Helligkeit im Außenraum und dem Energieverbrauch der Lichtlösung zu finden, geht die Arbeit in dem dritten Kapitel einem anderen Weg nach. Aus der Erkenntnis des ersten Kapitels, dass Effizienz der Lichtquelle nicht zwingend zum geringeren Energieverbrauch führt, sondern oft einen Rebound-Effekt herbeiführt wird in diesem Teil der Arbeit ein anderer Ansatz vorgeschlagen, nämlich die außenraumwirksame Fassadengestaltung mit künstlichem Licht in einer neuen Nutzung einzubinden: Wachstumsbeleuchtung für Pflanzen für eine ganzjährige Ernte von essbaren Pflanzen, im speziellen frisches Gemüse. Damit werden die Nachteile zweier Urbanisierungseffekte zusammengeführt – Helligkeit von Großstädten und Versorgung der wachsenden Metropolen mit frischen Lebensmitteln, um daraus einen Vorteil für die Umwelt zu erschaffen: dezentrale Lebensmittelproduktion für die stetig wachsende Erdbevölkerung und Entlastung von Ackerbauflächen. Dadurch wird ein neuer Ansatz verfolgt, dass der ertragsbezogene Mehrwert einer lichtinszenierten Fassade durch Erträge aus gebäudegebundener Landwirtschaft, anstatt aus Werbung erfolgen kann.
Sowohl für Menschen als auch für Pflanzen ist Licht eine Informationsquelle, allerdings mit unterschiedlicher Wirkung. Bei Menschen hat es eine emotionale und physiologisch-biologische Wirkung, bei Pflanzen ist es eine Energiequelle, die etliche Entwicklungs- und Wachstumsprozesse steuert.
Um zu erkunden, welche Schnittstellen zwischen Lichtinszenierung und künstlicher Beleuchtung für Wachstumsförderung und Wachstumsoptimierung von Pflanzen bestehen, wurden anhand einer selektiven Auswahl von Quellen die lichtinduzierten Reaktionen der Pflanze sowie die Auswirkung von wachstumsoptimierendem künstlichen Licht untersucht, um darauf aufbauend eine eigene Argumentation für die Kriterien der darauffolgenden Modellstudien zu entwickeln. Durch die anschließenden experimentellen Modellstudien wurde evaluiert und diskutiert, welche Synergien und Konflikte entstehen können, wenn die Nutzung von künstlichem Licht zu ästhetischen Zwecken mit dem Anbau von Nutzpflanzen, ganz speziell für Salatanbau, kombiniert wird.
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Die Stadt der Zukunft wird unter anderem mit zwei Fragen von globaler Bedeutung konfrontiert sein: Lichtkonsum und Nahrungsmittelversorgung. Diese zwei Themen scheinen auf den ersten Blick nicht miteinander verknüpft zu sein. Doch sie haben etwas gemeinsam: das Bevölkerungswachstum und die Urbanisierung. Weil erwartet wird, dass Bevölkerungswachstum und Urbanisierung rapide zunehmen werden, ist es auch naheliegend anzunehmen, dass sich die Konflikte und Probleme, die mit Lichtkonsum und Nahrungs...
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