Die Rolle des Calcium-Signals für Gliazellen bei der Verarbeitung sensorischer Informationen im Maus Kortex in vivo
Übersetzter Titel:
Role of glial calcium signaling for sensory information processing in mouse cortex in vivo
Autor:
Förster, Rita
Jahr:
2020
Dokumenttyp:
Dissertation
Fakultät/School:
Fakultät für Medizin
Betreuer:
Konnerth, Arthur (Prof. Dr.)
Gutachter:
Konnerth, Arthur (Prof. Dr.); Schemann, Michael (Prof. Dr.)
Sprache:
de
Fachgebiet:
MED Medizin
Kurzfassung:
Astrozyten stellen hinsichtlich ihrer Morphologie und Funktionsweisen eine heterogene Population dar und sind sehr zahlreich im gesamten Zentralnervensystem verbreitet. Lange Zeit wurde der Astrozyten nur eine Nebenrolle innerhalb des zentralen Nervensystems zugeschrieben. In den letzten 20 Jahren wurde bekannt, dass Astrozten mehr sind, als passive Stützzellen und unter anderem an synaptischer Übertragung und der Plastizität von neuronalen Schaltkreisen beteiligt sind. Neueste Studien weisen darauf hin, dass Astrozyten darüber hinaus eine Rolle in der Gedächtnisbildung spielen können.
Im Rahmen der vorliegenden Arbeit sollte der Einfluss von Astrozyten auf die Gedächtnisbildung mittels Zwei-Photonen Mikroskopie erstmals auf Einzelzellebene in vivo untersucht und die beteiligten zellbiologischen Mechanismen detailliert charakterisiert werden.
Dazu galt es im ersten Teil der Arbeit die Rahmenbedingungen für die Messung von astrozytären Ca2+-Ausschüttung, welche zur Aktivierung und Signalübertragung in Astrozyten von zentraler Bedeutung ist, festzulegen, um daraufhin die Methodik der weiteren Untersuchungen zu etablierten. Zunächst wurden die Antworteigenschaften und Ausbreitung von sensorisch-evozierten Ca2+-Transienten von kortikalen Astrozyten, unter Berücksichtigung einer schwachen Anästhesietiefe mittels einer hochauflösenden CCD-Kamera, unter Verwendung eines Ca2+-spezifischen fluoreszierenden Marker untersucht. Ein geringer elektrischer Reiz, gesetzt an der Hinterpfote der Maus, diente als sensorischer Stimulus der zu intrazellulärer Ca2+-Ausschüttung in Astrozyten führte. Darüber hinaus wurde eine großflächige, kortikale Ausbreitung des astrozytären Ca2+-Signals beobachtet.
Für die Analyse von Neuron-Glialen Kreisläufen im Bereich Lernen und Gedächtnisbildung wurde ein assoziatives Lernparadigma, wie die klassische Konditionierung, herangezogen. Im Einzelnen wurden in 1-2 Monate alten, anästhesierten Mäusen Astrozyten mit dem Ca2+-spezifischen Marker Fluo-8 AM angefärbt und unter der Verwendung eines Zwei-Photonen-Mikroskops im auditorischen Kortex der Schicht 1 und 2/3 auf Einzelzellebene analysiert. Mittels dieser innovativen Methodik konnte zum ersten Mal eine persistente Gedächtnisspur in einem Neuron-Glialen Kreislauf im auditorischen Kortex der Maus identifiziert werden. Weiterhin wurde gezeigt, dass Astrozyten im auditorischen Kortex von cholinergen Axonen des basalen Vorderhirns aktiviert werden können, was einen neuen Mechanismus in der Neuron-Glialen Interaktion darstellt. Das Antwortverhalten von Astrozyten konnte im Verlauf des mehrmaligen Abrufes des konditionierten Stimulus im Tier wieder gelöscht werden. Die gewonnen Erkenntnisse zeigen, dass Astrozyten nicht nur an der dynamischen Regulierung neuronaler Reaktionen beteiligt sind, sondern auch eine Schlüsselrolle bei der Langzeitspeicherung von Informationen im Gehirn spielen können.
Übersetzte Kurzfassung:
In respect of their morphology and functions, astrocytes are a heterogeneous population and can be found in high quantities throughout the central nervous system. For a long time, these glial cells were only credited with a secondary role in the central nervous system. In the last 20 years, however, it has been discovered that glial cells are more than just passive supporting cells and, among other functions, are involved in synaptic transmission and the plasticity of neuronal circuits. Recent studies indicate that astrocytes may also play a role in memory formation.
In this work, the aim was to examine the influence of astrocytes on memory formation using two-photon microscopy in vivo at the single-cell level for the first time and to characterise the cytological mechanisms involved in detail.
To this end, the first part of the project was to determine the framework conditions for the measurement of the release of Ca2+ in astrocytes, which is of central importance for activation and signalling in astrocytes, in order to establish the methodology for subsequent investigations. The response properties and distribution of Ca2+ transients of cortical astrocytes evoked by sensory stimulation were investigated allowing for a low depth of anaesthesia with a high-resolution CCD-camera and using a Ca2+-specific fluorescent marker. A small electrical stimulus, administered to the hind paw of the mouse, served as the sensory stimulus for intracellular Ca2+ release in astrocytes and distribution in the cortex.
An associative learning paradigm in the manner of classic conditioning was used to analyse neuron-glia circuits in relation to learning and memory formation. Specifically, in anaesthetised mice aged 1-2 months old, astrocytes were coloured with the Ca2+-specific marker Fluo-8 AM and analysed using a two-photon microscope in the auditory cortex at layer 1 and 2/3 at the single-cell level. This innovative method made it possible, for the first time, to identify a persistent memory trace in a neuron-glia circuit in the auditory cortex of the mouse. Furthermore, it was shown that astrocytes in the auditory cortex of cholinergic axons in the basal forebrain can be activated, which represents a new mechanism in neuron-glia interaction. It was also possible to erase the response behaviour of astrocytes through repeated recall of the conditioned stimulus in the animal. The insights gained show that astrocytes are not only involved in the dynamic regulation of neuronal reactions but can also play a key role in the long-term storage of information in the brain.