In der vorliegenden Arbeit wurde eine neue Methode zur Risikostratifizierung nach Myokardinfarkt basierend auf der Dynamik der Herzfrequenz beschrieben. Der Theorie der Symbolischen Dynamik folgend wurde das relative Auftreten von sich kontinuierlich verlängernden Episoden zweier RR-Intervalle gezählt und untersucht, ob sich dieses zur Identifizierung von gefährdeten Patienten eignet. Aus den signifikanten Deleceration Runs (DRs) wurde ein Modell zur Risikostratifizierung entwickelt.
Hierfür wurden 1455 Daten von 24h-LZ-EKGs von Patienten nach Myokardinfarkt (MI) verwendet und weitere 946, um das Modell zu validieren.
Es fiel auf, dass mit zunehmender Kettenlänge die Häufigkeit der Episoden abnehmen, Kettenlängen von 5 oder mehr fortlaufenden Verlängerungen der RR-Intervalle traten nicht jeden Patienten auf.
Alle DRs waren signifikant mit der Mortalität assoziiert und konnten als Risikoparameter genutzt werden (AUC-Werte > 0,5).
In den darauf berechneten ROC-Kurven zeigte sich, dass die relative Anzahl von R2-10 invers mit der Gesamtmortalität assoziiert ist.
Univariat zeigten sich eine geringe Anzahl an DR2-10 bei Verstorbenen.
Mit dem Modell zur Risikostratifizierung, basierend auf den multivariat signifikanten Variablen DR4, DR8 und DR2 der Entwicklungsgruppe, ließen sich Gruppen mit niedrigem, mittlerem und hohem Risiko identifizieren.
Auffällig war, dass Patienten mit hohem Risiko allein durch eine verminderte Anzahl an DR4
charakterisiert sind.
Nach Anwendung des CART-Modells war die 2-Jahres-Sterberate bezogen auf die Gesamtmortalität in diesen Gruppen 1,8%, 6,1% und 24% in der Entwicklungsgruppe und 1,8%, 4,1% und 21,9% in der Validierungsgruppe. Es zeigte sich somit eine klare Trennung zwischen Hoch-, Mittel- und Niedrigrisiko, sowohl in der Entwicklungs-, als auch in der Validierungsgruppe.
Im Hinblick auf die sekundäre Endpunkte kardiale Mortalität und plötzlicher Herztod konnte mit Hilfe des CART-Modells nur in der Validierungsgruppe eine signifikante Trennung zwischen Hoch- und Niedrigrisikopatienten (17,2%, 1,0% bei kardialer Mortalität, 9,4%, 0,8% beim plötzlichen Herztod) errechnet werden, jedoch ähnlich den Sterberaten dieser im Entwicklungskollektiv (17,3% für die Hochrisiko-, 0,8% für die Niedrigrisikogruppe bei kardialer Mortalität, 6,7% für die Hochrisiko-, 0,3% für die Niedrigrisikogruppe beim plötzlichen Herztod).
Sowohl in der Entwicklungs- als auch in der Validierungsgruppe war das CART-Modell in seiner Aussage auf die Gesamtmortalität signifikant unabhängig gegenüber den etablierten Standardparameter Alter ≥ 65 Jahre, LVEF ≤ 35%, SDNN ≤ 70 ms, früherer Herzinfarkt und Diabetes mellitus. Zudem zeigte die Hochrisikogruppe des CART-Modells im Vergleich zu den Standardparametern das höchste relative Risiko sowohl für die 2-Jahres-Gesamtmortalität als auch für die sekundären Endpunkte kardiale Mortalität und plötzlicher Herztod.
Wegen der geringen Anzahl an Ereignissen bei den sekundären Endpunkten können die Ergebnisse jedoch nur als Trends gewertet werden.
Die Arbeit zeigte somit, dass die Berechnung von DRs eine andere bedeutungsvolle Facette der Risikoprädiktion nach einem überlebten Herzinfarkt ist, die auf Langzeit-Dynamiken der Herzfrequenz basiert. Das Ergebnis dieser Arbeit zeigte, dass die Fähigkeit, die Herzfrequenz über fortlaufende Zyklen zu verlangsamen, einen starken prognostischen Wert bei Überlebenden nach MI hat.
In weiteren Studien sollte untersucht werden, inwieweit das Modell zur Risikostratifizierung oder die DRs an sich bei anderen Pathologien wie Herzinsuffizienz oder kardiale autonome Neuropathie durch Diabetes prognostisches Potential haben. Zudem ist noch unklar, ob und inwieweit sich die pharmakologische und interventionelle Therapie der Patienten auf die prognostische Aussagekraft des neuen Parameter auswirken.
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