Die Aortenklappe ist die am häufigsten erkrankte Herzklappe, ihr Ersatz durch eine biologische oder mechanische Prothese ist ein häufig durchgeführter Eingriff. Auch die Rekonstruktion der Aortenklappe hat einen festen Platz unter den Behandlungsmöglichkeiten. Bei biologischem Aortenklappenersatz (AKE) und Aortenklappenrekonstruktion (AKR) kann, anders als bei mechanischem AKE, auf eine dauerhafte Antikoagulation verzichtet werden und ein Klappengeräusch ist nicht vorhanden. Allerdings haben biologische Aortenklappen eine begrenzte Haltbarkeit. Die AKR kann fast ausschließlich bei Aortenklappeninsuffizienz durchgeführt werden. Für diese Methode fehlen Langzeitergebnisse, zudem kann die rekonstruierte Klappe erneut insuffizient werden. Wir formulierten die Hypothese, dass Patienten nach AKR weniger besorgt über ein Fortschreiten der Klappen bzw. Herzerkrankung sind, als Patienten nach biologischem oder mechanischem AKE.
Primäres Ziel dieser Studie war es, diese operativen Methoden von Aortenklappenvitien hinsichtlich der postoperativen Lebensqualität und weiteren psychischen Variablen wie Angst und Krankheitsverarbeitung zu vergleichen. Wir untersuchten 65 Patienten mit biologischem AKE, 56 Patienten mit mechanischem AKE, sowie 56 Patienten mit AKR. Die gesundheitsbezogene Lebensqualität wurde mittels des Short-Form 36 (SF 36) untersucht. Des Weiteren verwendeten wir den Progredienzangstfragebogen (PAF). Dieser wurde entwickelt, um Angst und Bedenken vor der Progredienz einer Erkrankung zu messen. Die herzbezogene Angst wurde mit dem Herzangstfragebogen (HAF) ermittelt, welcher das Konstrukt der Herzangst erfasst. Um die Auswirkung einer gerinnungshemmenden Therapie auf die Lebensqualität bei Patienten mit mechanischem AKE zu messen, verwendeten wir antikoagulations spezifische Fragen, modifiziert aus dem Boston Area Anticoagulation Trial. 47 Fragebögen der angeschrieben Patienten mit einem mechanischem AKE (Rücklauf: 82,5%), 59 der angeschriebenen Patienten mit einem biologischen AKE (Rücklauf: 91%) und 45 angeschriebenen Patienten mit einer AKR (Rücklauf: 80%) waren auswertbar. Für den SF36 ergaben sich bei den untersuchten Skalen keine signifikanten Unterschiede. Auch bei der Auswertung des HAF fanden wir keine Unterschiede. Für die Subskalen „Vermeidung und Aufmerksamkeit“ zeigten sich im zwei-Gruppenvergleich zwischen Patienten nach biologischem oder mechanischem AKE tendenziell bessere Werte für Patienten nach biologischen AKE. Im Summenwert des PAF zeigten die Patienten mit biologischem AKE signifikant bessere Werte als Patienten nach mechanischem AKE; dies zeigte sich auch in den Subskalen „Partnerschaft und Familie“. Tendenziell zeigten auch Patienten nach AKR im Vergleich zu denen nach mechanischem AKE bessere Werte. Ein Großteil der antikoagulierten Patienten (46%) empfindet die nötige tägliche Einnahme als lästig, 44% machen sich über mögliche Nebenwirkungen Sorgen.
Diese Studie zeigt, dass im Vergleich zu Patienten nach biologischem AKE oder AKR Patienten mit mechanischem AKE signifikant mehr Zukunftsängste aufweisen. Patienten nach mechanischem AKE zeigen tendenziell ein höheres Maß an Vermeidungsverhalten und herzbezogene Aufmerksamkeit. Die Analyse der Subskala „Vermeidung“ des HAF zeigt, dass Patienten nach mechanischer AKE besonders Situationen meiden, die zu einem Anstieg der Herzfrequenz führen. Wir führten dies auf die Tatsache zurück, dass in diesen Situationen das Klick-Geräusch der Klappe schneller und lauter wird. Im PAF zeigte sich, dass Patienten nach mechanischem AKE signifikant mehr Zukunftsängste in Bezug auf Ihre Partnerschaft und ihre Sexualität haben. Auch dies führen wir auf Schlussgeräusche der Klappe zurück. Ein weiterer Grund, der Patienten mit mechanischer Klappe dazu zwingt, sich kontinuierlich mit ihrer mechanischen Klappe auseinanderzusetzen, ist die lebenslange Antikoagulation.
Diese Ergebnisse zeigen, dass Faktoren, welche Patienten kontinuierlich an ihre künstliche Herzklappe erinnern, wie die lebenslange tägliche Antikoagulation und das Klappengeräusch, das Wohlbefinden stärker beeinflussen, als die Gefahr einer nötigen Reoperation bei einer degenerierten biologischen AKE oder Reinsuffizienz einer AKR. Da sich die Werte zwischen Patienten nach biologischem AKE und AKR nicht unterscheiden, schlussfolgern wir, dass in Bezug auf die Lebensqualität, der Einsatz von biologischen Klappen auch bei jüngeren Patienten, die für eine Rekonstruktion nicht geeignet sind, eine gute und gerechtfertigte Option darstellt. Vor allem das Risiko einer Blutung oder einer thrombembolischen Komplikation, bedingt durch eine insuffiziente oder zu starke Gerinnungshemmung, stellen ein ernstzunehmendes Problem bei Patienten dar, die einen mechanischen Klappenersatz erhalten haben.
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Die Aortenklappe ist die am häufigsten erkrankte Herzklappe, ihr Ersatz durch eine biologische oder mechanische Prothese ist ein häufig durchgeführter Eingriff. Auch die Rekonstruktion der Aortenklappe hat einen festen Platz unter den Behandlungsmöglichkeiten. Bei biologischem Aortenklappenersatz (AKE) und Aortenklappenrekonstruktion (AKR) kann, anders als bei mechanischem AKE, auf eine dauerhafte Antikoagulation verzichtet werden und ein Klappengeräusch ist nicht vorhanden. Allerdings haben bio...
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