Offenställe entstanden in den USA bereits in den zwanziger Jahren. In Europa wurden sie erst nach 1945 eingeführt, um neben gesundheitlichen Verbesserungen für die Rinder niedrigere Baukosten und höhere Arbeitsleistungen zu erzielen. Allerdings konnten sie sich nur in den wärmeren Klimaten durchsetzen.
Die Offenstallhaltung von Milchkühen ist in der BRD selten anzutreffen. Auch das Stallsystem "Tretmist" war bislang der Bullenmast und Jungviehaufzucht vorbehalten. Eine Kombination aus beiden Haltungsformen war die Ausgangsbasis für die vorliegende Arbeit.
Der Offenfronttretmiststall für Milchkühe ist bislang kaum erforscht. Deshalb wurden in einem Praxisbetrieb Verhaltensbeobachtungen an einer 25-köpfigen Milchviehherde angestellt. Dabei wurde das Ziel verfolgt, einerseits grundlegende Daten zu diesem Haltungssystem zu erheben. Andererseits erfolgte die Untersuchung im Anschluß an eine Diplomarbeit über einen geschlossenen Tretmiststall. Die dort eingesetzte Methodik sollte überprüft werden. Aus dem anschließenden Vergleich der Ergebnisse beider Arbeiten, war der Einfluß des Offenfrontstalles auf das Tierverhalten zu quantifizieren. Schließlich galt es, im Vergleich mit dem Wissen aus der Literatur Verbesserungsvorschläge für den Offenfronttretmiststall zu erarbeiten.
Mittels Videokamera wurden die Aktivitäten der Milchviehherde über 24 Stunden kontinuierlich aufgezeichnet. Es wurde die ganze Herde nahezu im gesamten Stallbereich für Milchvieh erfaßt, um die Methodik der oben erwähnten Arbeit im geschlossenen Stall prüfen zu können, und weitere Erfahrungen zum Einsatz der flexiblen Videotechnik in der Tierbeobachtung zu gewinnen.
Die Aufzeichnungen wurden kontinuierlich nach den beiden Kriterien "Funktionsbereich im Stall" und "Funktionskreis des Verhaltens" ausgewertet. Dazu mußten vorweg die Abgrenzungen der einzelnen Stallbereiche genau festgelegt und die erfaßten Verhaltensweisen exakt definiert werden.
Für die Funktionsbereiche ergaben sich 6 mögliche Aufenthaltsorte der Tiere: oberer Liegebereich, unterer Liegebereich, Mistgang, Freßgitter, Tränken und Laufhof.
Folgende Verhaltensweisen wurden erfaßt: Liegen, Stehen, Gehen, Fressen (bzw. Stehen am Freßgitter), Trinken (bzw. Stehen an der Tränke) und Verdrängungen.
Die wichtigsten Ergebnisse der vorliegenden Untersuchung werden im folgenden zusammenfassend dargestellt.
Die Videotechnik erwies sich im Versuch als gut geeignet für die Beobachtung einer Herde Milchkühe unter wechselnden Lichtverhältnissen. Allerdings mußte wegen der begrenzten Auflösung des Objektivs auf eine Einzeltierbeobachtung verzichtet werden, um den gesamten Stall beobachten zu können.
Mit Hilfe der kontinuierlichen Registrierung der Verhaltensabläufe war es möglich, den gesamten Tagesablauf exakt festzuhalten. Aus der Fülle der Informationen erwuchs eine große Anzahl an Daten und ein hoher Aufwand für die Auswertung. Hier sind weitere Untersuchungen anzustellen, mit dem Ziel die Datengewinnung und -verarbeitung zu automatisieren.
Die Methodik der Diplomarbeit über den geschlossenen Tretmiststall konnte im wesentlichen bestätigt werden. Nur die Eingrenzung des Beobachtungsfeldes auf einen Stallteil wurde als problematisch bewertet
Aus dem Vergleich des Offenfronttretmiststalles mit einem geschlossenen Tretmiststall ergab sich eine unterschiedliche Nutzung der unstrukturierten Liegeflächen. Während die Tiere im geschlossenen Zweiflächenstall die eingestreute Fläche gleichermaßen für Liegen und Stehen bzw. Gehen nutzten, verlagerten die Tiere im Offenfrontstall den Großteil der Lokomotion in den angrenzenden Laufhof. Im Liegebereich war in diesem Stall deswegen mehr Ruhe zu verzeichnen.
Im Offenfronttretmiststall lagen die Kühe 430 Minuten am Tag in 7,4 Perioden. Diese Werte sind für Laufställe im untersten Bereich anzusiedeln. Sie lehnen sich eher an das Geschehen auf der Weide an. Allerdings sind sowohl in Offenställen als auch in Haltungssystemen mit Laufhof allgemein geringere Liegezeiten zu verzeichnen. Für das Liegen bevorzugten die Tiere eindeutig den oberen, trockenen Teil der Liegefläche.
227 Minuten benötigten die Tiere im Stall zur Lokomotion. Unter Berücksichtigung des Laufhofs errechnen sich insgesamt 35 Prozent des Tages für diesen Funktionskreis des Verhaltens. Dieses Ergebnis liegt im oberen Bereich der Literaturdaten für Laufställe, für einen Stall mit Auslauf hingegen im Normalbereich.
Die Lokomotion im Stall verteilte sich gleichmäßig auf Mistgang und Liegefläche. Die reine Fortbewegung jedoch, erfolgte hauptsächlich im Mistgang (92,5 Prozent des Gehens), während die Tiere auf der Liegefläche mit 63,2 Prozent der Gesamtstehzeit mehr standen.
Für das Ernährungsverhalten konnten die in der Literatur beschriebenen Erkenntnisse bestätigt werden. Die Tiere verbrachten 370 Minuten am Freßgitter und 14 Minuten an den Tränken. Allerdings war hier die Anzahl der Verdrängungen sehr hoch: 47 von 69 Freßvorgängen und 1,4 von 6,4 Trinkphasen wurden unfreiwillig beendet. Dies läßt sich aus der fehlenden Fixierung der Kühe während des Fressens und der ungünstigen Lage der einen Tränke erklären.
Während an den Versorgungseinrichtungen (Freßgitter, Tränken) und im Laufbereich zahlreiche Verdrängungen beobachtet werden konnten, bleiben die Aggressionen im Liegebereich unter den von ZEEB maximal geduldeten 10 Prozent der Bewegungen. Damit wird die Liegefläche ihrer Aufgabe als Ruhebereich gerecht. Im Freßbereich sind Verbesserungen vorzunehmen.
Trotz der außenklima-ähnlichen Verhältnisse im Offenfrontstall suchten die Rinder den Laufhof durchschnittlich 16 mal auf. Insgesamt hielten sie sich 279 Minuten im Freien auf, was darauf schließen läßt, daß sie ein natürliches Bedürfnis an Sonnenstrahlung haben.
In der Gesamtbeurteilung erwies sich das Konzept des Offenfronttretmiststalles als tiergerechtes und kostengünstiges Stallkonzept. Es verbleiben aber noch einige Fragen in weiterführenden Arbeiten zu klären, wie die Zuordnung der einzelnen Funktionskreise zueinander, Faktoren die das Funktionieren des Systems "Tretmist" beeinflussen und die Auswirkungen des Klimas im Offenfrontstall auf das Wohlbefinden der Tiere. Insbesondere der Einzeltierbeobachtung sollte dabei besondere Aufmerksamkeit geschenkt werden.
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Offenställe entstanden in den USA bereits in den zwanziger Jahren. In Europa wurden sie erst nach 1945 eingeführt, um neben gesundheitlichen Verbesserungen für die Rinder niedrigere Baukosten und höhere Arbeitsleistungen zu erzielen. Allerdings konnten sie sich nur in den wärmeren Klimaten durchsetzen.
Die Offenstallhaltung von Milchkühen ist in der BRD selten anzutreffen. Auch das Stallsystem "Tretmist" war bislang der Bullenmast und Jungviehaufzucht vorbehalten. Eine Kombination aus beiden Ha...
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