Seit den ersten Berichten der Firma Mobil zu strukturell geordneten mesoporösen Silica-Materialien aus dem Jahre 1991 hat sich das Studium dieser neuen Stoffklasse als facettenreicher Forschungszweig der modernen Materialwissenschaft etabliert. Unterschiedliche Porentopologien sowie die in weiten Grenzen variierbaren Parameter wie spezifische Oberfläche, Porenvolumen und Porendurchmesser implizieren eine vielfältige Oberflächen- bzw. Intraporenchemie. Die eingeschränkte hydrothermale Stabilität dieser semikristallinen Materialien verhindert bislang ihren Einsatz in industriellen Anwendungen (vgl. etablierte Heterogen-Katalyse mit Zeolithen). Die vorliegende Dissertation befasst sich in diesem Zusammenhang mit der Synthese, hydrothermalen Stabilität und Funktionalisierung der periodisch mesoporösen Silica-Materialien MCM-41, MCM-48 und SBA-15 (MCM: Mobil Composition of Matter, SBA: Santa Barbara University). Für die Oberflächenmodifizierung wurden maßgeschneiderte metallorganische Vorstufen synthetisiert und mittels Oberflächenorganometallchemie aufgebracht. Synthese mesoporöser Materialien mit hoher hydrothermaler Stabilität Unterschiedliche MCM-48-Materialien wurden durch Variation von Tensid (unterschiedliche Kettenlänge der Gemini-Tenside), Temperatur und Silica-Quelle hergestellt. Die Verwendung von fumed silica und optimierten Reaktionsbedinungen, insbesondere die Methode der hydrothermalen Nachbehandlung, resultierten in hochwertigen MCM-48-Materialien mit Porendurchmessern von 2-3 nm (Abbildung F 1). Ihre spezifische BET-Oberfläche betrug im Durchschnitt 1200 m2g-1 und das Porenvolumen 1.2 cm3g-1. Die Materialien wurden folgenden Stabilitätstests unterworfen: a) Suspension in Wasser: 100 °C; 1, 24 und 72 Stunden; b) Suspension in Wasser: 25 °C; 1, 3 und 7 Tage; c) Wasserdampf: 700 °C; 800 °C, 10 Stunden; d) Wasser/Luft: 700 °C; 800 °C, 10 Stunden; Desweiteren wurden SBA-15-Materialien synthetisiert (Silica-Quelle: Tetraethylorthosilikat (TEOS), Templat: PEO20PPE70PEO20), bei denen der Porendurchmesser durch Variation der Temperatur während der hydrothermalen Nachbehandlung und durch Zusatz von Butanol als Quell-Reagenz in einem Bereich von 5.0 bis 8.6 nm eingestellt werden konnte (siehe Abbildung F 1). Die Materialien besaßen BET-Oberflächen von 550 bis zu 850 m2g-1 und Porenvolumina von 0.48 bis zu 1.45 cm3g-1. Die SBA-15-Materialien erwiesen sich aufgrund ihrer im Vergleich zu MCM-41 und MCM-48 dickeren Porenwände als extrem stabil in Wasser. Abbildung F 1: Röntgenpulverdiffraktogramme und Porendurchmesserverteilung von MCM-48 (A, B)- und SBA-15 (C-F)-Materialien. Der Porendurchmesser ist durch unterschiedliche Synthesebedingungen in einem weiten Bereich einstellbar. Die Funktionalisierung der Oberflächen der MCM-48- und SBA-15-Materialien mit metallorganischen Aluminium- und Neodym-Reagentien, AlMe3 bzw. [Nd(OCHCMe2)3]x, lieferte Hybridmaterialien mit höherer hydrothermaler Stabilität. Synthese von Lanthanoid-Alkoxiden als molekulare Grafting-Vorstufen Abbildung F 2: Struktur eines heteroleptischen Cer-Alkoxids mit Amido-Silyl-Liganden. Die Synthese homoleptischer Lanthanoid-Alkoxide [Ln(OR)3]x (Ln = Ce, La) gelang durch Protonolyse/Silylamineliminierung von homoleptischen Cer- bzw. Lanthan-Bis(trimethylsilyl)amiden Ln[N(SiMe3)2]3 mit den jeweiligen Alkoholen. Die Realisierung unterschiedlicher Nuklearitäten x wurde durch die Verwendung von Alkoholen mit unterschiedlichem sterischen Anspruch bzw. unterschiedlicher Funktionalität erreicht: [Ln(OCHCMe2)3]x, [Ln(OCH2CMe3)3]4, [Ln{OCH(CMe3)2}3]2, [Ln{OC(CMe3)3}3], [Ln{OCMe2CH2OMe}3]2, [Ln{OCMe2CH2CH2OMe}3]2. Der Einsatz donorfunktionalisierter Alkohole (CHDo-Alkohole) führte entsprechend dieser Route in Abhängigkeit von Temperatur und Lösungsmittel sowohl zu den oben aufgeführten homoleptischen als auch zu den heteroleptischen Lanthanoid-Alkoxiden [Ln(OCMe2CH2OMe)2{N(SiMe3)2}]2 und [Ln(OCMe2CH2CH2OMe){N(SiMe3)2}]2. Die unvollständig ausgetauschten heteroleptischen Komplexe konnten als Intermediate der Synthese isoliert und strukturell charakterisiert werden (Abbildung F 2). Immobilisierung von Lanthanoid-Alkoxiden unterschiedlicher Nuklearität auf MCM-41 Die Oberflächenreaktion der sterisch unterschiedlichen Lanthanoid-Alkoxide führte zu Hybridmaterialien, die im Vergleich zu den Ausgangsmaterialien eine um ca. 50 % reduzierte Oberfläche und reduziertes Porenvolumen sowie einen im Schnitt um ca. 0.8 - 1.2 nm kleineren Porendurchmesser aufwiesen. Nach der Überführung der metallorganischen Oberfläche in eine oxidische Oberfläche durch Kalzinierung an Luft erreichten die Hybridmaterialien ca. 75% der Porositätseigenschaften der Ausgangsmaterialien. Bei keinem der Hybridmaterialien konnte eine Metalloxid-Cluster-Bildung mittels Transmissions-Elektronen-Mikroskopie (TEM) und Weitwinkel-Pulverdiffraktometrie nachgewiesen werden. Die Grafting-Reaktion offenbarte keine signifikanten Unterschiede bei der Verwendung der Cer- und Lanthan-Vorstufen. Die Nuklearität der Vorstufen hatte einen entscheidenden Einfluss auf den Metallgehalt der kalzinierten Hybridmaterialien. Die höchsten Metallkonzentrationen wurden durch die Immobilisierung von oligomeren CH-Alkoxiden (Isopropanolate, Neopentanolate) erhalten, während die Verwendung der dimeren und monomeren CH-Alkoxide (Ditox, Tritox) die niedrigste Metallbeladung ergab. Trotz ihrer dinuklearen Molekülstruktur hatten die metallorganischen Komplexe der donorfunktionalisierten Liganden die geringsten Metallgehalte zur Folge. Eine extensive Reaktion der Silanolgruppen wurde wohl durch die Präsenz zusätzlicher (Donor)-Funktionalitäten verhindert. Dies kann durch Adsorption des freigesetzten protonierten CHDo-Alkohols oder als reduzierte Reaktivität der koordinativ gesättigten Metallzentren in den CHDo-Alkoxiden interpretiert werden. Eine Erhöhung der Reaktionstemperatur resultierte in diesem Falle in einer gesteigerten Oberflächenreaktion und damit höheren Metallgehalten der Hybridmaterialien. Geeignete Wahl der metallorganischen Vorstufe und der Reaktionstemperatur ermöglichen somit eine gezielte Einstellung des Metallgehalts der Hybridmaterialien in einem Syntheseschritt. Tabelle F 1: Einfluss der Nuklearität der Alkoxid-Vorstufen auf den Metallgehalt der Hybrid-materialien (Ln = Ce, La) [Ln(OR)3]x@MCM-41akta) Alkohol Nuklearität x Temperatur / Reaktionsdauer Metallgehalt / % CH-Alkohole 4-6 RT / 24 h 24-27 4 RT/ 24 h 21-23 2 RT/ 24 h 17-19 1 RT/ 24 h 15-16 CHDo-Alkohole 2 RT/ 24 h 7-8 80 °C/ 24 h 17 2 RT/ 24 h 6-7 80 °C/ 24 h 18 a) akt = kalziniertes und aktiviertes (Hybrid-) Material. FT-IR-Spektren lieferten wichtige Hinweise über das Ausmaß der Metallierung. Die Modellierung der Oberflächenreaktion von [La(OCH2Me3)3]4 mit Tris-tert-butoxy-silanol HOSi(OtBu)3 (zusätzliche Lösungs-NMR-spektroskopische Untersuchungen) sowie die Bestimmung des relativen molaren Verhältnis SiOH/Ln favorisieren einen bipodalen Bindungsmodus mit zusätzlicher Koordination des protonierten Liganden (Neopentanol) an die Metallzentren. Mit zunehmendem sterischen Anspruch der CH-Alkoxid-Liganden wird eine monopodale Anbindung des Metalls realisiert mit vernachlässigbarer (H-Ditox) oder nicht nachweisbarer (H-Tritox) Koordination des freigesetzten Alkohols. Die Kalzinierung an Luft bildete eine hochdisperse Ln(OH)xOy-Schicht bestehend aus Ln–O–Ln-oxo-verbrückten ≡Si–O–Ln(OH)x(O)y-Fragmenten. Herstellung trimetallischer Hybridmaterialien durch konsekutives Graften Die Kalzinierung und Aktivierung von metallorganisch funktionalisierten Silica-Oberflächen führt zur Bildung hoch disperser Metalloxo-Hydroxo-Schichten, die sowohl M(OH)- als auch neu generierte Si(OH)-Funktionen aufweisen. Diese können in einem zweiten Grafting-Schritt mit einem weiteren metallorganischen Precursor zur Reaktion gebracht werden. Dieses Vorgehen ermöglicht den Zugang zu gemischt-metallischen Oxo-Hydroxo-Schichten auf mesoporösen Materialien. Entsprechend dieser Methode des sequenziellen oder konsekutiven Graftens wurden zwei trimetallische Hybridmaterialien aufgebaut. Aufgrund des späteren Einsatzes eines der Materialien in der DeNOx-Katalyse wurden Cer, Barium und Platin als metallische Komponenten gewählt. Als Trägermaterial kamen die hexagonalen mesoporösen Silica-Materialien SBA-15 und MCM-41 zum Einsatz. Die erste Oberflächenschicht wurde durch die Immobilisierung von Cer(III)-Neopentanolat [Ce(OCH2Me3)3]4 generiert. Während die Silanolgruppen des SBA-15-Materials vollständig abreagierten (flache Oberflächenkrümmung), verlief das Alkoxid-Grafting des MCM-41-Material nicht quantitativ. Aufgrund der unterschiedlichen spezifischen Oberflächen resultierte jedoch auf dem MCM-41-Material ein höherer Metallgehalt (Tabelle F 2). Tabelle F 2: Daten der Stickstoffphysisorption und Metallanalyse von SBA-15-und MCM-41-Hybridmaterialien Materiala) aS(BET)b) / m2g-1 Vpc) / cm3g-1 dpd) / nm Metallgehalt Ce/Ba/Pt/ % SBA-15akt f) 710 0.97 6.3 -/-/- Ce@ SBA-15as g) 430 0.56 4.9 -e) Ce@ SBA-15akt f) 490 0.67 6.3 12.6/-/- Ba@Ce@SBA-15as g) 360 0.53 5.6 -e) Ba@Ce@SBA-15akt f) 380 0.56 6.1 10.5/2.9/- Pt@Ba@Ce@SBA-15as g) 330 0.51 6.3 10.5/2.9/-1.0 MCM-41akt f) 1150 1.23 3.4 -/-/- Ce@ MCM-41as g) 970 0.82 2.8 -e) Ce@ MCM-41akt f) 900 0.85 3.4 15.2/-/- Ba@Ce@ MCM-41as g) 740 0.69 3.3 -e) Ba@Ce@ MCM-41akt f) 790 0.71 3.2 14.8/4.6/- Pt@Ba@Ce@ MCM-41as g) 710 0.65 3.3 14.8/4.6/1.0 a) Vorbehandlung: 250 °C, 3 h, 10-3 Torr; b) spezifische BET-Oberfläche; c) kummulatives BJH-Desorption-Porenvolumen für Porendurchmesser zwischen 1.5 und 30 nm; d) Porendurchmesser entsprechend dem Maximum der BJH-Porendurchmesserverteilung; e) nicht bestimmt; f) akt = kalziniertes und aktiviertes (Hybrid-) Material; g) as = as-synthesized, getrocknetes Hybridmaterial nach der Immobilisierungsreaktion. Die Kalzinierung an Luft und anschließende Aktivierung im Vakuum führte zu neuen OH-Funktionalitäten auf der Oberfläche, die zur Auftragung der zweiten Schicht mit Barium(II)-Neopentanolat [Ba(OCH2Me3)2]x behandelt wurden. Nach der Kalzinierung resultierten wiederum höhere Barium-Metallgehalte für das MCM-41-Hybridmaterial (Tabelle F 2). Die anschließende Aktivierung der bimetallischen Hybridmaterialien führte erneut zur Ausbildung von M(OH)- und Si(OH)-Funktionen, deren Reaktion mit der Platin(IV)-Verbindung (C5H4Me)PtMe3 in trimetallischen Hybridmaterialen mit angestrebten Platingehalt von ca. 1 Gew% resultierten (Abbildung F 3) Abbildung F 3: Schematische Darstellung der Oberfläche der trimetallischen Hybridmaterialien. Beide Hybridmaterialien zeigten im Kleinwinkelbereich des Röntgenpulverdiffraktogramms den Erhalt der hexagonalen Struktur und bei höheren Winkeln keine charakteristischen Beugungsreflexe kristalliner Metalloxide. TEM-Aufnahmen offenbarten ebenfalls den Erhalt der strukturellen Ordnung des Materials sowie keine Hinweise auf Clusterbildung. Abbildung F 4: TEM-Aufnahmen des as-synthesized-trimetallischen-SBA-15-Materials (A) und des aktivierten mit H2 reduzierten trimetallischen SBA-15 Materials (B). Die Daten der Stickstoffphysisorption dokumentierten das Stattfinden einer Intraporenchemie. Das SBA-15-Hybridmaterial wurde unter H2-Atmosphäre bei 700 °C reduziert (aktiviert) und erfolgreich in der Umsetzung von NOx-Gasen getestet. Unter diesen Bedingungen bildeten sich kristalline Metallbasierte Cluster aus.
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Seit den ersten Berichten der Firma Mobil zu strukturell geordneten mesoporösen Silica-Materialien aus dem Jahre 1991 hat sich das Studium dieser neuen Stoffklasse als facettenreicher Forschungszweig der modernen Materialwissenschaft etabliert. Unterschiedliche Porentopologien sowie die in weiten Grenzen variierbaren Parameter wie spezifische Oberfläche, Porenvolumen und Porendurchmesser implizieren eine vielfältige Oberflächen- bzw. Intraporenchemie. Die eingeschränkte hydrothermale Stabilität...
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