Ausgehend von einer klinischen Langzeit- Nachuntersuchung von 23 mikrochirurgisch transplantierten gefäßgestielten Beckenkamm- bzw. Fibula-Transplantaten am Klinikum Rechts der Isar der Technischen Universität München wird über die Wertigkeit von Unterkiefer-Rekonstruktionen nach infizierter Osteoradionekrosen im Unterkiefer berichtet. Anlass zu der mikrochirurgischen Unterkiefer-Rekonstruktion gaben pathologische Frakturen und rezidivierende Infektionen mit Fistelbildung und Kiefersperren. In 19 Fällen wurde primär und in 4 Fällen sekundär rekonstruiert. Hierbei wurden insgesamt 17 Beckenkammtransplantate und 6 Fibula-Transplantate verwandt. Ein totaler Transplantatverlust trat in 13% der Fälle auf, ein Spätrezidiv oder Metastasen in insgesamt 13% der Fälle. Direkte postoperative Komplikationen zeigten sich in Form von Wunddehiszensen (44%), temporäre Fistelbildungen (26%), Pseudarthrosen (17%), Facialisparesen (9%), Plattenkomplikationen (9%) und behandlungsbedürftigen Hämatomen (4%). Ein Wiederauftreten der Osteoradionekrose wurde bei keinem der Patienten beobachtet. Bei der Hälfte der Patienten mussten weitere operative Korrekturen- meist in Kombinationen- in Form von sekundären Dehiszensdeckungen (17%), Lappenausdünnung (13%), Vestibulumplastiken (13%), Alveolarkammaugmentationen (13%), Narbenkorrekturen (9%), Mundbodensenkungen (9%) und Zungenlösungen (4%) durchgeführt werden. 80% der Patienten konnten dauerhaft von ihren Schmerzen befreit werden, aber eine komplette funktionelle Rehabilitation wurde bei keinem der Patienten erreicht. Postoperativ wurden Einschränkungen der Mundöffnung (100%), der Kaufunktion (92%), des Geschmacksinns (92%) und der Sprachfunktion (67%) festgestellt. Das kosmetische Ergebnis wurde als mittelmäßig beurteilt. Die Lebensqualität konnte bei 25% der Patienten verbessert und nur bei 17% der Patienten vollständig wiederhergestellt werden. Eine zahnärztliche Versorgung erfolgte nur bei 27% der Patienten, nur bei 2 der 3 Patienten mit enossalen Implantaten. 57% der Patienten sind weiterhin komplett zahnlos und ohne prothetische Versorgung. Bei der Therapie der infizierten Osteoradionekrose bildet die radikale Resektion mit anschließender mikrovaskulärer Rekonstruktion häufig die Therapie der Wahl. Hierdurch lässt sich das Krankheitsbild zwar ausreichend beherrschen und Schmerzfreiheit erzielen, das funktionelle und ästhetische Ergebnis ist jedoch häufig nicht zufriedenstellend. Nur in weniger als der Hälfte der Fälle ist die erzielte postoperative Lebensqualität gleich oder besser. Dies sollte in Zukunft Anlass geben, die Operationstechniken der mikrovaskulären Rekonstruktion weiter zu verfeinern, um den knöchernen Defekt nach Resektion einer Osteoradionekrose nicht nur zu verschließen, sondern auch um die beeinträchtigten Funktionen wieder herzustellen.
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