In den letzten Jahren wurde von vielen Autoren beschrieben, dass Essstörungen und Sucht häufig gemeinsam auftreten. Einige Autoren stellten aufgrund dieser Komorbidität und weiterer beobachteter Ähnlichkeiten der beiden Erkrankungen die Hypothese auf, dass es sich bei Essstörungen um Suchterkrankungen handelt. In dieser Arbeit werden die Suchthypothese überprüft und alternative Erklärungen für die Komorbidität vorgestellt. Dazu wurde die Literatur der letzten Jahrzehnte zum Thema systematisch ausgewertet. Die Untersuchung der Literatur basiert auf den gängigen Definitionen für Essstörungen und Suchterkrankungen nach DSM-IV und ICD-10. Anhand der Aspekte Komorbidität, Endokrinologie, Pharmakotherapie und auf dem Suchtmodell basierenden Therapien wurde jeweils das für und wider der Suchthypothese erläutert. Es konnte nachgewiesen werden, dass die Indizien für die Suchthypothese häufig auf oberflächlichen Ähnlichkeiten basieren und einer eingehenderen wissenschaftlichen Prüfung nicht standhalten. Weder die endokrinologischen Befunde noch die Ergebnisse der Pharmakotherapie können als ausreichende Beweise angesehen werden. Es konnte gezeigt werden, dass die auf dem Suchtmodell basierenden Therapien keine ausreichende wissenschaftliche Grundlage haben. Essstörungen müssen weiterhin als eigenständige Krankheitsbilder betrachtet werden, wie sie im DSM-IV klassifiziert sind. Bei einer Untergruppe von Patientinnen mit einer Suchterkrankung und einer schweren Bulimie fielen häufig weitere Störungen der Impulskontrolle, wie Selbstverletzungen, Kleptomanie u.a. auf. Die bisher durchgeführten Studien sprechen dafür, dass bei einem Großteil der Patientinnen mit einer solchen Doppel-Diagnose eine Persönlichkeitsstörung, wie die Borderline-Störung zugrunde liegt. Zur Validierung dieses Zusammenhangs bedarf es jedoch weiterer ausführlicher Untersuchungen an großen Patientenkollektiven.
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In den letzten Jahren wurde von vielen Autoren beschrieben, dass Essstörungen und Sucht häufig gemeinsam auftreten. Einige Autoren stellten aufgrund dieser Komorbidität und weiterer beobachteter Ähnlichkeiten der beiden Erkrankungen die Hypothese auf, dass es sich bei Essstörungen um Suchterkrankungen handelt. In dieser Arbeit werden die Suchthypothese überprüft und alternative Erklärungen für die Komorbidität vorgestellt. Dazu wurde die Literatur der letzten Jahrzehnte zum Thema systematisch au...
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