Wissenschaftliche Journale publizieren Forschungsarbeiten nur nach eingehender Prüfung durch Fachgutachter sowie einer Qualitätssicherung durch die Redaktion. Ein Hauptanliegen dieses Pro-zesses ist die unabhängige Prüfung der Daten auf Qualität und Reproduzierbarkeit sowie der Aus-sagekraft der Schlussfolgerungen der Arbeit. Weiterhin wählen Journale Arbeiten nach der Ausrich-tung (‚scope‘) des Journals aus. Die Auswahl in den angesehensten Journalen geht aber über reine Qualitätssicherung heraus und zielt auf die interessantesten, weitreichendsten oder provokativsten Arbeiten. Die Funktion dieser sehr selektiven Journale ist es, nur die wichtigsten Ergebnisse einer möglichst breiten Leserschaft zuzuführen.
Die diversen Auswahlkriterien von Journalen haben zu einer stark ausgeprägten Hierarchie der Jour-nale in der Forschungsgemeinschaft geführt, die wiederum durch vermeintlich objektive bibliometri-sche Indikatoren zu veritablen Ranglisten geführt haben. Allen voran hat der wohl älteste dieser Indikatoren, der ‚Journal Impact Factor‘ (JIF) eine Vorreiterstelle eigenommen, obwohl es eine ganze Reihe von wohldokumentierten Problemen und Limitationen des JIF gibt.
Die Forschungsevaluation wird immer komplexer, insbesondere durch das exponentielle Wachstum der Biowissenschaften und den immer größeren Konkurrenzkampf um limitierte Fördermittel und Forschungspositionen, sowie dadurch, dass diese immer fachspezifischer und komplexer werden.
Die Journalhierarchie wurde daher ohne formelle Analyse weithin als proxy zur Forschungsevalua-tion herangezogen. Dies wiederrum führt im Rückschluss auf eine immer ausgeprägtere ‚publish or perish‘ Kultur, in der nur noch zählt, wo etwas publiziert wurde, nicht was publiziert wurde. Weit-reichende Probleme mit Reproduzierbarkeit sowie Fehlverhalten in der Forschung sind Auswüchse dieses Phänomens. Weiterhin wurde immer mehr auf quantitative Forschungsevaluation gesetzt und der JIF dazu fälschlicherweise herangezogen. Diese Missanwendung des Publikationswesens sowie von Publikationsindikatoren hat nebenbei auch zu einer enormen Macht und damit ökonomi-schen Vorteilen einiger wenigen einflussreichen ‚journal brands‘ geführt.
Die San Francisco Declaration on Research Assessment (DORA) hat dieses weitverbreitete Prob-lem dargestellt und versucht seit 7 Jahren Alternativen zu einer holistischeren, informierteren, fairen Forschungsevaluation vorzuschlagen und dahingehende Veränderungen vorzuführen.
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