Wie eingangs erwähnt, ist die Erzeugung von kaltgepreßten Speiseölen in dezentralen Anlagen sowohl für die Landwirtschaft, als auch für die Verbraucher aus mehreren Gründen von großem Interesse. Die Aufrechterhaltung dezentraler Strukturen wird gefördert und somit der ländliche Raum unterstützt. Die hofeigene Herstellung von Pflanzenölen bietet eine interessante Möglichkeit der innerbetrieblichen Intensivierung. Verbunden mit einer eventuellen Direktvermarktung läßt sich die Wertschöpfung innerhalb der Landwirtschaft erhöhen. Dem durch viele Lebensmittelskandale verunsicherten Verbraucher bietet sich die Möglichkeit, schonend gewonnene naturbelassene Öle zu beziehen.
Den dezentral gewonnenen Pflanzenölen werden von manchen Stellen kürzere Haltbarkeit, höhere Gehalte an Rückständen und dadurch auch eine verminderte Qualität nachgesagt. Der Erzeuger pflanzlicher Öle kann jedoch durch gesonderte Verfahrensschritte zur Ölgewinnung dem Qualitätsanspruch Rechnung tragen. Außerdem ist er verpflichtet, die strengen Verordnungen des Gesetzgebers einzuhalten. Für die Neueinrichtung einer dezentralen Anlage ist vor allem die langfristige Sicherung des Absatzes der gewonnenen Produkte entscheidend. Eine alternative Möglichkeit der Nutzung, der von verschiedenen Stellen eine besonders schnelle Entwicklung vorhergesagt wird, ist der Einsatz im Bereich "Nachwachsende Rohstoffe".
Speiseöle spielen aus ernährungsphysiologischer und medizinischer Sicht eine große Rolle. Der hohe Fettverzehr wird als Ursache vieler "moderner" Zivilisationskrankheiten gesehen. Besonders die Entstehung von Arteriosklerose wird mit einer falschen Fetternährung in Zusammenhang gebracht. Pflanzliche Öle enthalten kein Cholesterin, im allgemeinen wenig gesättigte und dafür hohe Anteile einfach und mehrfach ungesättigte Fettsäuren. Aus diesem Grund wirken sie der Entstehung von Arteriosklerose entgegen. Daneben enthalten sie auch gesundheitsfördernde Stoffe wie essentielle Fettsäuren, fettlösliche Vitamine, Lecithin und Sterin. Aufgrund der unterschiedlichen Zusammensetzung der verschiedenen Ölsorten und der Empfehlungen nationaler und internationaler Ernährungsgremien lassen sich Speiseöle in ihrer Wirkung auf die Gesundheit unterschiedlich bewerten. Unter den unter mitteleuropäischen Verhältnissen anbauwürdigen Ölpflanzen zeichnen sich besonders Raps wegen des geringsten Gehaltes an gesättigten Fettsäuren im Öl und Sonnenblumen wegen ihres hohen Gehaltes an mehrfach ungesättigter Linolsäure aus.
In der Bundesrepublik Deutschland werden zwei Methoden zur Speiseölgewinnung angewandt: Die Herstellung in zentralen bzw. dezentralen Ölmühlen. Die Verfahrenstechnik der zentralen Ölgewinnung gliedert sich in drei Punkte: Vorbehandlung der Saaten, Ölgewinnung durch Pressung und Extraktion sowie Raffination der Rohöle. Vorbehandlungen der Saat werden durchgeführt, um den Maschinenverschleiß herabzusetzen und um die Ölausbeute zu erhöhen. Die Ölgewinnung gliedert sich in die mechanische Pressung der Ölsaaten und eine anschließende Extraktion, bei der mit Hilfe eines Lösungsmittels das noch im Preßkuchen enthaltene Öl "herausgewaschen" wird. Bei der Raffination werden unerwünschte Fettbegleitstoffe entfernt. Sie gliedert sich in vier Schritte: Entschleimen, Entsäuern, Bleichen und Desodorieren. Im Verfahrensschritt der Desodorierung werden die Speiseöle hohen Temperaturen ausgesetzt, was eine Veränderung der Inhaltsstoffe bewirkt.
Die Ölgewinnung in dezentralen Anlagen besteht aus den Verfahrensschritten Vorbehandlung der Saat, Ölpressung und Ölreinigung. Die Verfahrensschritte der Extraktion und Raffination entfallen. Die Pressung erfolgt in kontinuierlich arbeitenden Schneckenpressen. Die Preßtemperatur kann in diesen Maschinen auf 40 °C beschränkt werden, wodurch die gesetzliche Temperatur Höchstgrenze für genanntes kaltgepreßtes Speiseöl eingehalten wird. Die Ölreinigung geschieht wirkungsvoll durch Sedimentation.
Die beiden Gewinnungsverfahren haben unterschiedliche Auswirkungen auf die Inhaltsstoffe pflanzlicher Öle. Bei kaltgepreßten Ölen ist ein einwandfreier Zustand der Rohware unabdingbar, um jegliche Rückstände unerwünschter Stoffe auszuschließen. Raffinierte Öle hingegen werden so intensiv gereinigt, daß selbst aus kontaminierter Rohware reine Speiseöle hergestellt werden können. Der Verfahrensschritt der Raffination hat allerdings neben dem positiven Reinigungseffekt auch negative Auswirkungen auf die Inhaltsstoffe der Öle. Es bilden sich unerwünschte Stoffe wie Dimere, Oligomere und trans-Fettsäuren. Zudem vermindert sich der Gehalt an gesundheitsfördernden Fettinhaltsstoffen wie essentielle Fettsäuren, Phosphatide, Sterine sowie " fettlösliche“ Vitamine. Auch Extraktionsmittelrückstände können in raffinierten Speiseölen nachgewiesen werden. Aufgrund dieser Auswirkungen der zentralen Verfahrenstechnik kann davon ausgegangen werden, daß Öle aus dezentralen Anlagen, unter der Voraussetzung der Verwendung einwandfreier Rohware, qualitativ besser sind als Öle aus zentralen Anlagen.
Um den Verbraucher vor gesundheitlicher Schädigung und vor Täuschung zu schützen, hat der Gesetzgeber eine Reihe von Auflagen und Verordnungen erlassen, die sich in produktionsbezogene und produktbezogene Kriterien aufteilen lassen. Bei der Produktion von Lebensmitteln muß eine allgemeine Sorgfaltspflicht eingehalten werden. Diese verpflichtet den Hersteller einwandfreie Ware zu erzeugen. Speziell für die Produktion von Speiseölen müssen Grenzwerte für Erukasäure, Pflanzenschutzmittel, Mykotoxine, freie Fettsäuren, Peroxide und Verunreinigungen eingehalten werden. Daneben gibt es eine Beschränkung für Zusatzstoffe in Speiseölen.
Produktbezogene Vorschriften regeln den Verkauf bzw. die Vermarktung des fertigen Produkts. Sie beziehen sich in erster Linie auf dessen Kennzeichnung. Die Etikettierung wird durch Verordnungen bezüglich der allgemeinen Verkehrsbezeichnung, des Inverkehrbringers, der Zutaten und der Mengenbezeichnung festgelegt. Speziell für Speiseöle bestehen in Abhängigkeit von der Verfahrenstechnik Auflagen für die Benennung der gewonnenen Öle. Wie bereits erwähnt darf z.B. ein Öl nur dann als kaltgepreßt bezeichnet werden, wenn es bei der Pressung nicht über 40 °C erhitzt wurde. Der Verkauf der Speiseöle kann als offene Ware durch Selbstabfüllung des Kunden erfolgen oder in Fertigpackungen, die genau vorgegebene Nennfüllmengen aufweisen müssen. Um die vorn Gesetzgeber vorgeschriebene Qualität der Pflanzenöle bei Produktion in dezentralen Anlagen zu erreichen, müssen vorn Anbau der Rohware über die Lagerung dieser bis hin zu Gewinnung, Lagerung und Vermarktung des Öls auf bestimmte Verhaltensweisen und die bestehenden Rechtsvorschriften eingehalten werden.
1991 wurden in der Bundesrepublik Deutschland 1,8 Mio. t pflanzliche Öle und Fette erzeugt. Der Pro-Kopf-Verbrauch an Speiseölen liegt derzeit bei ca. 8 Litern. Mit einer Steigerung des Verbrauchs ist nicht zu rechnen. Aufgrund der Daten der ausgewerteten Fragebogenaktion kann davon ausgegangen werden, daß kaltgepreßte Öle ihren Anteil am Verbrauch von Speiseölen steigern werden. Im selben Umfang wird ein Rückgang raffinierter Öle prognostiziert. Eine angestrebte Potentialabschätzung konnte aufgrund der fehlenden Datenbasis über die Grundgesamtheit der dezentralen Betriebe nicht durchgeführt werden. Bei der Neueinrichtung einer dezentralen Anlage muß der Markt für die dort erzeugten Öle regional aufgebaut werden. Durch die Fragebogenaktion wurden für ein optimales Marketing verschiedene Kriterien in ihrer Wirkung auf die Nachfrage untersucht. Es ist festzustellen: für die Nachfrage ist die Qualität der erzeugten Öle besonders ausschlaggebend.
Neben der Hauptnutzung im Speiseölbereich können kaltgepreßte Öle im Bereich "Nachwachsende Rohstoffe" genutzt werden. Dieser läßt sich aufteilen in energetische Nutzung und stoffliche Nutzung. Für den ersten Bereich besteht die Möglichkeit des Einsatzes als Heizölsubstitut oder als Kraftstoff für Verbrennungsmotoren. Stofflich können Pflanzenöle z.B. als Schmierstoffe, Sägekettenöle, Schmiermittel, Getriebeöle, Hydrauliköle oder Korossionsschutzöle verwendet werden.
Die in der Fragebogenaktion erfaßten Betriebe verzichten wegen der noch zu geringen erzielbaren Preise im allgemeinen auf eine Produktion von Pflanzenölen für den Bereich "Nachwachsende Rohstoffe". Die größte Wertschöpfung besteht nach wie vor bei der Verwendung im Lebensmittelbereich, gefolgt von der stofflichen Verwertung und schließlich von der energetischen Nutzung. Aufgrund der sich abzeichnenden Strukturveränderung bietet der Bereich "Nachwachsende Rohstoffe" zukünftig dennoch neue Chancen für die Landwirtschaft.
Aus der intensiven Bearbeitung des Themas ergaben sich weitere Fragen hinsichtlich Auswirkungen der Gewinnung von Speiseölen in dezentralen Anlagen. Die gesundheitsfördernden Eigenschaften von Phytosterinen werden zwar in der Literatur erwähnt, Untersuchungen der Einflußgrößen dezentraler Gewinnungsverfahren auf deren Gehalt in Speiseölen wurden jedoch bisher noch nicht durchgeführt. Auch die Angaben in der Literatur über den Gehalt an Rückständen in kaltgepreßten Speiseölen sind widersprüchlich. Der Einfluß des Gewinnungsverfahrens auf deren Gehalt in Ölen ist noch nicht ausreichend untersucht.
Als Voraussetzung für eine Anerkennung kaltgepreßter Öle als diätetische Lebensmittel müssen die im Vergleich zur konventionellen Gewinnung anderen Inhaltsstoffe einem diätetischen Zweck dienen. Dieser muß noch geklärt werden. Für eine Potentialabschätzung sind repräsentative Daten erforderlich. Diese wären am ehesten mit einer umfassenden Verbraucherbefragung zu erhalten.
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Wie eingangs erwähnt, ist die Erzeugung von kaltgepreßten Speiseölen in dezentralen Anlagen sowohl für die Landwirtschaft, als auch für die Verbraucher aus mehreren Gründen von großem Interesse. Die Aufrechterhaltung dezentraler Strukturen wird gefördert und somit der ländliche Raum unterstützt. Die hofeigene Herstellung von Pflanzenölen bietet eine interessante Möglichkeit der innerbetrieblichen Intensivierung. Verbunden mit einer eventuellen Direktvermarktung läßt sich die Wertschöpfung innerh...
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