Die Bestimmung der Wasserdampfproduktion von Rindern ist sehr schwierig, da diese von sehr vielen Faktoren abhängig ist. Sie variiert mit Temperatur, Luftfeuchtigkeit und Luftbewegung im Stall, mit der Aktivität, der Fütterung und den Haltungsbedingungen der Rinder. Wenn man sich mit diesen in der Literatur sehr verstreuten und zum Teil schwer zugänglichen Unterlagen zu diesem Thema befaßt, begegnet man großen Differenzen. Der Grund ist darin zu sehen, daß die Bedingungen, unter denen die Messungen durchgeführt wurden, oft nicht exakt definiert, die Meßverfahren unterschiedlich sind und daß in den meisten Fällen Angaben über die genauen Bedingungen, unter denen die Messungen stattgefunden haben, überhaupt fehlen. Häufig sind daher Vergleiche dieser Daten nicht möglich.
Die in dieser Arbeit verwendeten Daten basieren zum größten Teil auf Klimakammerversuchen von Missouri Columbia. Sie sind sicher nicht vorbehaltlos übertragbar, da die Versuche zum Teil unter Bedingungen durchgeführt wurden, die praktischen Haltungs- und Wirtschaftsformen in der Rinderhaltung nicht entsprechen. Dennoch können sie als wertvolle Anhaltspunkte für Stallklimaberechnungen dienen, zumal in der Bundesrepublik Deutschland derartige grundlegende Untersuchungen überhaupt fehlen. Außerdem ist eine gute Übereinstimmung mit den wenigen Ergebnissen gegeben, die in praktischen Ställen ermittelt wurden, obwohl die Meßmethoden in beiden Fällen ganz unterschiedlich waren. Dies spricht für eine gewisse Allgemeingültigkeit der Meßwerte.
Aus dem Vergleich der DIN 18910 mit den Angaben in der Literatur kann man sagen, daß die Werte für die Wasserdampfproduktion von Rindern in allen Untersuchungen wesentlich höher liegen als die Werte in der Norm, so daß an der Richtigkeit der DIN-Werte Zweifel entstehen. Die gegenüber der DIN 18910 überhöhten Werte wurden auch in praktischen Rinderställen festgestellt (POEMANN). Damit kann diese Tendenz als gesichert angesehen werden.
Weiterhin scheinen die DIN-Werte zu wenig differenziert zu sein. Trockenstehende Kühe geben wesentlich weniger Wärme an Wasserdampf gebunden ab als laktierende. Ebenso scheiden Jungtiere bis zu einem Gewicht von 200 bis 300 kg wesentlich mehr Wasserdampf pro kg Körpergewicht aus als in den folgenden Gewichtsabschnitten. Dies wird in der Norm nicht berücksichtigt.
Unterschiede in der Wasserdampfproduktion zwischen Zucht- und Masttieren sind auch in der DIN 18910 festgehalten. Die absoluten Werte weisen aber ebenfalls große Differenzen zu den Literaturergebnissen auf.
Eine weitere Quelle der Wasserdampfproduktion kommt hinzu, die alle Berechnungen über den Haufen werfen kann und in der Norm nicht berücksichtigt wird: die Verdunstung von Kot, Harn, Tränk- und Reinigungswasser. Hierzu wurden zwar keine exakt ermittelten Werte gefunden, dennoch ergeben sich Anhaltspunkte, daß je nach Aufstallungs- und Fütterungsart zu den von den Tieren abgegebenen Wasserdampfmengen noch 20 bis 100 v. H. hinzuaddiert werden müssen.
Abhängigkeiten sind auch durch Umgebungstemperatur, Luftfeuchtigkeit und Luftgeschwindigkeit gegeben, worauf auch die Norm Bezug nimmt. Hierbei sind diese drei Faktoren in ihrer gegenseitigen Wechselwirkung zu sehen. Lufttemperatur und relative Luftfeuchtigkeit schwanken tageszeitlich und jahreszeitlich in sehr weiten Grenzen. Insbesondere Temperaturerhöhung im Stall löst erhöhte Wasserdampfproduktion aus, die sich etwa im Bereich von 100 g/h GVE pro 5 °C Temperaturanstieg bewegt.
Zusammenfassend kann man feststellen, daß sich große Abweichungen von der Norm ergeben, die mit ein Grund für Mißerfolge bei Lüftungsanlagen sein können. Man denke nur an die Fälle, in denen im Winter zugeheizt werden muß, obwohl dies aufgrund des theoretischen Wärmehaushalts nicht erforderlich sein sollte. Im Sommer kann man keine Auswirkungen erhöhter Wasserdampfproduktion feststellen, da durch den intensiven Luftwechsel, der überschüssige Wasserdampf ohne Schwierigkeiten aus dem Stall entfernt wird.
Bevor man jedoch an eine Überarbeitung der Norm geht, sollten sowohl Messungen in verschiedenen Ställen durchgeführt werden als auch in Klimakammern, wo die erforderliche Variabilität des Luftzustandes eingestellt werden kann. Diese Werte sind nämlich nicht nur vom wissenschaftlichen Standpunkt aus interessant, sondern auch volkswirtschaftlich von großer Bedeutung, damit Berechnungen für den Bau wirtschaftlicher Tierstallungen möglich sind.
Außerdem wäre zu überlegen, ob man nicht auch andere Möglichkeiten der Klassifizierung als die Abhängigkeit der Wasserdampfproduktion vom Gewicht in Betracht zieht. Man denke etwa an die große Differenz in der Wasserdampfproduktion von laktierenden und nicht laktierenden Kühen. In einem Milchviehstall wäre es sinnvoll, nicht nach Tiergewichten zu unterscheiden, da das Gewicht von Kühen im Stall im Durchschnitt mit 600 kg (= 1,2 GVE) als konstant angesehen werden kann. Ein Durchschnittswert, der sich aus den relativen Anteilen von laktierenden und nicht laktierenden Kühen an der Wasserdampfproduktion im Stall zusammensetzt, wäre sicher ausreichend.
Ebenso ist es nicht notwendig, bei Aufzucht- und Masttieren die Wasserdampfproduktion nach Gewichtsklassen zu unterteilen. Das Durchschnittstiergewicht im Stall kann man mit 350 bis 400 kg ansetzen, so daß jeweils ein Durchschnittswert für die Wasserdampfproduktion ausreichen würde.
Mit dieser Vereinfachung wäre sicher die hinreichende Genauigkeit gegeben, den anfallenden Wasserdampf zu erfassen und die Verwirrung beseitigt, die durch die gewichtsabhängigen Wasserdampfwerte entsteht.
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Die Bestimmung der Wasserdampfproduktion von Rindern ist sehr schwierig, da diese von sehr vielen Faktoren abhängig ist. Sie variiert mit Temperatur, Luftfeuchtigkeit und Luftbewegung im Stall, mit der Aktivität, der Fütterung und den Haltungsbedingungen der Rinder. Wenn man sich mit diesen in der Literatur sehr verstreuten und zum Teil schwer zugänglichen Unterlagen zu diesem Thema befaßt, begegnet man großen Differenzen. Der Grund ist darin zu sehen, daß die Bedingungen, unter denen die Messun...
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