Die derzeitig gegenläufige Entwicklung von Produkt- und Betriebsmittelpreisen zwingt die deutschen Landwirte immer mehr zu einer kritischen Überprüfung ihres Produktionskostenaufwandes. Dabei muß sich ihr Augenmerk auch auf mögliche Einsparmaßnahmen im Bereich des Maschineneinsatzes richten.
Innerhalb der Getreideernte gilt es deshalb, den Mähdreschereinsatz zu optimieren, dessen Wirtschaftlichkeit weitgehend durch die Körnerverluste bestimmt wird. Damit stellt sich zwangsläufig die Frage nach dem optimalen Durchsatz des Mähdreschers bzw. den wirtschaftlich tragbaren Körnerverlusten, bei denen die Mähdruschkasten/ha minimal sind. Während das optimale Verlustniveau der konventionellen Typen gewöhnlich mit 1 % angegeben wird, existierten bisher für die schüttlerlose Bauart diesbezüglich keine exakten Angaben.
Ein Rückblick auf die Mechanisierung der Getreideernte macht deutlich, daß die Forderung nach Reduzierung der Körnerverluste in Verbindung mit dem Bestreben, die Arbeitsproduktivität zu steigern, einen großen Einfluß auf die Entwicklung der verschiedenen Getreideernteverfahren gehabt hat. Letztlich zeigte sich der selbstfahrende Mähdrescher mit Tangentialdreschwerk und Hordenschüttler den Anforderungen der Praxis am besten gewachsen. Die Forderung nach einer noch höheren Arbeitsproduktivität, ohne gleichzeitig mehr Körnerverluste hinnehmen zu wollen, hat nach vielen fehlgeschlagenen Versuchen schließlich zur Entwicklung einer neuen Mähdrescherbauart geführt. Diese ersetzt den leistungsbegrenzenden Hordenschüttler durch rotierende Abscheideaggregate.
Auf dem bundesdeutschen Markt werden heute 3 derartige Dresch- und Trennsysteme angeboten, die sich in Aufbau und Arbeitsweise stark unterscheiden. Von ihnen besitzen alleinig die Axial-Flow-Typen (IHC) ein rein axiales Dresch- und Trennsystem, während die Twin-Flow-Typen (SNH) über ein kombiniertes tangentiales und axiales Abscheidesystem verfügen. Das tangential arbeitende Cylinder-System (Claas) wiederum ähnelt von allen dreien am stärksten dem konventionellen Mähdrescher, allerdings wird der Hordenschüttler bei ihnen durch 8 quer angeordnete Rotoren ersetzt.
Für die schüttlerlosen Mähdrescher spricht unter anderem ihre kompakte Bauweise, ihr hoher Durchsatz und vor allem ihre Arbeitscharakteristik. Sie unterscheidet sich von der des konventionellen Dresch- und Trennsystems dadurch, daß die Körnerverluste mit steigendem Durchsatz vergleichsweise langsam anwachsen. Dies erleichtert allen Fahrern die Arbeit, die aus ökonomischen Beweggründen einen bestimmten Körnerverlustbereich nicht verlassen wollen. Schließlich kennt der Fahrer zu keinem Zeitpunkt das genaue Ausmaß der von ihm verursachten Körnerverluste und kann somit auch nicht das wirtschaftlich optimale Körnerverlustniveau gezielt anfahren, geschweige denn einhalten. Die praxisübliche Methode zur Ermittlung der Körnerverluste, das stichprobenartige Begutachten der am Boden liegenden Verlustkörner, kann ebenso wenig relevante Informationen bieten wie die heute angebotenen Körnerverlustmonitore. Letztere eignen sich lediglich als mehr oder minder verläßliche Indikatoren für Änderungen im Körnerverlustanteil. Aber gerade beim konventionellen Mähdrescher ist eine kontinuierliche und unverzögerte Verlustanzeige Voraussetzung für einen wirtschaftlich optimalen Drusch. Denn sein Dresch- und Trennsystem reagiert bereits auf nur geringes Überschreiten des optimalen Durchsatzes mit enorm hohen Körnerverlusten, wobei zu bedenken ist, daß Durchsatzschwankungen in der Praxis schon allein aufgrund einer ungleichmäßigen Bestandesdichte nicht zu vermeiden sind. Daneben versucht die Landtechnikindustrie zunehmend die Arbeitsproduktivität und -qualität des Mähdreschers zu verbessern, indem bestimmte Fahreraufgaben mit Hilfe von Regelungseinrichtungen automatisiert werden.
Im zweiten Teil der Arbeit wird der eingangs gestellten Frage nachgegangen, welches Körnerverlustniveau für ausgewählte Mähdrescherbauarten wirtschaftlich tragbar ist. Dazu werden die Mähdruschkasten/ha in Abhängigkeit von den Körnerverlusten berechnet. Das entsprechend der Thematik dieser Arbeit zu bestimmende wirtschaftlich tragbare Körnerverlustniveau befindet sich dabei am Punkt der minimalen Mähdruschkosten. In die Berechnung gehen die Maschinen- und Arbeitskosten sowie die von den Dresch- und Trenneinrichtungen verursachten Körnerverluste ein, nachdem ihr Ausmaß weitgehend von der vom Fahrer gewählten Arbeitsgeschwindigkeit abhängt. Die als Folge einer nicht zeitgerechten Ernte in Form von Ertragsverlusten, erhöhten Trocknungskosten oder verzögerten Folgearbeiten auftretenden Terminkosten können nicht berücksichtigt werden, nachdem ihr Auftreten und Ausmaß zu betriebsindividuell ist. Dennoch sind sie vom Praktiker unbedingt in alle Entscheidungen mit einzubeziehen, die die Organisation bzw. die Durchführung der Erntearbeiten betreffen.
Eine ausführliche Betrachtung der am Mähdrusch beteiligten Kostenarten zeigt, mit wievielten Unsicherheiten die Ermittlung der Mähdruschkosten behaftet ist. Selbst die als relativ unkompliziert geltende Kalkulation der Maschinenkosten basiert auf einer Reihe von Annahmen, die berechtigterweise in Frage gestellt werden können. Grundlage dieser Berechnung sind die im Versuchseinsatz gemessenen Durchsatz- Verlust-Kennlinien von 4 verschiedenen Mähdreschertypen. Für die Maschinenkostenberechnung erschien die approximative Annuitätenmethode als ausreichend genau. Die Relevanz der Ergebnisse erstreckt sich lediglich auf den Verlauf der Mähdruschkosten/ha in Abhängigkeit von den Körnerverlusten, nicht aber auf ihre absolute Höhe.
Die aus den zugrundegelegten Eckdaten resultierenden Flächenleistungen/Jahr zeigen, daß der schüttlerlose Mähdrescher durch die Inkaufnahme höherer Körnerverluste seine Flächenleistung/Jahr deutlich stärker steigern kann als die konventionellen Typen. Während der Übergang von 0,5 % auf 2 % Körnerverluste die Flächenleistung des schüttlerlosen Typs um annähernd 50 % anwachsen läßt, ist diese Steigerungsrate bei den konventionellen Mähdreschern mit 30 % vergleichsweise gering.
Unter Verwendung der ermittelten Flächenleistungen/Jahr werden die Mähdruschkasten/ha in Abhängigkeit von den Körnerverlusten berechnet. Ihr Minimum befindet sich für alle 3 untersuchten Schüttler-Typen am Verlustniveau von 1,25 %, für den schüttlerlosen Typ hingegen bei 1,75 %. Die von verschiedenen Autoren und der Landmaschinenindustrie für annehmbar gehaltene Verlustgrenze von 1% kann durch diese Berechnung also nicht bestätigt werden. Aus dem Kostenverlauf wird als weiteres deutlich, daß der wirtschaftliche Arbeitsbereich der Schüttler-Typen vergleichsweise schmal ist. Insbesondere beim Überschreiten des optimalen Durchsatzes und damit des optimalen Verlustniveaus steigen die Mähdruschkasten/ ha wesentlich stärker an als die des schüttlerlosen Typs.
Zwei Probleme verhindern derzeit die Anwendung der Ergebnisse in der Praxis. Der Bezahlungsmodus beim überbetrieblichen Mähdrusch richtet sich noch fast ausschließlich nach dem Faktor Fläche. Deswegen besteht für den Leistungsempfänger kein Anlaß, höhere Körnerverluste zu akzeptieren als ihm unabdingbar erscheinen. Außerdem sind für die Realisierung der Ergebnisse exakt funktionierende Körnerverlustmeßgeräte notwendig, da der Fahrer nur mit ihrer Hilfe auch wirklich ein gewünschtes Verlustniveau einhalten kann.
Am Ende der Arbeit zeigen mehrere Berechnungen. daß die ermittelten Verlustoptimas von 1,25 % bzw. 1,75 % relativ stabil gegenüber Änderungen wichtiger Einflußfaktoren sind. Somit ist nicht anzunehmen. daß das Ergebnis durch die subjektive Auswahl der Berechnungsgrundlage stark verfälscht wurde. Weiterhin wird deutlich, daß sich das optimale Verlustniveau tendenziell noch weiter nach oben verlagert, wenn man eine kürzere Einsatzzeit/Jahr. einen geringeren Durchsatz, steigende Anschaffungspreise für Mähdrescher oder sinkende Getreidepreise unterstellt. Dies läßt den Schluß zu, daß die ermittelten Verlustoptimas eher als zu niedrig einzustufen sind.
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Die derzeitig gegenläufige Entwicklung von Produkt- und Betriebsmittelpreisen zwingt die deutschen Landwirte immer mehr zu einer kritischen Überprüfung ihres Produktionskostenaufwandes. Dabei muß sich ihr Augenmerk auch auf mögliche Einsparmaßnahmen im Bereich des Maschineneinsatzes richten.
Innerhalb der Getreideernte gilt es deshalb, den Mähdreschereinsatz zu optimieren, dessen Wirtschaftlichkeit weitgehend durch die Körnerverluste bestimmt wird. Damit stellt sich zwangsläufig die Frage nach...
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