Im Zusammenhang mit dem Streben nach einer tiergerechteren Haltung von Milchkühen, die deren Gesundheit, Leistungsfähigkeit und Nutzungsdauer erhöhen soll, wird eine ganzjährige Auslaufmöglichkeit für die Tiere gefordert. Die zusätzliche Aktionsfläche und der Außenklimareiz wirken sich nicht nur positiv auf das Wohlbefinden der Tiere aus, sie helfen auch Gesundheits- und Fruchtbarkeitsprobleme zu mindern und können-trotzhöherer Baukosten- die Rentabilität der Milchkuhhaltung steigern. Obwohl weitgehend Einigkeit über die Notwendigkeit eines Auslaufs für Milchkühe besteht, liegen Untersuchungen zur Gestaltung eines Laufhofs bisher kaum vor.
Die vorliegende Arbeit wurde deshalb mit dem Ziel angefertigt, verschiedene Einflußfaktoren auf die Nutzung eines Laufhofs durch im Tretmiststall gehaltene Milchkühe zu untersuchen, um Empfehlungen für die Gestaltung eines derartigen Laufhofs geben zu können. Zu diesem Zweck wurden mittels direkter Tierbeobachtung an acht Versuchstagen ausgewählte Verhaltensweisen der Rinder registriert, nachdem zuvor an drei Tagen die soziale Rangordnung der Herde ermittelt worden war.
Es wurde ein Vergleich der Laufhofnutzung bei unterschiedlicher Laufhofgröße angestellt. Regressionsanalysen quantifizierten den Einfluß von Witterungsfaktoren und tierindividuellen Eigenschaften. Das Verhalten der Tiere im Auslauf gab weitere Hinweise auf die bedarfsgerechte Gestaltung eines Laufhofs.
Die Untersuchungen lieferten folgende Ergebnisse:
1. Ohne Windschutz hielten sich die Kühe lediglich 4,96 % der ihnen zur Verfügung stehenden Zeit im Laufhof auf. Nach Errichtung eines Windschutzes stieg die Nutzung des Auslaufs bei gleicher Laufhofgröße auf 39,94 % an. Dieses Ergebnis deckt sich mit Literaturangaben und zeigt die Bedeutung windgeschützter Aufenthaltsbereiche für Milchkühe.
2. Umfang und Qualität der Laufhofnutzung stiegen bei Erweiterung des Flächenangebots von 8 auf 15m2 je Kuh. Die Nutzung erhöhte sich von 39,94 % auf 46,35 %; die Anzahl an Einzelaufenthalten je Kuh an zwei Versuchstagen sank von 11,38 auf 8,63, was für eine zunehmend ruhigere Nutzung des Auslaufs spricht. Bei einer weiteren Ausdehnung des Flächenangebots auf 19,5 m2 je Kuh reagierten die Kühe weniger deutlich: Die Nutzung betrug dann 48,11 %, die Anzahl an Einzelaufenthalten je Kuh an zwei Versuchstagen 7,47. 15m2 je Kuh können somit als optimales Flächenangebot eines optionalen Laufhofs für im Tretmiststall gehaltene, behornte Milchkühe angegeben werden.
3. Neben der Laufhofgröße hatte auch die Witterung einen deutlichen Einfluß auf die Aufenthalte der Kühe in Freien. An sonnigen Tagen nutzten sie den Auslauf bei gleicher Laufhofgröße etwa doppelt soviel wie an nebligtrüben Tagen. Die Korrelation zwischen Anzahl an Kühen im Freien und Temperatur betrug 0,531, zwischen Anzahl an Kühen im Freien und relativer Luftfeuchte -0,427. Nach einem plötzlichen Witterungsumschwung am 15. 04. 1992 verließen die Tiere den Laufhof und hielten sich für den Rest des Tages überwiegend im Stall auf. Die in dieser Arbeit gefundenen Beziehungen zwischen Witterung und Aufenthaltsdauer im Auslauf stimmen mit der Literatur überein.
4. Das Verhalten der Kühe wies eine deutliche Tagesrhythmik auf. Bei sonnigem Wetter hielten sich vormittags und am frühen Nachmittag überdurchschnittlich viele Tiere im Laufhof auf. Bei neblig-trübem Wetter konnten nur in den ersten beiden Stunden nach Öffnung des Laufhofs überdurchschnittlich viele Tiere im Freien gezählt werden, danach hatte die Witterung dominierenden Einfluß auf die Laufhofnutzung. Da Kühe Gewohnheitstiere sind, muß ein Laufhof so gestaltet werden, daß er täglich geöffnet werden kann. Dazu ist eine Befestigung der Auslauffläche notwendig. Ein Laufhof, der nur bei schönem Wetter, also in variierenden Abständen, zugänglich ist, kommt den Bedürfnissen der Tiere wenig entgegen.
5. Tierindividuelle Eigenschaften hatten kaum Einfluß auf die Nutzung des Auslaufs, der demnach jeder Kuh im gleichen Umfang zur Verfügung stand. Trotz der ungünstigen Gestaltung des Ein- und Ausgangs ergab sich zwischen dem Rangindex einer Kuh und ihrer mittleren Aufenthaltsdauer je Aufenthalt im Laufhof eine Korrelation von lediglich 0,048. In die Regressionsgleichung wurde der Rangindex als Einflußfaktor nicht mit aufgenommen. Der positive Einfluß des Betriebsleiterehepaares Braun auf die Milchviehherde konnte den Nachteil des ungünstigen Zugangs ausgleichen. Dennoch sind bei der Konzeption eines Laufhofs mindestens zwei Ein- und Ausgänge zu planen, da Engpässe, die bei nur einem Zugang auftreten, bei den Tieren Streß hervorrufen.
6. Das Verhalten der Kühe im Laufhof unterstreicht die bisher gewonnenen Ergebnisse: Die Tiere halten sich bevorzugt im Bereich neben dem Windschutz auf. Die höchste durchschnittliche Tierkonzentration wurde in Zone 4 des Laufhofs beobachtet, in der sich die Kühe bevorzugt niederlegten.
Die Anzahl sozialer Auseinandersetzungen je Kuh und Stunde sank signifikant von 1,50 auf 1,09 bei einer Erweiterung des Flächenangebots von 8 auf 15m2 je Kuh. Die Reduktion auf 0,81 bei Ausdehnung der Fläche auf 19,5 m2 je Kuh war nicht signifikant.
Analoge Resultate ergaben sich beim prozentualen Anteilliegender Kühe im Laufhof: Er stieg signifikant von 5,99% auf 10,83% bei Vergrößerung des Laufhofs auf 15m2 je Kuh und blieb dann bei der weiteren Vergrößerung auf 19,5 m2 nahezu gleich hoch.
Beide Verhaltensweisen sind gute Maßstäbe für die Tiergerechtheit eines Haltungssystems: Die sinkende Anzahl sozialer Auseinandersetzungen und der steigende Anteilliegender Kühe zeigen, daß eine Erweiterung der Auslauffläche von 8 auf 15m2 das Wohlbefinden der Kühe steigert, eine weitere Vergrößerung der Fläche nur noch geringfügige Auswirkungen auf das Verhalten der Tiere hat.
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Im Zusammenhang mit dem Streben nach einer tiergerechteren Haltung von Milchkühen, die deren Gesundheit, Leistungsfähigkeit und Nutzungsdauer erhöhen soll, wird eine ganzjährige Auslaufmöglichkeit für die Tiere gefordert. Die zusätzliche Aktionsfläche und der Außenklimareiz wirken sich nicht nur positiv auf das Wohlbefinden der Tiere aus, sie helfen auch Gesundheits- und Fruchtbarkeitsprobleme zu mindern und können-trotzhöherer Baukosten- die Rentabilität der Milchkuhhaltung steigern. Obwohl wei...
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