Die Einzelhaltung von tragenden Sauen ist aus produktionstechnischen Gründen in den letzten 15 Jahren zum Standardverfahren in spezialisierten Schweinebetrieben geworden. Vor dem Hintergrund der Novelle des Tierschutzgesetzes vom August 1986 mit den verschiedenen Rechtsverordnungen zum Halten von Haustieren erfährt die Gruppenhaltung von tragenden Sauen eine neue Wertschätzung. Der Einsatz von Elektronik ermöglicht seit kurzem die Automatisierung der Futtervorlage mit individueller Tiererkennung an einer Transponder-Abrufstation. Diese Technik einer zentralisierten Fütterung stammt aus der Milchviehhaltung und hat sich dort bereits bewährt, wohingegen sie in der Sauenhaltung noch Probleme bereitet, die aber in Zukunft, basierend auf den Untersuchungen zur Auswirkung auf das Tierverhalten bei einem derartigen Fütterungsregime, zu beseitigen wären.
Für Gruppenhaltung von Sauen an Abrufstationen liegen in der Literatur neben wenigen wissenschaftlichen Analysen überwiegend nur Erfahrungsberichte über dieses Haltungssystem vor.
Die vorliegende Arbeit befaßt sich mit der Ermittlung von Verhaltensdaten für tragende Sauen in Gruppenhaltung mit Abruffütterung unter Praxisbedingungen an einer Gruppe von 14 Tieren. In der quantitativen Auswertung der Verhaltensbeobachtung lag der Schwerpunkt auf den Merkmalen „Ruhen" (Liegen/Sitzen), „Bewegungsverhalten" (Gehen/Stehen, Wegstrecke) und Stationsbelegung („Fressen" bzw. „Fehlbelegung"). Die Versuchsergebnisse lassen sich wie folgt zusammenfassen:
Zur Ermittlung von Verhaltensdaten, die auf einen Tag bezogen sind, genügt eine Beobachtungsdauer von 24 Stunden. Der Gesamtruhezeitanteil der Sauen am Tag betrug 81,58 % bei einer Spannweite von 64,87 % bis 93,42 %. Zum Liegen benutzten die Sauen die gesamte Bucht, wobei fünf Bereiche unterschieden werden konnten (entlang der Auslaßschleuse der Futterstation, an der vorderen Buchtenabtrennung, im Tränkebereich, in den hinteren Buchtenrandbereichen, im mittleren Buchtenbereich).
14,31 % des Tages verbrachten die Sauen im Durchschnitt mit den Aktivitäten „Gehen" und „Stehen". Im Mittel legten sie 377 m Distanz in 24 Stunden zurück. Die Spannweite der Werte reichte von 231 m bis 651 m.
An der Futterabrufstation wurden nahezu 100 % der Tagesgesamtmenge bei der ersten „Mahlzeit" abgeholt. Die Sauen belegten die Station durchschnittlich 18,0 min zum Fressen. 30,3 min am Tag war die Abrufstation im Mittel ohne Futteranspruch (Fehlbelegung) pro Sau belegt. Die Fehlbelegungsfrequenz betrug durchschnittlich 9,2 mal pro Tier und Tag. Die durchschnittliche Anzahl der Tränkeaufenthalte war 9,2 mal pro Sau und Tag.
Die Tagesperiodik (Aktivität „Nicht-Liegen", Stationsfrequentierung und Tränkefrequentierung) war gekennzeichnet durch zwei Aktivitätszeiten von 4:30 Uhr bis 13:30 Uhr und von 16:00 Uhr bis 24:00 Uhr.
Durch ethologische Studien des Verhaltens von Sauen an verschieden konstruierten Abrufstationen können negative technologische Einflüsse erkannt werden und nach Umsetzung der Verbesserungsvorschläge in die Praxis dazu beitragen, daß der Produktionserfolg in der Sauenhaltung gesichert wird. Die Vereinheitlichung der Systeme wird eine Folge der Weiterentwicklung von Abruffütterungsanlagen sein.
Die Quantifizierung einzelner Einflußgrößen auf das Verhalten von Sauen an einer Transponder-Abrufstation dürfte erst nach gegenseitiger Angleichung der Systeme sinnvoll sein, bis dahin werden Verhaltensdaten nützlich sein zur Optimierung dieser Haltungsform.
In weiterer Zukunft könnte die Möglichkeit des Einsatzes einer Abrufstation auch bei Mastschweinen (BARTUSSEK und HAUSLEITNER, 1987), Jungsauen (BERBERICH, 1987) bzw. ferkelführenden Sauen (van PUTTEN, 1987, LORENZ und BERKNER, 1987) Gegenstand von Untersuchungen sein.
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