Die chronische Pankreatitis (CP) ist eine Erkrankung der Bauchspeicheldrüse, bei der es durch anhaltende oder rezidivierende Entzündungsprozesse zu einem fibrotischen Umbau des Drüsenparenchyms kommt. Bisher konnten verschiedene Gene identifiziert werden, deren Mutationen unterschiedlich stark mit der Entstehung einer CP assoziiert sind. Da diese Mutationen vor allem Enzyme aus dem Proteasen-/ Antiproteasen-System betreffen, wurden in dieser Arbeit drei Gene untersucht, die für pankreatische Lipasen kodieren: Carboxylester-Lipase (CEL), Pankreatische Phospholipase A2 (PLA2G1B) und Pankreatische Lipase (PNLIP)
Für CEL wurden 510 Patienten mit idiopathischer oder hereditärer CP auf das Vorliegen eines Hybrid-Allels (CEL-HYB) getestet, das aus einer Fusion von CEL und seinem benachbarten Pseudogen CELP entstanden ist. Das Patientenkollektiv wurde mit 2362 gesunden Kontrollpersonen verglichen. Des Weiteren wurden 352 Patienten mit alkohol-induzierter CP untersucht. Als Screening-Methode auf CEL-HYB wurde eine Schmelzkurvenanalyse durchgeführt. Alle Positiv-Proben wurden zur Verifizierung noch einer DNA-Sequenzierung nach Sanger unterzogen. CEL-HYB konnte sowohl in der Gruppe der Patienten mit idiopathischer und hereditärer CP als auch in der Gruppe der Patienten mit alkohol-induzierter CP signifikant gehäuft nachgewiesen werden. Alle positiv getesteten Individuen waren heterozygote Träger der Mutation. Um zu untersuchen, ob weitere seltene Varianten in der kodierenden Region ebenfalls zu einer chronischen Pankreatitis disponieren, analysierten wir 364 Patienten und 238 Kontrollen mittels Sanger-Sequenzierung auf die Exone 1 bis 10, fanden aber keine Varianten, die bei chronischer Pankreatitis überrepräsentiert waren.
Für PLA2G1B wurde der gesamte kodierende Bereich einschließlich der Exon-Intron-Grenzen mittels PCR und DNA-Sequenzierung nach Sanger nach Varianten abgesucht. Die Analyse erfolgte bei 151 Patienten mit nicht-alkoholischer CP und 186 gesunden Kontrollen. Es fanden sich zwei verschiedene Varianten im Exon 3, die aber zu keinem Aminosäureaustausch führten: c.222T>C (p.Y74=) und c.294G>A (p.S98=). Es zeigte sich keine signifikante Häufung bei Patienten mit CP im Vergleich zu den Kontrollen (c.222TC: CP 0,9 % vs. Kontrollen 1,0 %; c.294GA: CP 3,0 % vs. Kontrollen 2,8 %; c.294AA: CP 0,2 % vs. Kontrollen 0,1 %). Somit spielen PLA2G1B-Varianten in der Pathogenese der CP wahrscheinlich keine Rolle.
Auch für PNLIP wurden alle 13 Exone einschließlich der Exon-Intron-Grenzen mittels PCR und DNA-Sequenzierung nach Sanger analysiert. Hierfür wurden 429 Patientin mit idiopathischer und hereditärer CP sowie 600 gesunde Kontrollpersonen untersucht. Für PNLIP konnten heterozygote nicht-synonyme Mutationen bei 8/429 (1,9%) Patienten und bei 2/600 (0,3 %) Kontrollen identifiziert werden. Die am häufigsten gefundene Variante war p.F300L, die sich bei 4 Patienten, aber bei keiner Kontrolle fand. Sowohl die Variante p.F300L als auch alle Varianten insgesamt fanden sich signifikant häufiger in der Gruppe der Patienten im Vergleich zur Gruppe der Kontrollen.
Somit konnte erstmals gezeigt werden, dass auch Lipasen eine Rolle bei der Entstehung einer CP spielen. Im Gegensatz zu den bereits bekannten Risikogenen aus dem Proteasen-/Antiproteasen-System beruht der Pathomechanismus nicht auf einer vorzeitigen Aktivierung pankreatischer Verdauungsenzyme. Vielmehr könnte eine Akkumulation defekter Proteine zu Zellschäden führen und Autophagozytoseprozesse auslösen. Die beiden in dieser Arbeit identifizierten Risikogene stellen damit in mehrerlei Hinsicht eine außergewöhnliche und neuartige Erkenntnis in der Pankreatitisforschung dar.
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Die chronische Pankreatitis (CP) ist eine Erkrankung der Bauchspeicheldrüse, bei der es durch anhaltende oder rezidivierende Entzündungsprozesse zu einem fibrotischen Umbau des Drüsenparenchyms kommt. Bisher konnten verschiedene Gene identifiziert werden, deren Mutationen unterschiedlich stark mit der Entstehung einer CP assoziiert sind. Da diese Mutationen vor allem Enzyme aus dem Proteasen-/ Antiproteasen-System betreffen, wurden in dieser Arbeit drei Gene untersucht, die für pankreatische Lip...
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