Trotz intensiver Forschung ist die Pathogenese verschiedener neurologischer Krankheiten bislang noch teils ungeklärt. So ist beispielsweise die Ätiologie der Multiplen Sklerose, einer der häufigsten neurodegenerativen Autoimmunkrankheiten, noch nicht vollständig bekannt und Therapieansätze sind nur eingeschränkt verfügbar. In den meisten Fällen stellt Interferon-β eine effektive Therapieoption dar Hartung et al. (2013); Sitzer and Steinmetz (2011). Dennoch entwickeln eine bedeutsame Anzahl der Patienten bindende Antikörper (BABs) oder neutralisierende Antikörper (NABs), die das Medikament binden bzw. neutralisieren und damit zu Therapieversagen führen Creeke and Farrell (2013).
Ziel dieser Arbeit war die Entwicklung eines auf Genotypen basierenden Vorhersagemodells, anhand dessen die Wahrscheinlichkeit der Antikörperbildung auf Interferon-β Medikation schon vor Therapiebeginn abgeschätzt werden kann. Darüber hinaus könnte man mögliche Kandidaten Gene identifizieren, anhand derer dann auf ein besseres Verständnis der molekularen Mechanismen gehofft werden kann, die dieser Krankheit und der Produktion von Antikörpern zugrunde liegen. Nach aktuellen Forschungsergebnissen liefern das Gen HLA-DRB1, sowie der SNP rs9272105, welcher in der Nähe des Genes HLA-DQA1 auf Chromosom 6 lokalisiert ist, erste Hinweise auf eine Assoziation von Antikörperproduktion als Reaktion auf eine Interferon-β Therapie Barbosa et al. (2006); Buck et al. (2011); Buck and Hemmer (2014); Hoffmann et al. (2008); Link et al. (2014); Soelberg Sorensen (2008); Weber et al. (2012). Auch die SNPs rs4961252 auf Chromosom 8 und rs5743810, welcher innerhalb des Gens TLR6 auf Chromosom 4 liegt, zeigten genomweite Signifikanz in Zusammenhang mit der Produktion von Antikörpern gegen Interferon-β letzterer jedoch nur bei männlichen Patienten Weber et al. (2012); Buck and Hemmer (2014); Enevold et al. (2010).
Mit der Fragestellung, ob anhand von genetischen Prädikatoren eine Vorhersage getroffen werden kann, wurden uns sowohl die Genotypen als auch die Daten zum Antikörpertiter gegen Interferon-β von der neurologischen Abteilung des Klinikums Rechts der Isar, München zur Verfügung gestellt.
Diese Dissertation beinhaltet die Entwicklung eines Vorhersagemodels zur Antikörperproduktion gegen Interferon-β unter Berücksichtigung von SNP x SNP Interaktionen. Support Vector Machines ist eine Methode des maschinellen Lernens, die im Gegensatz zu anderen Methoden in der Lage ist solche Interaktionen zu berücksichtigen. Dadurch geht dieses Modell über bisherige Forschungsansätze hinaus, die sich auf die Analyse von Einzel-SNP-Assoziationen oder maximal paarweisen Epistasiseffekten stützen.
Um die mögliche Anzahl der miteinbezogenen SNPs für eine SVM Berechnung nicht zu überschreiten, wurden die Genotypen genweise nach Gengrenzen aufgeteilt. Für jedes Gen wurde ein Vorhersagemodel erstellt, das die zugeordneten SNPs entsprechend ihres Einflusses bezüglich einer Vorhersage zur Produktion von Antikörpern einstuft. Als Resultat ergab sich eine Liste signifikanter Gene mit den jeweils vorhersagerelevanten SNPs. Dadurch war es möglich, die vorhersagekräftigsten SNPs zu bestimmen.
Sowohl einige HLA Gene, aber auch die unmittelbar benachbarten Gene HCG23 und BTNL2 auf Chromosom 6 konnten als signifikant ermittelt werden. In den genomweiten Resultaten fanden sich 78 signifikante Gene mit 315 relevanten SNPs. Das endgültige Modell nutzt davon die 166 besten SNPs, welche die beste Vorhersage lieferten, da zu diesem Zeitpunkt bereits das Maximum der Vorhersage erreicht werden kann.
Wesentlich ist, dass für die zukünftige Anwendung dieses Modells nur ein ausgewählter Anteil der Genotypen eines Patienten zur Vorhersage benötigt wird. Dafür könnte man spezielle Tests entwickeln, die nur die im Modell verwendeten SNPs benötigen und somit relativ einfach
und kostengünstig durchzuführen wären. Die identifizierten Gene sollten hinsichtlich ihrer Bedeutung weiter untersucht werden.
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Trotz intensiver Forschung ist die Pathogenese verschiedener neurologischer Krankheiten bislang noch teils ungeklärt. So ist beispielsweise die Ätiologie der Multiplen Sklerose, einer der häufigsten neurodegenerativen Autoimmunkrankheiten, noch nicht vollständig bekannt und Therapieansätze sind nur eingeschränkt verfügbar. In den meisten Fällen stellt Interferon-β eine effektive Therapieoption dar Hartung et al. (2013); Sitzer and Steinmetz (2011). Dennoch entwickeln eine bedeutsame Anzahl der...
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