Der Delta/Notch Signaltransduktionsweg ist eine an vielfältigen Entwicklungsprozessen beteiligte, evolutionär konservierte Signalkaskade. Bisher wurde die Wirkungsweise während der Neurogenese, Somitogenese, links-rechts Achsenbildung, Pakreasentwicklung und der Entwicklung der sensorischen Härchen im Innenohr beobachtet. In den letzten Jahren wurde eine Anzahle von Genen identifiziert, die direkt an der Signaltransduktion beteiligt sind, oder die den Wechselweg auf verschiedene Weise beeinflussen. Für den wichtigen Entwicklungsprozess der lateralen Inhibition, der von Delta/Notch Signaltransduktion gesteuert wird, wurde ein Modell etabliert. Es bleibt jedoch unklar, wie die begrenzte Anzahl an bisher identifizierten Genen eine solche Vielfalt an Entwicklungsprozessen steuern kann. Um neue Einblicke in die Regulation der Delta/Notch Signaltransduktionskaskade zu gewinnen und um Zielgene von Dll1 zu identifizieren wurde das Transkriptom, sowie das Proteom von 10.5 dpc Wildtyp und Dll1 mutanten Mausembryonen untersucht. Dazu wurde die DNA-Chip Technologie und 2D-Gelelektrophorese kombiniert mit Massenspektrometrie durchgeführt. Durch die Transkriptomanalyse wurden in der Dll1 Mutante 22 hoch- und 30 herunter regulierte Gene identifiziert. Die Proteomanalyse lieferte 13 hoch- und 37 herunter regulierte Proteine am Tag 10.5 der Embryonalentwicklung. Zur Bestätigung und weiteren Analyse der identifizierten Kandidaten wurde Real-Time PCR und Ganzkörper in situ Hybridisierung auf Nukleinsäure-Ebene und semi-quantitatives Immunoblotting auf Protein-Ebene durchgeführt. Der aussichtsreichste Kandidat der Analysen ist das Gen Ifitm1. Es ist in Regionen des Embryos exprimiert von denen man weiß, dass dort Delta/Notch Signalübertragung stattfindet, wie beispielsweise im präsomitischen Mesoderm und den jüngsten Somiten. In Dll1, Dll3 und Jag1 mutanten Mausembryonen war die Expression in diesen Regionen deutlich reduziert, was auf eine direkte Verbindung zwischen Dll1, bzw. Delta/Notch Signaltransduktion und Ifitm1 hinweist. Ifitm1 wurde erst kürzlich als Markergen für primordiale Keimzellen identifiziert, eine genaue Funktion ist bisher nicht bekannt. Um die Funktion von Ifitm1 detailliert untersuchen zu können wurde ein klassisches Targeting Konstrukt entworfen und hergestellt. Mit Hilfe der Knock-out Tiere werden neue Einblicke in die Bedeutung von Ifitm1 für die Somitogenese und andere Entwicklungsprozesse gewonnen werden. Es wurden weitere Gene gefunden, die ein bezüglich Delta/Notch Signaltransduktion bemerkenswertes Expressionsmuster zeigen, und deren Expression in Dll1 Mutanten, sowie auch in Dll3 und Jag1 Mutanten verändert war. Diese Gene sind Csk, Ddx6, Nes, Sema5b and Smarcc1. Auch auf Protein-Ebene wurde eine Reihe interessanter Proteine identifiziert. Dazu gehören beispielsweise sechs Untereinheiten des 26S Proteasoms, vier „translation initiation“ bzw. „elongation“ Faktoren, Proteine der Signalisierungskaskade der Zellen, wie zwei 14-3-3 Proteine und Proteine, die in den intrazellulären Transport involviert sind. Betrachtet man die Daten der Transkriptom- und Proteomanalyse gemeinsam so scheint klar zu werden, dass in der Dll1 Mutante eine Anzahl an zellulären Prozessen beeinträchtigt sein könnte. Auf genomischer Ebene scheint die Regulation der Chromatin Modellierung verändert zu sein. Die post-transkriptionelle Regulation scheint auf der Ebene der Initiierung sowie der Elongation der Transkription ebenso gestört zu sein, wie auch bei dem Prozess der Protein Degradation am Proteasom. Intrazelluläre und regulatorische Transportmechanismen scheinen auf der Ebene der Phosphorylierung und Dephosphorylierung durch Protein Phosphatase 2A (PP2A) und C-src Tyrosin Kinase (Csk) und auch durch 14-3-3 Proteine verändert zu sein. Intrazellulärer Transport hängt weiterhin vom Cytoskelett ab. Zwei Komponenten des Cytoskeletts, Nestin und g-Tubulin, sind reguliert in der Dll1 Mutante. Durch verminderte Expression des SNARE Proteins Nsf, wie auch dessen Interaktionspartner Munc18-3, scheinen auch Transportmechanismen, die mit Hilfe der Zellmembran ablaufen, beeinträchtigt zu sein. Weiterhin scheinen auch Entwicklungsprozesse in der Mutante betroffen zu sein. Beispielsweise wurden vier Transkriptionsfaktoren identifiziert, die noch nie mit der Delta/Notch Signaltransduktion in Zusammenhang gebracht wurden. Im Moment bleibt offen, ob diese Transkriptionsfaktoren auf der Seite der Delta exprimierenden, signalgebenden Zelle, oder auf der Seite der Notch exprimierenden, signalempfangenden Zelle eine Rolle spielen. Eine mögliche Beeinträchtigung der Wanderung der Neuralleistenzellen könnte durch die verminderte Expression von Sema5b angezeigt werden. Sema5b ist in den Prozess der Wegleitung der Neuronen involviert. Mit Hilfe einer Kombination aus Analysen des Transkriptoms und des Proteoms konnte gezeigt werden, dass RNA- und Protein-Expression Profiling zwei vielseitige und leistungsstarke Ansätze sind, die einander komplementieren. Es war auf diese Weise möglich neue Einblicke in regulatorische Mechanismen zu erhalten, die man mit einer Methode allein nicht hätte bekommen können.
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Der Delta/Notch Signaltransduktionsweg ist eine an vielfältigen Entwicklungsprozessen beteiligte, evolutionär konservierte Signalkaskade. Bisher wurde die Wirkungsweise während der Neurogenese, Somitogenese, links-rechts Achsenbildung, Pakreasentwicklung und der Entwicklung der sensorischen Härchen im Innenohr beobachtet. In den letzten Jahren wurde eine Anzahle von Genen identifiziert, die direkt an der Signaltransduktion beteiligt sind, oder die den Wechselweg auf verschiedene Weise beeinfluss...
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