Die Kenntnis über den Einfluss menschlicher Aktivität auf das Verhalten von Wölfen ist nötig um einschätzen zu können, unter welchen Bedingungen Wölfe in der Lage sind in Koexistenz mit Menschen zu leben. Mein Ziel war es deshalb herauszufinden, ob Menschen den Aktivitätsrhythmus oder die räumliche Verteilung telemetrierter Wölfe im Bialowieza-Wald (Ostpolen) beeinflussen. In fünf Artikeln (Kapitel 2-6) habe ich die folgenden Fragen behandelt: (1) Beeinflusst die Telemetrie das Verhalten der Wölfe? (2) Schränkt menschliche Aktivität die Standortveränderungen der Wölfe ein? (3) Beeinflussen Menschen den Aktivitätsrhythmus der Wölfe? (4) Bevorzugen Wölfe für Ruheplätze und Welpenaufzucht Gebiete mit niedriger menschlicher Aktivität? (5) Meiden Wölfe den Kontakt mit Menschen räumlich-zeitlich?Das Ziel in Kapitel 2 war es, die Verlässlichkeit der Telemetrie zu bestimmen und ob die Anwesenheit der Telemetrierer die Aktivität und Standortveränderungen der Wölfe beeinflusst. Hierfür habe ich verschiedene Methoden zur Einschätzung der Aktivität mit Hilfe der Telemetrie und die Reaktion der Wölfe bei verschieden Abständen zwischen Telemetrierern und Wölfen verglichen. Die in dieser Studie verwendete Telemetriemethode ermöglichte eine repräsentative Schätzung der Aktivitätsrhythmen der Wölfe. Die Telemetrierer hatten keinen erkennbaren Einfluss auf die Aktivität und Standortveränderungen der Wölfe, solange der Abstand zwischen Telemetrierern und Wolf größer als 200 m war. Am Tage gab es einen kleinen, aber nicht signifikanten Einfluss, wenn die Entfernung zwischen Telemetrierer und Wolf kleiner als 200 m war.In Kapitel 3 habe ich Tagesrhythmen von Menschen mit Tagesrhythmen der Standortveränderungen von Wölfen im Bialowieza-Nationalpark und im bewirtschafteten Teil des Bialowieza-Waldes verglichen, um einzuschätzen, ob menschliche Aktivität die Standortveränderungen der Wölfe am Tage einschränken. Die Tagesrhythmen der Standortveränderungen von im Wirtschaftswald mit hoher menschlicher Aktivität lebenden Wölfen waren negativ mit den Aktivitätsrhythmen von Menschen korreliert. Zur Tageszeit maximaler menschlicher Präsenz gab es jedoch keine Unterschiede im Ausmaß der Standortveränderungen zwischen Wölfen aus dem Nationalpark mit niedriger menschlicher Aktivität und dem Wirtschaftswald. Dies bedeutet, dass menschliche Aktivität die Tagesrhythmen der Standortveränderungen von Wölfen möglicherweise beeinflussen, aber der Einfluss nicht stark genug ist, um Standortveränderungen am Tage signifikant zu vermindern.Das Ziel in Kapitel 4 war es, den Einfluss verschiedener Faktoren auf Aktivitätsrhythmen von Wölfen einzuschätzen. Hierzu habe ich die Wirkung menschlicher Aktivität, der Jagd nach Beute, der Saison der Welpenaufzucht und der Witterung auf die Aktivitätsrhythmen von Wölfen analysiert. Die untersuchten Wölfe waren zu jeder Tageszeit aktiv, die Aktivitätsspitzen lagen jedoch bei Sonnenaufgang und Sonnenuntergang. Während der Dämmerungsphasen rissen Wölfe auch die meisten Beutetiere. Die Saison der Welpenaufzucht und hohe Temperaturen hatten einen weniger deutlichen Einfluss auf die Aktivitätsrhythmen. Menschliche Aktivität und andere Faktoren beeinflussten die Aktivitätsrhythmen der Wölfe nicht erkennbar. Der Aktivitätsrhythmus der Wölfe scheint deshalb hauptsächlich durch die Jagd nach Beute geprägt zu sein. Es ist jedoch nicht ausgeschlossen, dass der Einfluss von Menschen indirekt sein kann, wenn Menschen die Aktivitätsrhythmen von Beutetieren durch Bejagung verändern.Das Ziel in Kapitel 5 war zu bestimmen, wie Wölfe ihre Wurf-, Rendezvous- und Ruheplätze hinsichtlich der Habitatbeschaffenheit und Nähe des Menschen auswählen. Hierzu habe ich Habitatstrukturen und Lage solcher Plätze mit denen von Zufallspunkten im Wald verglichen. Wurf- und Rendezvousplätze befanden sich so weit wie möglich entfernt von Waldrand, Siedlungen und intensiv genutzten Straßen. Diese von Menschen geschaffenen Strukturen beeinflussten die Lage von Ruheplätzen nicht. Die Wölfe bevorzugten trockene Nadelwälder zum Anlegen der Höhlen, nutzen aber auch andere Waldtypen für die Welpenaufzucht. Die Eignung eines Gebietes für die Aufzucht von Welpen scheint deshalb in erster Linie von der räumlichen Verteilung des Waldes, der Siedlungen und der öffentlichen Straßen abzuhängen und in zweiter Linie von der Habitatbeschaffenheit.Ohne Berücksichtigung gemeinsamer Effekte erklärten die Analysen zeitlicher und räumlicher Aspekte nicht alle Reaktionen der Wölfe auf menschliche Aktivität (Kapitel 3-5). Deshalb testete ich in Kapitel 6 die Hypothese, dass Wölfe räumlich-zeitlich vom Menschen getrennt leben. Um zu überprüfen, ob Wölfe permanente vom Menschen geschaffene Strukturen (Siedlungen, Grenze zwischen Wald und Agrarland, Straßen, Wanderpfade) zeitweise meiden, habe ich die räumliche Verteilung der Lokalisierungen von Wölfen mit der von zufallsverteilten Punkten für verschiedene Tagesabschnitte verglichen. Um einzuschätzen, wie Wölfe auf Aktivität von Menschen im Wald (z. B. Forstarbeiten, Verkehr) reagieren, habe ich die Aktivität von Menschen in der Umgebung der Wölfe mit der von Waldteilen verglichen, in denen Wölfe zur gegebenen Zeit abwesend waren. Die Wölfe mieden vom Menschen geschaffene Strukturen mehr am Tag als in der Nacht. Je stärker die Nutzung durch Menschen war, um so mehr mieden Wölfe die Struktur. Vor allem große Siedlungen und intensiv genutzte öffentliche Straßen reduzierten das von Wölfen genutzte Gebiet. Die Wölfe mieden zeitweise Anwesenheit von Menschen im Wald dadurch, dass sie Gebiete aufsuchten, in denen sich zur gegebenen Zeit keine Menschen aufhielten. Ein Wolfsrudel bevorzugte das Totalreservat (50 km²) des Bialowieza-Nationalparks als Kerngebiet seines Streifgebietes am Tage und in der Nacht. Wolfsrudel, die im Wirtschaftswald mit kleinen Naturschutzgebieten (bis 4 km²) lebten, bevorzugten dagegen Naturschutzgebiete weder am Tage, noch in der Nacht.Ich schließe aus den Ergebnissen meiner Studie, dass die räumlich-zeitliche Meidung des Menschen eine Verhaltensanpassung ist, die Wölfen ermöglicht im gleichen Gebiet mit Menschen zu leben und ihren Aktivitätsrhythmus auf den Nahrungserwerb hin zu optimieren. Die Trennung der Wölfe vom Menschen kann in Gebieten mit niedriger Wolfsdichte stärker räumlich geprägt sein, da Wölfe die Möglichkeit haben sich auf Gebiete mit niedrigerer Siedlungsdichte von Menschen zu beschränken. Die räumlichen Verteilungen von Wald, Siedlungen, intensiv genutzten Straßen und Gebieten mit eingeschränktem Zugang für Menschen bestimmen hauptsächlich, welche Gebiete Wölfe besiedeln. Schutzgebiete von mindestens 50 km² Größe stellen geeignete Lebensräume dar, wohingegen kleine Schutzgebiete von wenigen Quadratkilometern Größe die Habitateignung für Wölfe nicht verbessern.
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Die Kenntnis über den Einfluss menschlicher Aktivität auf das Verhalten von Wölfen ist nötig um einschätzen zu können, unter welchen Bedingungen Wölfe in der Lage sind in Koexistenz mit Menschen zu leben. Mein Ziel war es deshalb herauszufinden, ob Menschen den Aktivitätsrhythmus oder die räumliche Verteilung telemetrierter Wölfe im Bialowieza-Wald (Ostpolen) beeinflussen. In fünf Artikeln (Kapitel 2-6) habe ich die folgenden Fragen behandelt: (1) Beeinflusst die Telemetrie das Verhalten der Wöl...
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