Das Forschungsgebiet der Ökohydraulik schafft eine Verbindung zwischen ökologischen Problemen und wasserbaulichen und wasserwirtschaftlichen Fragestellungen. Durch die wachsende Erkenntnis in der Bevölkerung und auch in der Politik, dass eine nachhaltige Bewirtschaftung und die Erhaltung der Fließgewässerökosysteme von großer Bedeutung sind, erhält dieses For-schungsgebiet immer mehr Aufmerksamkeit. Forschung im Bereich der Ökohydraulik basiert darauf, dass Fließgewässerökosysteme als dynamische und vielfältige Systeme angesehen werden, die weiter durch physikalische, chemische und biologische Merkmale beeinflusst wer-den. Diese Ökosysteme sind jedoch durch anthropogene Aktivitäten massiv verändert, wodurch die verfügbaren Habitate im Fließgewässer und dadurch die im Fließgewässer lebenden Orga-nismen stark beeinträchtigt sind. Die Simulation von Habitaten in Fließgewässern ist ein wichti-ges Hilfsmittel in ökohydraulischen Studien, da Habitatmodelle hydraulische Größen mit einer Bewertung des vorhandenen Habitats im Fließgewässer verbinden. Die Bewertung von ökologischen Mindestwassermengen ist ein wichtiges Teilgebiet der Ökohydraulik, um den Einfluss von anthropogenen Änderungen im Fließgewässer, wie beispielsweise die Wasserentnahme für die Wasserkraftproduktion, zu minimieren. MesoHABSIM ist ein Habitatmodell basierend auf der Mesohabitatskala, welches schon mehrfach in Studien zur Bewertung und Berechnung ökologi-scher Mindestwassermengen auf lokaler sowie auf regionaler Ebene verwendet wurde. Das Model betrachtet hydromorphologische Aspekte und analysiert zusätzlich das hydrologische Regime des Fließgewässers, um natürlich auftretende habitatlimitierende Situationen zu erkennen. Ökologische Mindestwasserwerte, die auf der Basis von MesoHABSIM Ergebnissen ermittelt werden, orientieren sich an den natürlichen Gegebenheiten und führen zu einem saisonal ange-passten dynamischen Mindestwasserkonzept, was gegenüber anderen Methoden der Mindestwasserberechnung ein bedeutender Vorteil ist. Daher wurde auch in dieser Arbeit MesoHABSIM verwendet und an Flussabschnitten an der Leutascher Ache sowie am Oberen Inn angewendet, um ökologische Mindestwassermengen für die Region Tirol zu berechnen. Am Oberen Inn wur-den dabei zwei Strecken im Restwasserbereich des geplanten Gemeinschaftskraftwerks Inn (Test case im EU H2020 Projekt FIThydro) betrachtet, ein aufgeweiteter Flussabschnitt sowie ein kanalisierter Abschnitt. Daten über die vorhandenen hydromorphologischen Strukturen wurden dabei durch Begehungen sowie durch die Auswertung von Luftbildern und hydraulische Simulationen ermittelt. Die damit aufgestellten Habitatmodelle berücksichtigen die saisonalen Habitatpräferenzen aller vorherrschenden Fischarten. Die Modelle zeigten natürliche Habitatbedin-gungen an der Leutascher Ache sowie am aufgeweiteten Flussabschnitt am Oberen Inn und monotone strukturarme Bedingungen an der kanalisierten Strecke. Mit den aufgestellten Habitatmodellen wurden dann Habitat-Abfluss-Kurven entwickelt und eine Habitat-Zeitreihen-Analyse (basierend auf Uniform Continious Under Threshold curves) durchgeführt, wodurch ökologische Mindestwasserwerte berechnet werden konnten. Diese Arbeit zeigt zum einen, dass die Kanali-sierung von Fließgewässern das verfügbare Habitat für die einheimischen Arten im Fluss redu-ziert und destabilisiert, wohingegen Renaturierung- und Aufweitungsmaßnahmen großes Potential haben, natürliche Habitate wiederherzustellen. Außerdem wurden mit dieser Arbeit für den Oberen Inn ähnliche ökologische Mindestwasserwerte berechnet, wie sie bereits für das Ge-meinschaftskraftwerk Inn festgelegt wurden. Dies bestätigt, dass die MesoHABSIM Methodik erfolgreich im Bereich der Mindestwasserfestlegung angewendet werden kann. Weiterhin bestä-tigen die Ergebnisse der Habitatmodelle die im EU H2020 Projekt AMBER erstellte Einteilung der europäischen Fließgewässer in Fischmakrohabitat-Regionen und deren definierten Habitatstrukturen und vorherrschenden Fischarten. Dies zeigt das Potential dieser großräumigen Einteilung besonders hinsichtlich der Festlegung von ökologischen Mindestwasserwerten auf regionaler Ebene. Mit weiterer Forschung in diesem Bereich könnten somit regionale ökologische Mindestwasserwerte für ganz Europa entwickelt werden.
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Das Forschungsgebiet der Ökohydraulik schafft eine Verbindung zwischen ökologischen Problemen und wasserbaulichen und wasserwirtschaftlichen Fragestellungen. Durch die wachsende Erkenntnis in der Bevölkerung und auch in der Politik, dass eine nachhaltige Bewirtschaftung und die Erhaltung der Fließgewässerökosysteme von großer Bedeutung sind, erhält dieses For-schungsgebiet immer mehr Aufmerksamkeit. Forschung im Bereich der Ökohydraulik basiert darauf, dass Fließgewässerökosysteme als dynamische...
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