Ziel der Studie war es zu ermitteln, wie lange ein präoperativ eingelegter Gallengangsstent bei Patienten mit Pankreaskopfkarzinom zur Entlastung einer Cholestase vor Pankreaskopfresektion idealerweise belassen werden sollte, um eine möglichst geringe postoperative Komplikationsrate zu erzielen. Außerdem sollte versucht werden Prognosewerte zu ermitteln, die ein bestimmtes klinisches Vorgehen indizieren oder Risikopatienten aufzeigen.
Methoden: Hierzu wurden zwei Kohorten mit bzw. ohne präoperative Gallengangsdrainage verglichen. Es wurde ein retrospektive Datenanalyse von 304 Patienten mit Pankreaskopfkarzinom durchgeführt, die im Zeitraum von 2007 bis 2014 am Klinikum rechts der Isar operiert wurden. Davon erhielten 170 Patienten eine präoperative Gallengangsdrainage mittels Stent. Es wurden verschiedene präoperative Serum-Parameter und die Dauer der präoperativen Galleableitung mit dem Auftreten postoperativer Komplikationen korreliert und zusätzlich eine Überlebenszeitanalyse durchgeführt.
Ergebnisse: Die Gesamtrate postoperativer Komplikationen war in der Gruppe der Patienten mit präoperativer Gallengangsdrainage signifikant erhöht (p=0.028). In der Stent-Kohorte wurden postoperativ mehr Antibiosen verabreicht, als in der Kohorte ohne Stent (≥2 verschiedene Antibiosen: 42,4% vs. 21,6%; p=0,000), und es traten signifikant mehr Wundheilungsstörungen auf (21,4% vs. 9,4%; p=0,005).
Es gab keinen statistisch signifikanten Unterschied in Bezug auf die Komplikationsrate nach Clavien-Dindo zwischen einer langen (>4 Wochen) und einer kurzen (<4 Wochen) Drainagedauer (CD: p=0,608). Allerdings traten in der Kohorte mit der langen Drainagedauer keine lebensbedrohlichen Komplikationen auf (CD 4+5: 0,0% vs. 8,9%; p=0,028). Das mediane Gesamtüberleben war durch die verlängerte Drainagezeit nicht beeinträchtigt.
Ein erhöhter Bilirubin-Wert vor OP bzw. vor ERCP und Stent-Einlage korrelierte nicht mit einer erhöhten postoperativen Komplikationsrate. Allerdings zeigte sich in der Kohorte ohne präoperative Gallengangsdrainage bei den Patienten mit erhöhter postoperativer Morbidität ein signifikant niedrigerer Quick-Wert vor OP (p=0,001).
Zusammenfassung: Es konnte nachgewiesen werden, dass Patienten mit präoperativer Gallengangsdrainage vor Pankreatikoduodenektomie im Vergleich zu den Patienten, die direkt operiert wurden, eine höhere Rate postoperativer Komplikation aufweisen, insbesondere infektiöse Komplikationen und Wundheilungsstörungen. Damit wurde in dieser Studienkohorte das Ergebnis aktueller Studien zu der Thematik bestätigt. Eine routinemäßige Entlastung der Cholestase mittels Gallengangsstenting vor Pankreasresektion kann nicht empfohlen werden.
Außerdem konnte gezeigt werden, dass die Indikation für eine präoperative Gallengangsdrainage für Patienten mit geplanter Pankreatikoduodenektomie nicht allein durch einen erhöhten Bilirubin-Wert begründet werden kann. Als besserer Parameter für eine beeinträchtigte Leberfunktion stellte sich der Quick-Wert heraus, der signifikant mit der postoperativen Komplikationsrate der Patienten korrelierte.
Für Patienten, die in zuweisenden Kliniken bereits einen Gallengangsstent erhalten haben, sollte eine Drainagedauer von über 4 Wochen angestrebt werden, um das Auftreten schwerer postoperativer Komplikationen zu reduzieren. Das Gesamtüberleben der Patienten wurde durch die längere Dauer der Gallengangsdrainage vor der Resektion nicht beeinträchtigt.
Translated abstract:
Currently, there are no evidence based predictive markers for deciding whether to go for direct surgery or to perform preoperative biliary drainage (PBD) in patients with malignant jaundice. Furthermore, if a biliary stent is already in place, the ideal duration of PBD in patients with malignant obstructive jaundice remains elusive.
Methods:
Therefore, data of 304 patients with malignant lesions of the pancreatic head (170 patients with PBD, 56%) who underwent pancreaticoduodenectomy (PD) from 2007 to 2014 were analyzed retrospectively. Postoperative complications were categorized using the Clavien-Dindo-Classification (C.D.), and survival was determined.
Results:
The prevalence of complications was significantly increased in the PBD group (p=0.028). Patients with PBD received more postoperative antibiotics and wound infections occurred more frequently compared to patients with direct surgery (21.4% vs. 9.4%; p=0.006). Most notably, the international normalized ratio (INR) could predict postoperative outcome (p=0.027), whereas markers like serum bilirubin (p=0.708), leucocytes (p=0.158) and the MELD score (p=0.444) had no predictive value. There was no statistically significant difference between long (> 4 weeks) and short (< 4 weeks) duration of drainage regarding postoperative complications (p=0.608). Yet remarkably, no life-threatening complications (C.D. IV+V) occurred after long drainage period (>4 weeks) (0.0% vs. 8.9%; p=0.028). The long-term survival of patients with a long duration of biliary drainage (>4 weeks) was not compromised, compared to patients with a short duration of biliary drainage (< 4 weeks).
Conclusion:
Routine biliary drainage is not recommended. The INR is a suitable predictor for postoperative outcome in patients with malignant jaundice, while serum bilirubin levels had no predictive value. Thus, the INR can help deciding between PBD and direct resection. If PBD is inevitable, a drainage duration of > 4 weeks should be aimed for to reduce major complications.