Abstract:
Bei dem Zerfall freier polarisierter Neutronen beschreibt der zeitumkehrverletzende Koeffizient D die Stärke der Tripelkorrelation zwischen dem Neutronenspin und den Impulsen des Elektrons und des Neutrinos. Ein von D=0 abweichender Wert, der über den im Neutronenzerfall auftretenden Final-State-Effekten von 10-5 liegt, würde auf eine Verletzung der Zeitumkehrinvarianz jenseits des Standardmodells hindeuten. Der gegenwärtige Weltmittelwert beträgt D=-6(10)·10-4. Die vorliegende Arbeit befasst sich mit der Weiterführung des TRINE-Experiments zur Messung des D-Koeffizienten an einem Strahl kalter polarisierter Neutronen und wurde im Rahmen des SFB 375 Astroteilchenphysik durchgeführt. Dabei werden Protonen und Elektronen in der Ebene senkrecht zum Neutronenspin koinzident nachgewiesen. Die Umkehr des Neutronenspins bezüglich dieser Ebene entspricht der Symmetrieoperation der Zeitumkehr. Aufgrund der niedrigen Energie der kalten Neutronen kann für die Messung der Tripelkorrelation zusammen mit dem Elektron das Proton anstelle des Neutrinos nachgewiesen werden. Die Detektion der Teilchen erfolgt durch rauscharme Halbleiter-PiN-Dioden für die Protonen und durch eine den gamma-Untergrund unterdrückende Kombination von Vieldrahtkammern und Plastikszintillatoren für die Elektronen. Der zentrale Detektorteil von TRINE wurde modifiziert, um das Zerfallsvolumen zu vergrößern und damit eine höhere Statistik zu erzielen. Die Geometrie akzeptiert einen maximalen Strahlquerschnitt von 40 × 60 mm2. Zerfälle werden über eine Länge von 36 cm in 9 Detektorebenen nachgewiesen. Der neue Aufbau verfügt je Detektorebene über 6 Kombinationen von segmentierten Elektron-Proton-Detektoren mit unterschiedlichen Winkeln zwischen den nachzuweisenden Zerfallsteilchen. Die Anordnung der Detektoren erfolgte derart, dass die maximale statistische Sensitivität auf den D-Koeffizienten erreicht wurde. Das Experiment wurde während einer 125-tägigen Strahlzeit im Jahr 2003 am Forschungsinstitut Laue-Langevin (ILL) in Grenoble am Strahlplatz PF1b für kalte Neutronen aufgebaut und durchgeführt. Der rein statistische Fehler der Daten auf den D-Koeffizient beträgt: Delta_D=3.7·10-4. Es treten systematische Effekte auf, die zu hohen, statistisch miteinander unverträglichen Unterschieden in den Asymmetriewerten der Detektorkombinationen führen. Eine fehlergewichtete Zusammenfassung der Daten ist damit nicht erlaubt. Bei arithmetischer Mittelung der Daten ergibt sich ein Wert: D=(1.5±1.2)·10-3, wobei der Fehler aus der empirischen Streuung der Asymmetriewerte der einzelnen Detektorkombinationen berechnet wurde. Der Unterschied zur statistisch erwarteten Streuung um einen Faktor 3 zeigt die in den Asymmetriewerten enthaltenen systematischen Schwankungen. Die auftretenden systematischen Effekte wurden detailiert untersucht. Mit hoher Wahrscheinlichkeit sind sie auf die die Protonen nachweisenden Komponenten zurückzuführen. Feldeingriffe oder inhomogene Eigenschaften der einzelnen Segmente, die die Protonen auf die PiN-Dioden lenken, führen offensichtlich zu einer Vermischung der Protonenbahnen zwischen den einzelnen Detektoren. Mögliche Zugänge zu einer Auswertung, die die Vermischung der Protonenzählraten mit berücksichtigt, werden diskutiert. Ebenfalls im Rahmen dieser Arbeit wurde ein alternatives Konzept des gamma-Untergrund unterdrückten Elektronennachweises mit sogenannten Phoswich-Detektoren untersucht. Die Anordnung - bestehend aus zwei Schichten von Szintillatoren mit unterschiedlichen Abklingzeiten - erlaubt mit deutlicher Verringerung des gamma-Untergrunds die Aufnahme eines Konversionselektronenspektrums von 207Bi. Die Methode kann in zukünftigen Neutronenzerfallsexperimenten für elektronennachweisende Detektoren kleiner Flächen eingesetzt werden.