1. Das Rind zählt zu den homoiothermen Tieren. Bezüglich der räumlichen Verteilung der Körpertemperatur unterscheidet man zwischen Körperkern, der weitgehend den Gesetzen der Homoiothermie unterliegt, und Körperschale, deren Temperatur starke Schwankungen aufweisen kann. Es besteht ein Temperaturgefälle zwischen Körperkern und Körperschale.
2. Die inneren Temperaturunterschiede des Körpers werden größtenteils durch die jeweilige Stoffwechselintensität bestimmt und betragen ca. 1 K. Die Hauttemperatur des Rindes beträgt am Rumpf durchschnittlich 33,7 °C. An den Extremitäten und apikalen Organen können starke Schwankungen der Hauttemperaturen auftreten; je nach den Bedingungen des Wärmeentzuges bis zu 10 K. Die geringsten Temperaturen werden an den verhornten Körperpartien gefunden. Als repräsentative Kerntemperatur wird die Rektaltemperatur (Rind: 38,5-39,5 °C), angesehen. Die rektale Erfassung schneller Kerntemperaturänderungen erweist sich aber als problematisch.
3. Die Grundlage des Wärmehaushaltes beim Rind bildet die Regulation der Wärmebildung und der Wärmeabgabe. Mit entsprechenden Wärmeregulationsmechanismen ist das Rind in der Lage seine Kerntemperatur bis 30 °C UT konstant zu halten.
4. Ausschlaggebend für die Regelung der Körpertemperatur ist die Temperatur im Hypothalamus. Der Regelvorgang beruht auf einem Rückkopplungssystem, bei welchem der Istwert der Kerntemperatur laufend mit dem Sollwert verglichen wird. Das Regelzentrum im Hypothalamus, sowie Meßfehler und Stellglieder zur Temperaturregulation sind dabei ausschlaggebend. Fieber hat beispielsweise eine Sollwertverstellung zur Folge, mit entsprechenden Reaktionen des Regelsystems.
5. Die Relation Hypothalamustemperatur/Hauttemperatur ist durch Wechselwirkungen hinsichtlich der thermoregulatorischen Mechanismen gekennzeichnet. Thermoregulatorische Effekte, ausgehend vom Hypothalamus, können anhand der Hauttemperatur modifiziert werden und umgekehrt. Umweltbedingte Hauttemperaturschwankungen haben nur geringen Einfluß auf die Hypothalamustemperatur. Mit Hilfe von Ratten wurde innerhalb gewisser Grenzen eine „lineare Beziehung" zwischen der Rektaltemperatur und der Temperatur der Medulla oblongata festgestellt. Ebenso besteht eine vergleichbare Proportionalität zwischen Hypothalamus- und Rektaltemperatur.
6. Tageszeit und Alter haben einen Einfluß auf die Körpertemperatur des Rindes. Von den meisten Autoren wird während des Brunstzyklus kurz vor der Brunst ein leichter Temperaturanstieg (0,5 K) beschrieben, dem Stunden vor dem Östrus ein Temperaturabfall um 0,5 bis 1 K folgt. Ebenso ist in der letzten Trächtigkeitswoche ein Anstieg bis zu 1,5 K zu verzeichnen, dem ebenfalls ein tierindividueller Abfall der Körpertemperatur unmittelbar vor der Geburt folgt.
7. Bis zu einer UT von 25-30 °C wird die Rektaltemperatur des Rindes konstant gehalten. Die Hauttemperatur ändert sich kontinuierlich in Abhängigkeit von der Umgebungstemperatur. Die Änderungen sind in den verschiedenen Körperregionen unterschiedlich groß und erfolgen nicht linear. Die Körpertemperaturen werden nur durch extreme Umwelttemperaturen beeinflußt. Innerhalb des Bereiches von 15 und 40 °C UT wird eine lineare Beziehung zwischen der mittleren Hauttemperatur und der Rektaltemperatur vermutet (Regressionskoeffizient: 0,73).
8. Serotonin und Noradrenalin haben einen Einfluß auf die Temperaturregulationsmechanismen.
9. Nach der Aufnahme von Futter war bei Kälbern ein Anstieg der Hauttemperaturen zu verzeichnen.
10. Für laufende Kontrollmessungen der Körpertemperatur beim Rind mittels Hg-Thermometer ist der Arbeitszeitbedarf zu hoch.
11. Der Zeitaufwand beim elektrischen Thermometer wird mit 10 s pro Tier (Rind) angegeben. Es bietet aber mehr Möglichkeiten für Meßfehler als das Hg-Thermometer.
12. Die Biotelemetrie wäre ein entwicklungsfähiges System für die automatisierte Temperaturüberwachung beim Rind.
13. Die Anwendung der Thermographie erfordert eine sorgfältige Kontrolle der Umweltfaktoren. Die radiativen Oberflächentemperaturen können stark von der Körpertemperatur des Rindes abweichen.
14. Der Korrelationskoeffizient zwischen Milch- und Rektaltemperatur beträgt nach SCHLÜNSEN 0, 9. Über die Milchtemperatur lassen sich Geschlechtsfunktionen und pathologische Veränderungen überwachen. Jedoch konnte der Brunstzyklus nicht sicher verfolgt werden. Eine automatisierte Milchtemperaturerfassung ist nur in Verbindung mit einer Einrichtung zur Tieridentifizierung und Datenverarbeitung sinnvoll.
15. Als Beispiel für den Arbeitszeitbedarf bei der rektalen Körpertemperaturmessung (Kälber) mittels Widerstandsthermometer ergab sich anhand einer Arbeitszeitstudie ein durchschnittl. Wert von 33,43 s pro Tier.
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1. Das Rind zählt zu den homoiothermen Tieren. Bezüglich der räumlichen Verteilung der Körpertemperatur unterscheidet man zwischen Körperkern, der weitgehend den Gesetzen der Homoiothermie unterliegt, und Körperschale, deren Temperatur starke Schwankungen aufweisen kann. Es besteht ein Temperaturgefälle zwischen Körperkern und Körperschale.
2. Die inneren Temperaturunterschiede des Körpers werden größtenteils durch die jeweilige Stoffwechselintensität bestimmt und betragen ca. 1 K. Die Hauttemp...
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