Abstract:
Ziel der vorliegenden Studie war es, zu überprüfen, in wie weit Selen in therapeutischer Dosierung den Verlauf einer Hashimoto-Thyreoiditis (HT) beeinflussen kann. Dabei dienten die im Serum gemessenen TPO-Autoantikörpertiter (TPOAb), der TSH-Spiegel und das Schilddrüsenvolumen als wesentliche Marker für die immunogene Aktivität und die Funktionsfähigkeit der Schilddrüse.
Ein Gesamtkollektiv von 56 Patienten mit der Diagnose HT wurde randomisiert in zwei Gruppen aufgeteilt. Gruppe 1 umfasste 30 Patienten und wurde zwölf Monate täglich mit 200 µg Natriumselenit substituiert. Gruppe 2, bestehend aus 26 Patienten, erhielt Placebo. Zu Beginn der Studie waren alle Patienten spontan euthyreot, keiner wurde mit LT4 therapiert. Die Untersuchung der oben genannten Messgrößen erfolgte in Abständen von jeweils drei Monaten.
Unter einjähriger Selensubstitution sackten die TPO-Ak-Titer um 78,5% signifikant ab (p < 0,001), während die TSH-Spiegel im Normbereich verblieben (p < 0,001) und eine Atrophie des Schilddrüsengewebes vermieden wurde (p < 0,001). Über den gesamten Studienzeitraum hinweg mussten in der Selengruppe signifikant weniger Patienten mit Schilddrüsenhormonen substituiert werden, als in der Placebogruppe (p < 0,001). Unter Selengabe erhielten nur 17 % der Patienten zusätzlich eine mittlere Dosis von 8,3 µg LT4 pro Tag, unter Placebo wurden 77 % der Patienten mit im Mittel 52,9 µg LT4 pro Tag behandelt. Der Plasmaselengehalt unter Selenzufuhr korrelierte signifikant mit den TSH-Werten (p < 0,001) und dem Schilddrüsenvolumen (p = 0,024).
Diese Ergebnisse dürften sich auf die antioxidativen, immunmodulierenden und die den thyreoidalen Hormonmetabolismus regulierenden Eigenschaften von Selen zurückführen lassen. Durch die Neutralisierung von oxidativem Stress wirkt Selen in der Schilddrüse antiinflammatorisch und auch antiapoptotisch. Die selenabhängigen Enzyme erlangen nur bei ausreichend hoher Selenversorgung ihre volle Aktivität und damit ihre volle antioxidative und protektive Wirksamkeit.
Der hier erbrachte Nachweis eines längerfristigen positiven Einflusses von Selen auf den Verlauf der HT hat angesichts der hohen Prävalenz dieser Erkrankung in der Bevölkerung enorme Bedeutung und rechtfertigt eine größer angelegte Studie.